Sänger Martelly wird Präsident in Haiti
5. April 2011Seine Lieder sind vor allem bei der Jugend beliebt. Aber auch darüber hinaus trauen die Wähler in Haiti dem populären Sänger Michel Martelly zu, das von einem Erdbeben zerstörte und von Vetternwirtschaft und Kriminalität zerrüttete Land wieder aufzubauen. Nach dem am Montag (04.04.2011) von der Wahlkommission in Port-au-Prince veröffentlichten vorläufigen Ergebnis kam der 50-Jährige auf 67,6 Prozent der Stimmen. In der Stichwahl am 20. März war er gegen die ehemalige First Lady Mirlande Manigat angetreten. Martelly übernimmt das Präsidentenamt nach einem langen und konfliktbeladenen Wahlvorgang von René Préval, dem nach zwei Amtszeiten eine weitere Kandidatur durch die Verfassung verwehrt war.
Wieder "hoher Grad" an Betrug
Ursprünglich hätte das vorläufige Wahlergebnis schon am vergangenen Donnerstag verkündet werden sollen. Die Wahlkommission verschob dies aber, weil nach ihren Angaben bei der Auswertung der Stimmen ein "hoher Grad" an Betrug und "Unregelmäßigkeiten diverser Art" festgestellt wurden. Für die ehemalige First Lady votierten demnach knapp 32 Prozent der Wähler. Das endgültige Ergebnis für die Stichwahl soll am 16. April veröffentlicht werden. Angesichts des großen Vorsprungs von Martelly im vorläufigen Ergebnis gilt aber als sicher, dass er der neue Präsident des Karibikstaates wird. Die offizielle Machtübernahme soll am 14. Mai stattfinden.
Schon vor der Bekanntgabe des vorläufigen Resultats setzten in einigen Städten Haitis Siegesfeiern ein für "Sweet Micky" oder "Ted Kale" (Kahlkopf), wie Martelly auch genannt wird. Hunderte seiner Anhänger kamen vor dem Sitz des Wahlrates zusammen. Sie zogen dann zum Haus Martellys, um diesen zu feiern.
Kampf gegen Korruption
Der erste Wahlgang im November 2010 war von Wahlfälschungen geprägt. Er musste aufgrund nachträglicher Überprüfungen korrigiert werden. Martelly hatte damals nach ersten Auszählungen zunächst hinter dem von Präsident Préval unterstützten Kandidaten auf dem dritten Platz gestanden. Deshalb wurde er aus dem Stichwahl-Rennen um die Präsidentschaft ausgeschlossen. Daraufhin kam es zu Unruhen. Die Anhänger Martellys warfen dem amtierenden Präsidenten vor, das Ergebnis zugunsten seines Kandidaten gefälscht zu haben.
Der Politik-Neuling Martelly hatte im Wahlkampf versprochen, er werde im Fall seines Wahlsiegs gegen Korruption und das Versagen der Behörden kämpfen. Auch will der 50-Jährige die Abhängigkeit des ärmsten Staates des amerikanischen Kontinents von ausländischen Hilfsorganisationen verringern. Derzeit kommt Haiti ohne Hilfe von außen nicht aus. Noch immer sind überall die Spuren des verheerenden Erdbebens vom Januar 2010 zu sehen. Damals wurden mehr als 225.000 Menschen getötet. Hunderttausende Menschen leben in Zeltstädten.
Autor: Herbert Peckmann (dpa, afp, dapd)
Redaktion: Martin Schrader