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Appell an die Menschlichkeit

25. Juli 2015

Angesichts randalierender Rechtsextremer und der Gewalt gegen Flüchtlinge in Dresden zeigt sich Sachsens Regierung entsetzt. Unterdessen wird in den Ländern Kritik an der Bundesregierung laut.

NPD-Demonstration vor dem Zeltlager für Flüchtlinge in Dresden (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Sachsens Landesregierung hat die jüngsten Übergriffe auf ein Zeltlager für Flüchtlinge entschieden verurteilt. Angriffe auf Mitarbeiter des Roten Kreuzes "und Körperverletzungen gegenüber Menschen, die Flüchtlinge willkommen heißen, sind nicht hinzunehmen. Hier werden Grenzen überschritten", erklärte der Chef der sächsischen Staatskanzlei Fritz Jaeckel gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Diejenigen, die das tun, werden wir unerbittlich verfolgen und zur Rechenschaft ziehen." An die Dresdner appellierte der CDU-Politiker: "Zeigen Sie Menschlichkeit!"

Unwillkommene Flüchtlinge

Mit Flaschen und Steinen hatten NPD-Anhänger am Vorabend Flüchtlinge attackiert, die ein Zeltlager in Dresden beziehen wollten. Dabei wurden der Polizei zufolge mindestens drei Menschen verletzt. Etwa 200 Rechtsextremisten standen gut 350 Gegendemonstranten gegenüber. Schon die Errichtung der Zeltstadt durch Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes hatte Asylgegner auf den Plan gerufen: Sie behinderten den Aufbau und griffen die Helfer an.

470 Flüchtlinge konnten trotz der Proteste in der Dresdner Zeltstadt untergebracht werdenBild: picture-alliance/dpa

Nach den gewalttätigen Ausschreitungen kehrte vorläufig Ruhe im Stadtteil Friedrichstadt ein. Ab Mitternacht habe es keine weiteren Zwischenfälle mehr gegeben, teilte ein Sprecher der Dresdner Polizei mit. So konnten bis zum späten Abend etwa 470 Flüchtlinge ihre Unterkunft beziehen. Insgesamt sollen der Landesdirektion zufolge bis zu 1100 Flüchtlinge in der Zeltstadt unterkommen. Die meisten von ihnen stammen aus einer überfüllten Erstaufnahmeeinrichtung in Chemnitz.

Mit Schlägen und Tritten gegen Flüchtlinge

Auch aus Thüringen kommen neue Nachrichten über Gewalttaten gegen Flüchtlinge: In Greiz seien vier syrische Asylbewerber von eine Gruppe junger Männer angegriffen worden, teilte die örtliche Polizei mit. Die Männer im Alter zwischen 18 und 26 hätten auf die Syrer eingeschlagen und -getreten. Dann seien sie geflüchtet. Wenig später gelang es der Polizei jedoch, die Täter festzunehmen. Ein ausländerfeindliches Motiv schließen die Ermittler nicht aus.

In den vergangenen Monaten häuften sich die Meldungen über Gewaltakte gegen Flüchtlinge und Angriffe auf Asylbewerberheime. Insgesamt wurden nach Angaben des Bundesinnenministeriums 202 Übergriffe gezählt. 173 davon seien rechtsextremistisch motiviert gewesen.

Kommunen und Länder überfordert

Derweil geht die Diskussion über die Verteilung der Kosten zwischen Bund, Ländern und Kommunen angesichts steigender Flüchtlingszahlen weiter. "Der Bund wird seiner Verantwortung bisher nur zurückhaltend gerecht, vornehm gesagt", beklagte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig gegenüber der dpa. Er forderte mehr Unterstützung vom Bund. Dabei müssten haushaltspolitische Ziele vernachlässigt werden, betonte der SPD-Politiker. "Es ist für mich ausgeschlossen, solchen Menschen zu sagen, wir können Euch aus bürokratischen oder haushalterischen Gründen nicht helfen."

Gewalttätige Rechtsextreme griffen Gegendemonstranten und Helfer des Roten Kreuzes anBild: picture-alliance/dpa

"Weit weg, von dem was notwendig wäre"

Im Juni hatte die Bundesregierung bereits zugesagt, zur Bewältigung der steigenden Flüchtlingszahlen die Finanzhilfen für Länder und Kommunen auf eine Milliarde Euro zu verdoppeln. Von 2016 an will sich der Bund darüber hinaus dauerhaft an den Unterbringungskosten beteiligen. Albig hält diese Maßnahmen für unzureichend: "Die eine Milliarde ist weit weg von dem, was notwendig wäre."

Der bayrische Innen- und Bauminister Joachim Herrmann forderte darüber hinaus "Finanzmittel in Höhe von zwei Milliarden Euro jährlich" für Wohnungsprogramme der Bundesländer. "Der Bund muss seinen Worten jetzt Taten folgen lassen", forderte der CSU-Politiker in der "Passauer Neuen Presse".

Dauerhaft hohe Flüchtlingszahlen

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rechnet damit, dass in diesem Jahr deutschlandweit 400.000 Erstanträge auf Asyl gestellt werden - doppelt so viele wie 2014 und achtmal so viele wie 2010. Der Präsident der Behörde, Manfred Schmidt, dringt deshalb darauf, die Ressourcen auf die Fälle zu konzentrieren, "für die das Asylrecht gemacht ist". Die hohe Zahl der "offensichtlich unbegründeten Anträge vom Balkan" wolle das Bundesamt mithilfe von Schnellverfahren und Wiedereinreisesperren in den Griff bekommen, sagte Schmidt der "Südwest Presse". Seit dieser Woche konzentriere man sich deshalb auf solche Anträge.

Derweil kritisiert die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, die von der CSU verwendeten Rhetorik in der Flüchtlingsdebatte. Man könne zwar über Erstaufnahmeeinrichtungen diskutieren, in denen vor allem Anträge von Asylbewerbern aus dem Balkan bearbeitet werden. "Aber was gar nicht geht, ist das Gerede von Abschiebelagern, in denen nur noch irgendwelche Mindeststandards gelten sollen", betonte die SPD-Politikerin. Bayern Ministerpräsident Horst Seehofer hatte zuletzt von "massenhaftem Asylmissbrauch" gesprochen und "rigorose Maßnahmen" angekündigt.

nin/stu (dpa, epd, kna)

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