Türkisch-irakisches Säbelrasseln
7. August 2007Vor dem Besuch des irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki in der türkischen Hauptstadt Ankara am Dienstag (7.8.) haben die Spannungen an der irakisch-türkischen Grenze immer mehr zugenommen. In den vergangenen Tagen gab es mehrere tödliche Scharmützel zwischen Soldaten und kurdischen PKK-Kämpfern, in den letzten Wochen sollen 16 türkische Soldaten bei Überfällen und Bombenanschlägen der PKK in Südostanatolien ums Leben gekommen. Am Wochenende sei zudem eine 350 Mann starke türkische Spezialeinheit auf irakisches Gebiet vorgedrungen, berichteten kurdische Grenzwächter im Irak. Außerdem habe die türkische Armee kurdische Dörfer in der Nähe der Stadt Sacho mit Artillerie beschossen.
Die türkische Armee bestätigt diese Meldungen nicht. Schon Berichte über eine große Offensive könnten die Anführer der PKK weiter in den Untergrund treiben und damit tiefer in irakisches Territorium, wird befürchtet. Mit Verärgerung wurde beobachtet, dass in Washington ein Bericht über mögliche amerikanisch-türkische Spezialeinsätze gegen die PKK gestreut wurde. Der Bericht habe solche Einsatze unmöglich gemacht, hieß es in Ankara.
PKK als Wahlkampfthema
Die Türkei würde am liebsten einen US-Einsatz gegen die PKK sehen, sei aber auch zum Alleingang bereit, sagte ein Berater von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan vor einer Woche. "Wir hoffen, dass unsere Alliierten endlich etwas unternehmen. Falls nicht, haben wir selbst viele Möglichkeiten." Mit Razzien, bei denen es zu heftigen Schießereien gekommen ist, gehen türkische Einheiten in den bergigen Grenzgebieten bereits gegen die PKK vor.
Erdogan, der mit seiner Politik erst vor zwei Wochen einen triumphalen Wahlsieg eingefahren hatte, war im Wahlkampf stets bemüht gewesen, Stärke im Kampf gegen die kurdischen Rebellen zu demonstrieren. Dabei hatte er auch den Einmarsch türkischer Truppen nicht ausgeschlossen. Auf die Frage nach einer Militäroffensive im Norden des Nachbarlandes hatte der Regierungschef im Fernsehsender ATV geantwortet: "Alles ist möglich." Die notwendigen Maßnahmen könnten rasch ergriffen werden. "Wenn es getan werden muss, wird es getan", sagte Erdogan. Die Türkei hat bereits in den vergangenen Monaten ihre Truppen an der irakischen Grenze verstärkt.
Unterstützung in der Bevölkerung
Eine Militäroffensive gegen die kurdischen Rebellen im Nordirak würde auch bei der Bevölkerung auf breite Zustimmung stoßen, vor allem bei jüngeren Leuten. Andere hingegen befürchten, eine solche Aktion könnte sich für die Türkei zu einem Krieg entwickeln. Eine türkische Militärintervention im Nordirak würde auch zu einer erheblichen Belastung des Verhältnisses zur irakischen Regierung und den USA führen. Daher wird erwartet, dass Erdogan vorerst auf Diplomatie setzt.
Bei dem Besuch von al-Maliki soll Medienberichten zufolge der Entwurf für ein Abkommen über ein gemeinsames Vorgehen gegen die PKK auf den Tisch kommen. Zumindest erwartet die Türkei, dass die irakische Führung die PKK blockiert. Als Zuckerbrot werden gemeinsame Wirtschaftsprojekte angeboten.
Keine Einmischung aus der Türkei
Al-Maliki kommt allerdings auch, um sich Einmischungen der Türkei zu verbitten. Denn in dem Ringen um das Vorgehen gegen die PKK geht es auch um die Zukunft der strategisch wichtigen Erdöl-Stadt Kirkuk im Nordirak. Die Türkei will verhindern, dass diese unter Kontrolle der Kurden gerät und damit zur wirtschaftlichen Lebensader eines unabhängigen Kurdenstaates werden könnte. Die Türkei wolle die Einheit des Iraks erhalten sehen und eine "faire Verteilung der nationalen Reichtümer zwischen den irakischen Gruppen", sagt der
frühere türkische Generalstabschef Hilmi Özkök. (ina)