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PolitikAfrika

Südafrikas Russland-Politik belastet Beziehungen zum Westen

Cristina Krippahl
18. Februar 2023

Die westlichen Verbündeten Pretorias sind verärgert darüber, dass Südafrika Marineübungen mit Russland und China ausrichtet. Doch es sind die historischen Beziehungen zwischen Moskau und dem ANC, die hier nachwirken.

Südafrika | russische Militärfregatte Admiral Gorschkow im Hafen von Kapstadt
Russische Fregatte "Admiral Gorshkov" vor KapstadtBild: AFP/Getty Images

Am Montag legte die russische Fregatte "Admiral Gorshkov" im Hafen von Kapstadt an, um an Marineübungen teilzunehmen. Bei dem Manöver, das Südafrika zwischen dem 17. und 27. Februar abhält, handelt sich um die zweite gemeinsame Operation der Seestreitkräfte Russlands, Südafrikas und Chinas seit dem Auftakt im Jahr 2019. Die "Übung Mosi II", benannt nach dem Tswana-Wort für "Rauch", fällt mit dem Jahrestag der russischen Invasion der Ukraine am 24. Februar zusammen und verunsichert Südafrikas westliche Verbündete.

Der oberste Diplomat der Europäischen Union, Josep Borrell, sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seiner südafrikanischen Amtskollegin Naledi Pandor, die geplanten Marineübungen seien "keine gute Sache". Die südafrikanische Regierung äußerte sich nicht offiziell zum Thema. Pauline Bax, stellvertretende Programmleiterin für Afrika bei der International Crisis Group, sagt im Gespräch mit der DW: "Die Tatsache, dass diese Militärübung mit dem Jahrestag des Ukraine-Krieges zusammenfällt, ist einfach extrem ungeschickt."

Die chinesische Fregatte Weifang vor der ersten gemeinsamen Übung im Jahr 2019Bild: Chen Cheng/Photoshot/picture alliance

Propagandaerfolg für Russland

Beobachter sind sich einig, dass Moskau damit erneut einen bedeutenden Propagandaerfolg in einem Land erzielt hat, das es bisher abgelehnt hat, Moskaus Aggression zu verurteilen und das darauf besteht, im russisch-ukrainischen Konflikt neutral zu bleiben.

Viele westliche Diplomaten betrachten das gemeinsame Militärmanöver als Widerspruch zur von Südafrika proklamierten Neutralität. "Sie sind wirklich besorgt und wollen wissen, wo Südafrika wirklich steht", sagt Pauline Bax und erinnert daran, dass die südafrikanische Außenministerin Naledi Pandor die Invasion Russlands in die Ukraine zunächst verurteilt hatte. Präsident Cyril Ramaphosa habe sie jedoch gezwungen, ihre Aussage zurückzuziehen und ihren russischen Amtskollegen Sergej Lawrow Ende Januar mit allen Ehren zu empfangen. Nach seiner einwöchigen Afrikatournee sagte Lawrow: "Wir können bestätigen, dass die Pläne des Westens, Russland international zu isolieren, ein Fehlschlag waren."

Die Wahrnehmung, dass der Westen in Afrika gegenüber Russland den Kürzeren zieht, hat inzwischen auch das deutsche Parlament erreicht, dessen Mitglieder den afrikanischen Kontinent normalerweise nicht als Priorität betrachten. Die Oppositionsfraktion CDU/CSU brachte einen Antrag für eine "deutsche Strategie im Umgang mit Russlands wachsendem Einfluss in Afrika" ein. Diese konservativen Parteien sehen "ein Problem für deutsche und europäische Interessen vor Ort", hieß es. Die Abstimmung ist für den 1. März geplant.

Russlands Außenminister Lawrow mit seiner Amtskollegin Pandor im Januar in PretoriaBild: Siphiwe Sibeko/REUTERS

Wechselnde Standpunkte

Um einer Lösung des Problems näherzukommen, sollte man verstehen, warum sich Südafrika und insbesondere der langjährig regierende African National Congress (ANC) nicht gegen Russland und einseitig für den Westen positionieren möchten.

Die Gründe dafür gehen auf alte, gewachsene Bindungen zurück, die aus der Unterstützung der Sowjetunion für den ANC während des Kampfes gegen die Apartheid resultieren. Heute teilen Moskau und Pretoria die Ansicht, "dass die internationale Ordnung nicht der gegenwärtigen Realität entspricht und dass eine gerechtere Verteilung der Macht notwendig ist", so Jo-Ansie van Wyk, Professorin für Internationale Politik an der Universität von Südafrika (UNISA) in Pretoria. Südafrika sei auch daran interessiert, seine Beziehungen zu Russland und China als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates zu stärken, wo der afrikanische Kontinent seit langem eine stärkere Stimme fordert.

Südafrika ist Teil der BRICS-Gruppe mit Russland, Indien, China und Brasilien. Ursprünglich als Forum für Handelsbeziehungen zwischen aufstrebenden Wirtschaftsmächten gestartet, wird die BRICS-Gruppe zunehmend auch als Plattform genutzt, um die Dominanz globaler Supermächte herauszufordern.

Pauline Bax von der International Crisis Group erklärt in dem Zusammenhang, dass die westliche Sichtweise oft nicht berücksichtigt, dass es auch andere Realitäten gibt. "Die Angst, die der Krieg erzeugt hat, macht EU-Diplomaten zuweilen ein wenig kurzsichtig", sagt Bax und fügt hinzu, dass der Krieg in Europa die Sicherheit Afrikas nicht bedrohe und afrikanische Länder nicht gezwungen werden wollen, für eine der Seiten Partei zu ergreifen.

Die Analystin Bax empfiehlt dem Westen einen "konstruktiveren Ansatz des Westens", der damit beginnen sollte, dass man "afrikanischen Regierungen und afrikanischen Nationen zugesteht, ihre eigenen außenpolitischen Entscheidungen zu treffen". Es sei ratsam, zu vermeiden, dass afrikanische Staaten das Gefühl bekämen, dass sie "mit Ländern, die Geld hereinbringen, konform gehen müssen."

Mitglieder der "Ukrainian Association of South Africa " demonstrieren im Januar gegen den Besuch LawrowsBild: Alet Pretorius/REUTERS

Kritik in Südafrika

Kritiker von Präsident Ramaphosa weisen darauf hin, dass es in Südafrika auch Widerstände gegen eine zu moskaufreundliche Politik gibt. So seien für dieses Wochenende in Durban und Kapstadt Proteste gegen das Marine-Manöver Südafrikas mit Russland und China geplant.

Der Oppositionspolitiker Herman Mashaba äußerte "Bedenken, dass die ANC-Regierung zu einer Eskalation des Krieges beitragen könnte".

Jo-Ansie van Wyk von der UNISA Universität in Pretoria äußert sich allerdings skeptisch, dass oppositionelle Stimmen den außenpolitischen Kurs der ANC beeinflussen können: "Das Parlament ist nicht stark genug, um die Regierung zur Ordnung zu rufen", so die Expertin für internationale Politik.

Kein "moralischer Kompass"

Eines sei sicher: Der Ukraine-Krieg habe negative Auswirkungen auf die meisten Länder in Afrika, vor allem aufgrund steigender Treibstoff- und Lebensmittelpreise. Es könne noch schlimmer kommen als befürchtet.

Für Nelson Mandela sollte Südafrikas Außenpolitik "eine Politik der Menschenrechte" sein Bild: Getty Images/J. Mitchell

"Ich sehe voraus, dass die Hilfszahlungen für Südafrika aufgrund der Hinterhof-Politik in Europa letztendlich abnehmen werden", sagt Jo-Ansie van Wyk und fügt hinzu, dass Ramaphosa gut beraten wäre, vorsichtig zu sein. Das Land mache wirtschaftliche schwierige Zeiten durch und sei auf Hilfe von der Weltbank angewiesen, bei der die USA der Hauptanteilseigner sind. "Südafrika spürt bereits den Druck", sagt van Wyk und äußert die Sorge, dass Ramphosas Russland-Politik einen Bruch mit der bisherigen südafrikanischen Außenpolitik darstellen könnte.

Die Professorin erinnert daran, dass Präsident Nelson Mandela 1993 geschrieben habe, dass die Außenpolitik Südafrikas eine "Außenpolitik der Menschenrechte" sein müsse. Südafrika habe aber die von den Vereinten Nationen verabschiedeten Resolutionen gegen die die russische Invasion in der Ukraine nicht unterstützt und habe damit "die Chance verpasst, der moralische Kompass zu sein, der es einmal war".

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