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Südafrikas WM-Sorgen

7. Juli 2006

Stell dir vor, es ist WM und kein Stadion ist fertig. Vier Jahre vor der nächsten WM steht das Gastgeberland Südafrika vor riesigen Problemen: mangelnde Infrastruktur und die hohe Kriminalitätsrate bereiten große Sorgen.

Auf der Straße statt im Stadion: Fußball in einem TownshipBild: picture-alliance/dpa
Vor Südafrika liegt bis zur WM noch viel ArbeitBild: picture-alliance/dpa

Kopfzerbrechen bereitet vor allen Dingen der Stadionbau: Vier der seit März benannten zehn Spielstätten müssen neu gebaut werden; mit den Bauarbeiten wurde bisher nicht mal angefangen. Alle anderen Arenen müssen umfassend renoviert werden.

Angst vor Transportproblemen

Ein weiteres Problem ist der öffentliche Nah- und Fernverkehr. Die südafrikanische Regierung hat umgerechnet 1,2 Milliarden Euro veranschlagt, um Flughäfen, Straßen und Eisenbahnlinien auf einen für die WM angemessenen Stand zu bringen. Die Südafrikaner scheinen aber selbst nicht sehr große Hoffnungen in den Erfolg dieses Projektes zu setzen. Jedenfalls gibt es schon Überlegungen, in den Vorrundenspielen alle vier Teams einer Gruppe in demselben Stadion spielen zu lassen, um mögliche Transportprobleme zu umgehen. Denn so wie es jetzt aussieht, sind diese programmiert.

"Blue Train" keine Alternative

Der südafrikanische Sportminister Ngconde Balfour (l.) und Südafrikas oberster WM-Planer Danny Jordaan präsentieren ein T-Shirt für die Fußball-WM 2010Bild: picture-alliance/dpa

Der Luftverkehr funktioniert zwar, aber der Komfort lässt oft zu wünschen übrig. So müssen umsteigende Passagiere ihr Gepäck selbst zum nächsten Terminal tragen. Trassen für Hochgeschwindigkeitszüge sind geplant, wie etwa zwischen dem Johannesburger Flughafen und der 60 Kilometer entfernten Hauptstadt Pretoria, doch noch gibt es sie nicht. Die derzeitigen Regionalzüge sind indessen berüchtigt für schlechte Ausstattung, technische Pannen, Streiks und Kriminalität. "Wir haben aber den 'Blue Train'", sagt Danny Jordaan vom WM-Organisationskomitee. Damit bezieht er sich auf den Hotelzug, der gut betuchten Gästen eine 27-stündige Fahrt von Pretoria nach Kapstadt zu luxuriösen Bedingungen anbietet, wie sie sich der durchschnittliche Südafrikaner nicht einmal zu erträumen wagt. Doch das dürfte kaum das übliche Verkehrsmittel sein, mit dem die Fans ihren Teams hinterher reisen könnten. Die Regierung hat sich das Ziel gesetzt, die gesamte Flotte der Minibusse bis 2010 zu erneuern. Diese Kleinbusse bilden zwar das Rückgrat des lokalen Verkehrswesens, doch dürften auch sie kaum geeignet sein, tausende Fans durchs ganze Land zu befördern - dafür sind die Entfernungen in Südafrika auch viel zu groß. Südafrika rechnet mit 500.000 Fußballtouristen.

Sicherheitsmängel

Sorgen bereitet auch die mangelnde Sicherheit in Südafrika. Das Land hat eine der höchsten Kriminalitätsraten der Welt. Es ist fraglich, ob die südafrikanische Polizei bei einem derartigen Großprojekt wie der Fußball-WM für umfassende Sicherheit sorgen kann, wenn es doch schon nicht gelingt, im Alltag die Gewalt einzugrenzen.

PeleBild: AP

"Meine Sorge ist, dass sie mit dem Job nicht fertig werden", hatte zuletzt das brasilianische Fußballidol Pele gesagt. Er spricht damit vielen Beobachtern aus der Seele. Nach dem gelungenen Fußball-Fest in Deutschland muss Südafrika zusätzlich mit besonders hohen Erwartungen kämpfen. FIFA-Präsident Joseph Blatter zeigt Verständnis für die schwierige Situation und sagt: "Deutschland hat die Messlatte sehr hoch gelegt. Südafrika muss jetzt arbeiten und braucht Geduld."

Unterstützung von der FIFA und aus dem Ausland

Joseph BlatterBild: dpa

Dabei war es Blatter selbst, der das riskante Projekt, die WM 2010 in Südafrika auszurichten, unterstützt hatte. Schon 2006 wollte der Schweizer die WM eigentlich in dem afrikanischen Land stattfinden lassen. Jetzt muss er täglich die Bedenkenträger beruhigen. Natürlich brauche Südafrika Hilfe, sagt Blatter. "Die FIFA unterhält schon seit Monaten ein Büro in Johannesburg. Die deutsche Bundesregierung, der Deutsche Fußball-Bund, Großbritannien, Frankreich und die EU wollen ihr Wissen einbringen."

"An den Haaren herbeigezogene" Gerüchte

Eigentlich sollten die Stadien bis 2008 fertiggestellt sein - das wird Südafrika wohl auf keinen Fall erfüllen können. FIFA-Generalsekretär Urs Linsi widersprach Gerüchten, wonach Südafrika die Ausrichtung wieder abgenommen werden könnte. "Das ist an den Haaren herbeigezogen. Die Zusammenarbeit läuft sehr positiv. Es ist nicht einzusehen, weshalb 2010 nicht auch eine große WM werden sollte", sagte Linsi.

Investitionen, die sich auszahlen sollen

Die FIFA muss für das Experiment in Afrika ordentlich zahlen. Nach jüngsten Schätzungen wird der Zuschuss des Verbandes auf eine Milliarde US-Dollar anwachsen. Da ist die Bekanntgabe des ersten nationalen Förderers am Donnerstag nicht mehr als ein kleiner Hoffnungsschimmer. Die First National Bank (FNB) will sich ihr Engagement 30 Millionen US-Dollar kosten lassen. Wichtigster Geldgeber bleibt damit die südafrikanische Regierung mit 1,6 Milliarden Euro.

Die Regierung in Pretoria betont indessen allerdings ebenso wie die Organisatoren, die WM werde der südafrikanischen Volkswirtschaft enorme Gewinne bringen, die die Kosten bei weitem aufwögen. Insgesamt sei mit Vorteilen im Wert von fast drei Milliarden Euro zu rechnen. 159.000 neue Arbeitsplätze würden geschaffen - vor allem im Hotelwesen und in der Gastronomie, da der Tourismus noch auf Jahre hinaus einen Boom erleben werde.

"Wir sind entschlossen, erfolgreich zu sein", erklärt Organisationsleiter Jordaan selbstbewusst. Achille Mbembe von der Johannesburger University of the Witwatersrand verweist indessen darauf, dass für eine erfolgreiche WM noch ein weiterer Faktor unabdingbar sei: "Zuerst einmal braucht man ein ordentliches Fußballteam. Und in der Tat befindet sich die südafrikanische Nationalmannschaft zurzeit in keinem guten Zustand. Sie hat es nicht zur diesjährigen WM geschafft und ist im Moment sogar ohne Trainer. Spöttern zufolge kann Südafrika da nur froh sein, dass sich die Mannschaft des Gastgebers für 2010 nicht qualifizieren muss. (chr)

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