Hummeln entwickeln eine Abhängigkeit von Nahrung, die mit für sie gefährlichen Neonicotinoiden behandelt wurde. Durch dieses Suchtverhalten sind die wichtigen Bestäuber wesentlich gefährdeter als bisher angenommen.
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In Experimenten fanden Forscher der Royal Society London heraus, dass Hummeln gezielt nach Nahrung suchen, die Neonicotinoide enthält.
Diese Stoffe sind die weltweit am häufigsten eingesetzten Insektengifte und können bereits in sehr kleinen Mengen Insekten töten oder ihr Nervensystem schädigen. Durch ihr Suchtverhalten seien die wichtigen Bestäuber wesentlich gefährdeter als bisher angenommen, schreiben die Mikrobiologen. Die Studie wurde am 29. August im Fachjournal Proceedings of the Royal Society B veröffentlicht
Demnach schienen die Hummeln die Pestizid-behandelte Nahrung zunächst zu meiden, so Verfasser Andres Arce, Forscher am Imperial College London. Sehr bald entwickelten die Hummeln jedoch eine wachsende Vorliebe für die behandelte Nahrung. Und auch nach einem Positionswechsel suchten die Hummeln weiter gezielt nach der Pestizid-behandelten Nahrung.
Die Ergebnisse zeigten klare Symptome eines Suchtverhaltens, so derleitende Forscher Richard Gill. Ähnlich wie das süchtig machende Nikotin im Tabak zielen die Neonicotinoide auf die Nervenrezeptoren der Insekten. Gehirnprozesse werden gestört, die Kommunikation, Lern- und Orientierungsfähigkeit eingeschränkt. Vor allem aber wird die Fortpflanzungsfähigkeit gestört und die Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten verringert.
Neonicotinoide werden von Pflanzen aufgenommen und verteilen sich dann in allen Pflanzenteilen: In Wurzeln, Blättern, Blüten sowie im Pollen und Nektar. Alle Hummeln, Bienen oder Schmetterlinge, die deren Nektar trinken oder Pollen sammeln, kommen also mit dem Gift in Kontakt.
Angesichts der dramatischen Auswirkungen auf die kleinen Helfer der Natur verbieten immer mehr Länder den Einsatz von Neonicotinoiden. In der Europäischen Union sind ab 19.Dezember drei Produkte auf Neonicotinoidbasis auf offenen Feldern verboten. Innerhalb von Gewächshäusern bleibt die Verwendung aber weiterhin erlaubt.
Die Vereinten Nationen warnten im vergangenen Jahr, dass 40 Prozent der wirbellosen Bestäuber - insbesondere Bienen und Schmetterlinge – weltweit vom Aussterben bedroht seien.
Bienen: Was bleibt uns ohne sie?
Eine Welt ohne Bienen? Unvorstellbar. Sie werden sich wundern, wie sehr wir von den fleißigen Insekten abhängig sind und wie leer unsere Supermarktregale ohne ihre Hilfe wären. Eine Bestandsaufnahme zum Weltbienentag.
Bild: picture-alliance/dpa/U. Anspach
Zuckersüße Kristalle
Was hier zu sehen ist, kommt uns allen vermutlich als erstes in den Sinn, wenn wir an Bienen denken: Honig. Hier wurden in 100-facher Vergrößerung und mithilfe von polarisiertem Licht die Zuckerkristalle sichtbar gemacht. Für ein Glas Honig müssen Bienen etwa 450.000 bis drei Millionen Blüten besuchen.
Bild: Imago/Chromorange
Gähnende Leere
Was vielen jedoch nicht so richtig bewusst ist: Der pure, klebrige Honig im Glas ist nur ein winzig kleiner Teil vom Produktionsspektrum der Bienen. Diese symbolische und werbewirksame Aktion eines Supermarkts sollte das kürzlich deutlich machen. Dabei wurden 60 Prozent der Artikel aussortiert. Sämtliche Produkte, die es ohne die fleißigen Insekten nicht geben würde. Es blieben leere Regale.
Bild: Penny/Rewe Group
Bienen Know-how
Und vor allem: Biene nicht gleich Biene. Eine Wildbiene stellt zum Beispiel keinen Honig her, ist aber eine besonders effiziente Bestäuberin - und insbesondere um sie geht es, wenn vom Bienensterben die Rede ist. Auch Hummeln zählen zu den Wildbienen-Arten. Honigbienen haben dagegen weniger Grund zu Sorge, da sie Nutztiere sind - und Bienenstöcke von Menschen gehalten werden.
Bild: picture-alliance/dpa/U. Anspach
(K)ein Apfel pro Tag
Und natürlich gibt es auch noch andere Bestäuber neben Bienen - Schmetterlinge, Fliegen oder Vögel zum Beispiel. Aber rund ein Drittel von unserem Obst und Gemüse sind von der Bestäubung durch Bienen abhängig. Dazu gehören beispielsweise Äpfel, Birnen, Erdbeeren, Gurken. Und darauf würden wir alle nur ungern verzichten, oder?
Bild: picture-alliance/dpa/F.Rumpenhorst
Kleine Warenkunde
Aber zurück in den Supermarkt. Es ist offensichtlich, dass hier ohne Bienen nicht nur die Obst- und Gemüseregale leer bleiben. Darüber hinaus fehlen all die Lebensmittel, die den Zusatzstoff E 901 beinhalten, was der europäischen Zulassungsnummer von Bienenwachs entspricht. Von solchen Produkten gibt es eine ganze Menge.
Bild: Penny/Rewe Group
Multifunktional
Derzeit ist Bienenwachs aus der Lebensmittelindustrie nicht mehr wegzudenken. Es kommt zum Beispiel - wie hier - als Überzugs- und Trennmittel von Fruchtgummi zum Einsatz, damit die Gummibärchen nicht alle aneinanderkleben - ein Glück! Das gleiche gilt für eine ganze Reihe anderer Süß- und Backwaren.
Bild: DW/A. Maciol
Hübsch und haltbar
Und warum unsere Schokolade oft so schön aussieht? Nicht, weil wie hier Insekten darauf drapiert sind. Aber auch hier gilt der Dank den fleißigen Bienen oder E 901, das Schokolade hübsch glänzen lässt. Auch Obst und Gemüse ist oft als "gewachst" deklariert, damit es weniger Feuchtigkeit verliert und länger haltbar bleibt - und appetitlich(er) aussieht.
Apropos Schokolade: Ohne Bienen wird es die auch nicht mehr in Hülle und Fülle geben, denn auch hier leisten unsere Bienen bei der Bestäubung ganze Arbeit. Im Notfall bliebe nur die äußerst mühsame und viel ineffizientere Bestäubung per Hand. Das gleiche gilt übrigens für Nüsse.
Bild: picture-alliance/Prisma/C. Heeb
Koffeeinkick für alle
Nicht nur wir Menschen, auch Bienen stehen auf Koffein, das hat ein Experiment mit koffeeinfreiem und koffeeinhaltigem Zuckerwasser gezeigt. Dabei suchten die fleißigen Insekten selbst nach dem Versiegen der Quelle noch unentwegt nach einem Koffeeinkick. Gleichzeitig sorgen Bienen durch Bestäubung aber auch für unseren (hoffentlich) nie versiegenden Vorrat an Kaffeebohnen.
Bild: Deutscher Kaffeeverband e.V.
Verlorene Vielfalt
Wie viele Produkte dank der Bemühung der Bienen in unserem Einkaufswagen landen, lässt sich trotzdem nur schwer aufzeigen - da zu den eben genannten Artikeln zum Beispiel diverse Gewürze, Marinaden, Milchprodukte oder sogar Toilettenpapier mit Kamillenblütenduft hinzukommen. Wovon wir zum Teil womöglich weniger abhängig sind als von Obst und Gemüse....
Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert
Ein Hoch auf unsere Bienen!
Dennoch wird deutlich, wie sehr wir von der harten Arbeit der Tiere profitieren und dass wir uns ohne die tatkräftige Unterstützung der Insekten ganz schön umstellen müssten. Nicht nur am Weltbienentag sollten wir ihnen deshalb Tribut zollen.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst
Wie helfen?
Zum Schutz der Bienen geht es nicht nur um eine möglichst zurückhaltende Nutzung von Pestiziden durch die Landwirtschaft. Auch Sie können etwas tun, um die Tiere zu schützen: Insektenhotels dienen Bienen als Nist- und Überwinterungsmöglichkeit, Blumen im Balkonkasten und Obstbäume auf der der Wiese sind eine sichere Nahrungsquelle.