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Politik

Südafrikas windiger Atomdeal

Martina Schwikowski
7. April 2017

Das geplante Atomabkommen am Kap gilt Kritikern als Milliardengrab. Doch nun scheint der Widerstand in der Regierung gebrochen. Die Weichen dafür hat Präsident Jacob Zuma mit einer Kabinettsumbildung gestellt.

Südafrika Atomkraftwerk Koeberg nahe Kapstadt
Das bisher einzige Atomkraftwerk Südafrikas, nahe Kapstadt, hat eine Leistung von 1800 Megawatt.Bild: picture-alliance/dpa/EPA/N. Bothma

Die Schockwellen der radikalen Kabinettsumbildung in Südafrika sind noch nicht verebbt, da herrscht bereits große Aufregung im Land über einen möglichen Vertrag zum Bau von Atomreaktoren. Einen Vertrag, in dem das neue Kabinett von Präsident Jacob Zuma eine wichtige Rolle spielt: "Die Deadline für den Atomdeal war letzte Nacht", schrieb Sibusisiwe Mngadi, Mitglied der Regierungspartei ANC, am Sonntag auf ihrer Facebookseite. "Und ratet mal, wer ihn unterschrieben hat: Der neue Finanzminister Malusi Gigaba." Gigaba, damals gerade zwei Tage im Amt, dementierte: Er habe noch gar nichts unterschrieben, noch nicht einmal seine neuen Visitenkarten, hieß es aus dem Ministerium.

Doch das Dementi vermag die Bevölkerung kaum zu beruhigen. In den sozialen Netzwerken tobt die Debatte um den mutmaßlichen Vertrag mit dem russischen Unternehmen Rosatom weiter. Und auch südafrikanische Kommentatoren bleiben misstrauisch. Schließlich galt der am Donnerstag abgesetzte Finanzminister Pravin Gordhan als größtes Hindernis für die Pro-Nuklear-Fraktion der südafrikanischen Regierung. Wiederholt hatte er vor den Kosten des Projekts gewarnt, die neue Schulden für Südafrika bedeuteten. Auch die Energieministerin und der Vizeminister für öffentliche Unternehmen mussten gehen.

"Noch nichts unterschrieben": Malusi GigabaBild: Getty Images/AFP/G. Guercia

Es geht um viel Geld

Eine Billion südafrikanische Rand sollen die neuen Atomkraftwerke kosten - knapp 70 Milliarden Euro. So sei Korruption der treibende Faktor für den Deal, sagt Hartmut Winkler, Physikprofessor an der Universität Johannesburg, im DW-Gespräch. "Zuma hat Finanzminister Gordhan und die Energieministerin gefeuert, damit er mit Gigaba jemanden ernennen konnte, der kein großes Aufhebens um den geplanten Atomvertrag machen wird."

Bereits 2014 hatte Rosatom eine "strategische Partnerschaft" mit Südafrika angekündigt, als Präsident Zuma Russlands Präsident Wladimir Putin besuchte. Bis 2030 wolle man Kraftwerke mit insgesamt acht Kernreaktoren und einer Nennleistung von 9,6 Gigawatt in Betrieb nehmen, hieß es damals. Doch das Unternehmen habe einen Rückzieher gemacht, nachdem die Ankündigung in Südafrika für Aufruhr sorgte. "Profitieren werden Zuma und seine Kumpanen", sagt Winkler. "Dabei spielt die Gupta-Familie eine große Rolle. Ihr gehört das Shiva-Uranium-Bergwerk bei Johannesburg." Dort hat bis vor Kurzem auch Zumas Sohn Duduzane gearbeitet. Die Geschäftsleute Ajay, Atul und Rajesh Gupta waren in mehrere Skandale um Deals mit Jacob Zuma verwickelt, die den Präsidenten schon 2016 fast sein Amt gekostet hätten.

"Keines Abkommens bewusst": Stromversorger EskomBild: Getty Images/AFP/G. Guercia

Widersprüchliche Aussagen

Zuständig für die Abwicklung des Atomvertrags ist der staatliche Stromversorger Eskom, der an das Ministerium für öffentliche Unternehmen angegliedert ist. Eskom teilte der DW auf Anfrage mit: "Wir sind uns eines Abkommens zwischen Russland und Südafrika nicht bewusst." Südafrika befinde sich derzeit noch in einem Prozess der  Sammlung von Vorschlägen, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme. Interessierte Unternehmen könnten noch bis zum 28. April ihre Angebote einreichen. "Eine Vielzahl von Unternehmen hat schon Interesse bekundet, darunter bedeutende Anbieter der Nukleartechnik aus China­, Frankreich, Russland und Südkorea." Eskom werde die Unterlagen dem Finanzministerium und dem Kabinett vorlegen und hoffe auf eine Zustimmung noch in diesem Jahr.

Die russische Atomfirma Rosatom hat bereits seit 2012 einen Sitz in Südafrika. Laut ihrer Website will die Firma Nuklearenergie in der Region und in Afrika beleben. Auch in den russischen Medien erscheinen Nachrichten über Russlands Interesse an einem Atomgeschäft mit Südafrika: Der staatliche Atomanbieter Rosatom habe schon ein Angebot geschickt, meldete im Januar 2017 die russische Nachrichtenagentur TASS. DW-Recherchen zufolge gilt Rosatom als führender Kandidat für den Bau des Atomkraftwerks. Die südafrikanische Atomenergie-Kooperation Necsa, eine Partnerorganisation von Eskom, behauptete jedoch kürzlich, Russland sei nicht mehr unter den Favoriten.

Windturbinen wurden bereits erfolgreich getestet - hier an einem Standort nahe KapstadtBild: AP

Erfolg der Erneuerbaren in den Wind geschossen

Die südafrikanische Umweltorganisation Earthlife Africa gibt sich trotzdem überzeugt, dass Russland einen geheimen Deal mit Südafrika abgeschlossen habe. Die Aktivisten sind vor Gericht gezogen, um Einsicht zu erhalten und den Ausbau der Atomkraft zu stoppen. "Wir haben ein Recht auf Informationen und Transparenz", sagt Makoma Lekalakala. Südafrika habe mit anderen Anbietern wie China zwischenstaatliche Vereinbarungen für eine mögliche Zusammenarbeit getroffen, aber laut Lekalakala sind die Absprachen mit Russland detaillierter: "Da heißt es, wenn etwas passiert, ist Rosatom nicht verantwortlich", sagt sie. Wenn so etwas schon vertraglich festgelegt sei, könne etwas nicht stimmen. "Am Ende profitieren die Russen vom Steuergeld der Südafrikaner, genauso wie die Unterhändler und die politischen Eliten in Südafrika."

Der Energieplan des Landes sieht eigentlich vor, günstige Optionen für Energie zu bevorzugen. Südafrika hat genug davon: Wind, Sonne und Biogas. Neue Programme liefen gut an. Dann kündigte Eskom vergangenes Jahr an, aus Kostengründen keine weiteren Verträge mit unabhängigen Stromproduzenten zu unterschreiben. Wenn jetzt der geplante Atomdeal komme, schade der vor allem den südafrikanischen Konsumenten, sagt Physiker Winkler: "Der Strompreis wird viel teurer werden." Zudem steige der Stromverbrauch nicht so drastisch, dass Südafrika jetzt die Kernkraft als Stromquelle für die Zukunft ausbauen müsse. Das "grüne" Energieprogramm, das 2012 begann, zeigte Erfolg: Laut Winkler zeigen Studien, dass Südafrika in den nächsten 20 Jahren ganz ohne Atomkraft auskommen kann. Die jetzt geplanten Atomkraftwerke wären also wenige Jahre nach ihrer Fertigstellung obsolet.

Mitarbeit: Andrey Gurkov

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