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Politik

Söder will Reichskriegsflagge untersagen

26. September 2020

Zuletzt ist die Reichskriegsflagge vermehrt auf Kundgebungen gegen die Corona-Beschränkungen geschwenkt worden. Vermutlich von Rechtsradikalen. Das will der bayerische Ministerpräsident nicht länger hinnehmen.

Deutschland l Protest gegen Corona-Maßnahmen Berlin, Reichsflagge
Auch auf einer Demo gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin tauchte im August die umstrittene Fahne aufBild: Bernd Von Jutrczenka/dpa/picture-alliance

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagte auf einem Online-Parteitag seiner CSU, er werde anordnen, die Reichskriegsflagge im Freistaat zu verbieten. "Mit einer solchen Flagge zeigt man nämlich seine klare Ablehnung und auch Distanz zu unserer Demokratie", betonte der CSU-Vorsitzende in München und fügte hinzu: "Wir lassen unsere freiheitliche Demokratie nicht von Rechtsradikalen kapern."

Die ursprünglich aus der Kaiserzeit stammende Flagge in den Farben schwarz-weiß-rot wurde zuletzt häufig auf Demonstrationen gegen die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gezeigt, auf denen sich auch sogenannte Reichsbürger und Verschwörungsideologen tummeln. Sie wird zudem von Rechtsradikalen oft als Ersatz für verbotene nationalsozialistische Embleme verwendet.

Das Zeigen der umstrittenen Fahne ist nicht strafbar, allerdings kann die Polizei dies untersagen - wenn damit bestimmte Gefahren verbunden sind. Strafbar ist das Zeigen von Flaggen mit NS-Symbolen. In Bremen darf die Reichskriegsflagge seit kurzem nicht mehr gezeigt werden. Dies regelt ein Erlass, der es der Polizei erlaubt, die Fahnen zu konfiszieren. Seitdem wird bundesweit über ein Verbot der Flagge debattiert. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat sich für ein einheitliches Vorgehen ausgesprochen und will ein Verbot beim Treffen der Innenministerkonferenz im Dezember auf die Tagesordnung setzen.

FDP ist gegen Verbot

Dagegen lehnt die FDP ein bundesweites Verbot von Reichsfahne und Reichskriegsflagge ab. Ihr Innenexperte Benjamin Strasser sagte der "Saarbrücker Zeitung": "Ein Verbot ist nicht die Lösung. Es sind nicht die Fahnen an sich, sondern die Menschen, die sie tragen." Strasser ergänzte, in der rechtsextremen Szene gebe es eine Vielzahl von Symbolen und Codes. Wenn man die Reichsfahne verbiete, werde sich die Szene ein anderes Symbol suchen. Die Innenminister müssten vielmehr die Analysefähigkeit der Sicherheitsbehörden verbessern, forderte der FDP-Politiker.

Er warnt vor einem Verbot: Der FDP-Bundestagsabgeordnete Benjamin StrasserBild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

In seiner Parteitagsrede sagte Söder Verschwörungsideologen, Demokratiefeinden und Neonazis den Kampf an. Vor allem kritisierte er "offene und verdeckte" Neonazis, die unter dem Vorwand des Kampfes gegen Corona die Demokratie angriffen. Rechtsextreme versuchten, die Ängste der Bevölkerung vor der Pandemie auszunutzen, warnte Söder. Der CSU-Vorsitzende betonte: "Unser und mein Leitmaßstab heißt Vernunft statt Verschwörung." Söder berichtete von Drohungen, Anfeindungen und Morddrohungen, die ihn regelmäßig erreichten. Er zitierte auch aus Kommentaren, in denen ihm mit dem Tod gedroht wurde.

Der Ministerpräsident schlug auf dem virtuellen Parteitag auch einen Runden Tisch zur Corona-Strategie in seinem Bundesland vor. Daran sollten unter anderem Mediziner teilnehmen, aber auch Philosophen, Ethiker und Vertreter der Kirchen. Für die Moderation sei die Vorsitzende des bayerischen Ethikrats, Susanne Breit-Keßler, vorgesehen. Die Teilnehmer des Runden Tisches sollten "alles hinterfragen", was die Landesregierung in Sachen Corona unternehme, sagte Söder. Der CSU-Chef unterstrich mit Blick auf Kritik an den staatlichen Corona-Maßnahmen, es gebe ein "Recht jedes Einzelnen auf Skepsis" und auch auf die Teilnahme an Demonstrationen gegen die Maßnahmen. Er warnte jedoch vor dem Versuch von Rechtsextremisten, die Proteste für sich zu nutzen.

Klare Kante: CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident Markus SöderBild: Frank Hoermann/SvenSimon/picture-alliance

Kanzlerkandidatur? Söder winkt ab

Auf dem Parteitag stellte Söder außerdem klar, dass seine Partei auf ihr Mitspracherecht bei der Kür eines Kanzlerkandidaten der Union im nächsten Jahr pocht. "Für mich ist ganz klar, dass die CDU ein Vorschlagsrecht hat", sagte er. Das sei aber nicht so zu verstehen, "dass die CSU das nur abnicken müsste", betonte er. Bayerns Ministerpräsident ist in vielen Umfragen selbst Favorit auf den Posten des Kanzlerkandidaten, lehnt einen Wechsel nach Berlin bisher aber ab. Vor den gut 800 Delegierten wiederholte er: "Mein Platz - das ist ganz klar - ist immer bei euch, also hier in Bayern."

Der CSU-Chef warnte davor, die Bundestagswahl im Herbst 2021 angesichts der guten Umfrage-Ergebnisse für die Union auf die leichte Schulter zu nehmen. "Das wird so spannend wie nie. Am Ende wird es ein Wimpernschlag-Finale werden." Das Vertrauen, das Bundeskanzlerin Angela Merkel bei den Bürgern habe, müsse sich jeder Kanzlerkandidat neu erarbeiten.

Söder sagte weiter, die CSU werde sich nicht in die Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden einmischen, die im Dezember stattfinden soll. Die Partei habe "drei großartige Bewerber um den Parteivorsitz. Ich will und werde mit jedem gut zusammenzuarbeiten". Den Hut in den Ring geworfen haben Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, der ehemalige Fraktionschef Friedrich Merz und der Außenpolitiker Nobert Röttgen. Die Wahl gilt als Vorentscheidung für die Kanzlerkandidatur.

kle/qu (dpa, afp, rtr)

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