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Süßes macht abhängig

31. Januar 2011

Eine Praline hier, ein Gummibärchen da und plötzlich ist die Packung leer. Wir wissen: Alkohol und Drogen können süchtig machen. Was wir eigentlich nicht wissen wollen: Schokolade und Zucker offensichtlich auch.

Frau isst Schokoladenherz (Foto:AP)
Bild: AP

Die meisten Menschen können nicht auf Süßes verzichten - selbst wenn sie es wollen. Den Verdacht, dass Zucker süchtig macht, untersuchten Forscher am Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim. Sie gingen der Frage nach, ob - und wenn ja warum - Menschen vom Zucker ebenso abhängig werden können wie von Alkohol, Drogen oder Zigaretten.

Essen wirkt im Gehirn wie eine Sucht

Bilder von Süßigkeiten bewirken, dass bestimmte Areale im Gehirn aufleuchten.Bild: DW-TV

Dafür beobachtete der Suchtmediziner Falk Kiefer übergewichtige Patienten, die sich im Kernspin über eine Videobrille Fotos von Essen ansahen: Süßigkeiten, Kuchen und Eis. Bei Menschen mit Essproblemen entdeckte er, dass durch die Bilder im Gehirn das Belohnungssystem aktiviert wird.

Dort kommt es bei allem, was der Mensch als positiv bewertet, zur Ausschüttung des Botenstoffes Dopamin. Dieser Neurotransmitter, der auch als "Glückshormon" bezeichnet wird, verschafft eine positive Erwartung und ein gutes Gefühl.

Drogen und Zucker im Vergleich

Ratten können zuckersüchtig werden... und manchmal auch ziemlich dickBild: dpa

Diese Reaktion ist mit der Wirkung von Drogen oder Alkohol zu vergleichen. Verabreicht man beispielsweise Alkohol an Ratten und steigert die Dosis, wird euphorisierendes Dopamin ausgeschüttet. Entzieht man dem Tier den Alkohol wieder, zeigen sie menschliche Entzugserscheinungen, wie Zittern, Unruhe und Angst.

Gibt man den Ratten nicht Alkohol sondern Zuckerwasser, treten ähnliche Symptome auf. In den Gehirnen der "zuckersüchtigen" Ratten fanden die Forscher dieselben Veränderungen, wie bei einem drogensüchtigen Menschen. "Tatsächlich sind die Prozesse, die der Zucker im Belohnungssystem auslöst, vergleichbar mit denen von Alkohol und Nikotin", versichert der Mannheimer Suchtforscher Rainer Spanagel.

Vielleicht lassen Menschen in Zukunft im Tomografen feststellen, ob eine Suchtgefahr nach Zucker besteht.Bild: AP

Sucht verändert das Gehirn

Beim Drogenkonsum ist zusätzlich zum Belohnungsbereich auch das Stress-System im Gehirn beteiligt. Dieses schüttet körpereigene Beruhigungsstoffe aus, Endorphine und Opiate genannt. Sie sind für den glücklichen Rausch zuständig, der süchtig macht. Die großen Zuckermengen verändern bei den Ratten beide Systeme, erklärt Spanagel. Da sich Tierversuche im Suchtbereich generell gut auf Menschen übertragen lassen, folgert Rainer Spanagel, dass diese Ergebnisse auch auf Menschen zutreffen.

Autor: Johanna Bayer, Andreas Neuhaus

Redaktion: Judith Hartl