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Politik

Moskau lehnt UN-Ergebnis zu Giftgasangriff ab

8. November 2017

Wer war für den Giftgasangriff auf die syrische Stadt Chan Scheichun mit mehr als 80 Toten verantwortlich? Das Mandat für die UN-Ermittlungen soll verlängert werden. Darüber entbrennt ein Streit im UN-Sicherheitsrat.

Syrien Aleppo Zerstörung (Foto: Reuters/A. Ismail)
Ein mutmaßlicher Giftgasangriff im syrischen Aleppo (Archivbild)Bild: Reuters/A. Ismail

Der UN-Sicherheitsrat streitet über die Mandatsverlängerung für das Expertengremium zur Untersuchung von Giftgasangriffen in Syrien. Russlands Vize-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Wladimir Safronkow, kritisierte in New York den jüngsten Bericht des Expertengremiums als "zutiefst enttäuschend". Sein Land sei überzeugt, dass der sogenannte Gemeinsame Untersuchungsmechanismus (Joint Investigative Mechanism, JIM), der "solch eine große Verantwortung" trage, "nicht auf diese Weise arbeiten kann".

In einem Ende Oktober vorgelegten Untersuchungsbericht hatte das Expertengremium des JIM - ein Untersuchungsteam der Vereinten Nationen und der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) mit Sitz in Den Haag - die Regierung Syriens für den verheerenden Angriff in Chan Scheichun mit zahlreichen Toten verantwortlich gemacht. Die mit Syriens Staatschef Baschar al-Assad verbündete UN-Vetomacht Russland sieht darin einen Versuch des Westens, die syrische Regierung ungerechtfertigt zu diskreditieren.

Vom Geheimdienst verfälschte Proben? 

Russland argumentiert, der Untersuchungsbericht zu Chan Scheichun sei nicht glaubwürdig, weil die Experten nicht in den betroffenen syrischen Ort gereist waren. Die untersuchten Proben könnten nach Ansicht Moskaus von westlichen Geheimdiensten verfälscht worden sein. Russland verlangt daher, die Schlussfolgerungen in dem Untersuchungsbericht vorerst nicht anzuerkennen und die Experten zur erneuten Untersuchung nach Syrien zu schicken. 

Die Ermittlungen von UN-Experten waren nach Aussage des Teamleiters nicht politisch motiviert. Das sagte JIM-Chef Edmond Mulet in der Sitzung des UN-Sicherheitsrats. "Dies ist keine politische Frage, sondern es geht um unschuldige Opfer", sagte Mulet. Im Rahmen des JIM hatten Experten mehr als 2200 Fotos, 1280 Videos, 120 Tonaufzeichnungen und 600 Dokumente im Zusammenhang mit dem Angriff gesichtet. Mulet zufolge hatten Proben des Sarin-Gases, das in und am Einschlagskrater in Chan Scheichun gefunden wurde, dieselben chemischen Eigenschaften wie Substanzen aus dem Sarin-Gasbestand der syrischen Regierung. Die Ermittler hätten "unvoreingenommene Beweise" verfolgt und dabei auch mit Forensikern und Labors gearbeitet, die die OPCW als unabhängig einstuft.

Proben aus Chan Scheichun sollen den Beweis für den Giftgasangriff liefernBild: Getty Images/AFP/O. Haj Kadour

Das Mandat läuft am 16. November aus. Zur Zeit gibt es zwei konkurrierende Resolutionsentwürfe von Russland und den USA. Russland will das Mandat des Gremiums nur um ein halbes Jahr verlängern. Safronkow forderte außerdem eine Reform des Gremiums. 

Abgeschwächter Resolutionsentwurf

Die USA hatten zunächst einen Resolutionsentwurf vorgelegt, der die Verlängerung des Mandats für den Untersuchungsmechanismus um 24 Monate vorsah. In einem neu vorgelegten überarbeiteten Entwurf ist jedoch nur noch von 18 Monaten die Rede. Nachdem im ersten Entwurf von "tiefer Beunruhigung" über den Bericht zu Chan Scheichun die Rede war, heißt es nun nur noch, dass der Sicherheitsrat den Bericht "zur Kenntnis" nehme.

Nichtsdestotrotz forderte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, in scharfem Ton die Verlängerung des Mandats für das Expertengremium. "Jeder, der uns vom Erreichen dieses Ziels abhält, hilft und begünstigt diejenigen, die Chemiewaffen in Syrien eingesetzt haben", sagte Haley. "Sie helfen sicherzustellen, nicht nur dass Frauen und Kinder sterben werden, sondern dass diese Frauen und Kinder auf eine der grausamsten, schmerzhaftesten Weisen überhaupt sterben."

Der Sicherheitsrat muss nun entscheiden, ob das am 16. November auslaufende Mandat des JIM verlängert werden soll. Russland hatte einen solchen Schritt im Oktober bereits mit seinem Veto blockiert.

sam/qu (afp, dpa)