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Politik

"Einfach mal alles runterfahren", fordert Söder

10. Dezember 2020

Die Todes- und Infektionszahlen sind erschreckend. Ein weiterer "harter" Lockdown in ganz Deutschland ist nur noch eine Frage der Zeit. Und dann?

Deutschland Covid-19 Intensivstation im Universitätsklinikum Leipzig
Der Kampf um Menschenleben: die Intensivstation im Universitätsklinikum LeipzigBild: Waltraud Grubitzsch/dpa/picture alliance

Die Bilanz, die das Robert Koch-Institut (RKI) allmorgendlich auf seiner Internetseite veröffentlicht, sieht seit Tagen zuverlässig düster aus. An diesem Donnerstagmorgen zeigt die Bilanz: In Deutschland sind mittlerweile mehr als 20.000 Menschen an oder mit einer Corona-Infektion gestorben. Genauer gesagt, stieg die Zahl der sogenannten Corona-Toten hierzulande um 440 auf 20.372 Fälle.

Außerdem gab das RKI 23.679 Neuansteckungen mit dem neuartigen Coronavirus binnen 24 Stunden bekannt. Das sind 1633 mehr Neuinfektionen, als am Donnerstag vergangener Woche hinzugekommen waren.

Zahlen und Werte

Niemand - von der AfD im Bundestag einmal abgesehen - kann da länger behaupten, dass Deutschland nicht ein massives Problem hätte. Oder dass die bisherigen Maßnahmen die gewünschte Wirkung gezeigt hätten. Obwohl manche die absoluten Zahlen wenig aussagekräftig finden und daher bevorzugt auf den bundesweiten Sieben-Tage-R-Wert blicken. Er lag laut dem jüngsten RKI-Lagebericht bei 0,99 (Vortag: 1,02). Das heißt, dass 100 Infizierte rechnerisch 99 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab.

"Könnte schnell wieder kippen"

Doch davon kann gegenwärtig keine Rede sein. Dies machte RKI-Chef Lothar Wieler deutlich, als er am Vormittag seine regelmäßige Pressekonferenz gab. Die Lage hat sich nach seinen Worten seit vergangener Woche verschlechtert und könnte schnell kippen. Nachdem die Fallzahlen seit Wochen auf einem hohen Plateau gelegen hätten, sehe man aktuell wieder einen Anstieg, unterstrich Wieler. "Immer noch infizieren sich zu viele Menschen mit SARS-CoV-2." Das Plateau, auf dem man sich befinde, sei "äußerst fragil". Die Fallzahlen könnten rasch wieder exponentiell ansteigen. "Das müssen wir verhindern."

Die Kontakte in der Bevölkerung seien noch nicht ausreichend reduziert worden, kritisierte Wieler. Die Gesundheitsämter seien zunehmend erschöpft, in einigen Regionen hätten Krankenhäuser ihre Belastungsgrenze erreicht. Und: "Wir sehen immer mehr Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen", mahnte Wieler. 

Bayern, Sachsen und der Rest

In der Lage machen vor allem die stark betroffenen Bundesländer Bayern und Sachsen Druck für bundesweit noch schärfere Auflagen, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Für dringend notwendig halten dies auch Ärztevertreter, um eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Möglicherweise beraten Bund und Länder noch einmal über ein gemeinsames Vorgehen, spekuliert wird über eine Zusammenkunft mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am kommenden Wochenende.

"Wenn alle mitmachen ...."

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach sich im ZDF für einen "kompletten Lockdown" von Weihnachten bis zum 10. Januar aus. "Einfach mal alles runterfahren von den Geschäften bis hin zu den Betriebsferien in vielen Unternehmen. Wenn alle mitmachen, wäre das super. Dann hätten wir knapp drei Wochen, in denen wir einfach Kontakte reduzieren können. Eine bessere Zeit als diese Zeit zwischen Weihnachten und 10. Januar wird man im ganzen Jahr nicht mehr finden", sagte der CSU-Chef.

Der sächsische Weg

Sachsens Ministerpräsident Kretschmer (CDU) äußerte die Hoffnung, mit den anderen Ländern zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen, verwies aber auf die im Freistaat schon beschlossenen Maßnahmen. "Wir haben uns für unseren sächsischen Weg jetzt entschieden und werden ihn mit aller Konsequenz gehen", sagte Kretschmer. Im Freistaat sollen von kommendem Montag an Schulen, Kitas, Horte und viele Geschäfte geschlossen werden. Geöffnet bleiben sollen Lebensmittelgeschäfte und Läden für den Grundbedarf. Handel, Schulen und Kitas offenzuhalten, "das wird nicht diese Wirkung bringen", sagte Kretschmer. Das Bundesland hat sich zum bundesweit größten Hotspot der Pandemie entwickelt.

Menschenleere Straßen bald überall? Eine Szene aus der hessischen Stadt OberurselBild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

In Bayern, das im Bundesländer-Vergleich ebenfalls überdurchschnittlich hohe Infektionszahlen aufweist, gelten schon seit Mittwoch strengere Regeln wie Ausgangsbeschränkungen, Alkoholverbot in Innenstädten und Ausgangssperren in Hotspots.

Ärzte und Wissenschaftler

Auch der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, riet dazu, den von der Wissenschaftsakademie Leopoldina empfohlenen harten Lockdown zu verfügen. Gaß argumentierte ähnlich wie Söder: "Die große Chance eines harten Lockdowns über drei Wochen ist es, dass die Infizierten nicht mehr mit Gesunden in Kontakt treten. Dann hat das Virus keine Chance, sich zu verbreiten", sagte Gaß der "Passauer Neuen Presse".

Auch die Vorsitzende des Ärzteverbandes Marburger Bund, Susanne Johna, betonte: "Das ärztliche und pflegerische Personal arbeitet am Anschlag." Die verschärften Maßnahmen in einigen Regionen seien zweifellos mit Härten verbunden, aber ohne vernünftige Alternative, sagte Johna der "Rheinischen Post".

ml/mak (dpa, AFP, rtr)

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