Südostasien: Das blühende Geschäft mit der Droge Meth
4. Juli 2025
Die Drogenfahnder in Ostasien verzeichnen zunehmende Erfolge. So erreichte die Menge des in der Region beschlagnahmten Methamphetamin im vergangenen Jahr 236 Tonnen - ein Anstieg von 24 Prozent gegenüber 2023. Der Großteil davon fiel dem Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) zufolge auf den südlichen Teil der Region .
Allein in Thailand wurden im vergangenen Jahr rund 130 Tonnen beschlagnahmt. Damit fing es als erstes Land der Region innerhalb eines einzigen Jahres über 100 Tonnen ab. Der Großteil des Methamphetamins stammte aus dem so genannten "Goldenen Dreieck", einer Region, die sich über die Dschungelgrenzen von Myanmar, Thailand und Laos erstreckt.
"Die 236 Tonnen stellen nur die beschlagnahmte Menge dar; tatsächlich gelangt viel mehr Methamphetamin auf den Markt", teilte Benedikt Hofmann, amtierender Regionalvertreter des UNODC für Südostasien und den Pazifik, in einer Erklärung mit. "Zwar spiegeln diese Beschlagnahmungen die erfolgreichen Strafverfolgungsbemühungen wider. Zugleich beobachten wir aber ein beispielloses Ausmaß an Methamphetaminproduktion und -handel in dem sogenannten Goldenen Dreieck, insbesondere im Shan-Staat", heißt es in der Erklärung weiter.
Am 17. Juni gab die indonesische Drogenbehörde ihre bisher größte Razzia bekannt. Sie habe nach einer fünfmonatigen verdeckten Operation zwei Tonnen Methamphetamin beschlagnahmt, teilte sie mit. Der Straßenwert der Beute wird auf 200 bis 400 Millionen US-Dollar (171 bis 341 Millionen Euro) geschätzt.
Folgen des Bürgerkriegs in Myanmar
Es habe in der gesamten Region massive Razzien gegeben, sagt Joshua Kurlantzick vom Council on Foreign Relations, der DW. Einzige Ausnahme sei Myanmar, wo seit 2021 ein Bürgerkrieg tobt.
Dabei gilt Myanmar seit langem als Zentrum des Drogenhandels in der Region. Die nach dem Sturz der demokratisch gewählten Regierung 2021 an die Macht gekommene Militärjunta und ihre Stellvertreter werden verdächtigt, durch den Drogenhandel ihre Kriegsanstrengungen zu finanzieren.
Zwar sei die Menge der beschlagnahmten Drogen um knapp 25 Prozent gestiegen, sagt Zachary Abuza, Professor am National War College in Washington. Die Straßenpreise in vielen Ländern seien jedoch unverändert geblieben oder lägen sogar unter dem bisherigen Preis. Das deute auf einen dramatischen Anstieg des Angebots hin.
Der Großteil davon stammt aus dem Shan-Staat, einer historischen Hochburg der Drogenproduktion. Die Ketaminproduktion - sie stellt ein weiteres wachsendes Problem in der Region dar - sei hingegen überwiegend in Kambodscha angesiedelt.
Da China zudem "zunehmend unter Druck der Trump-Regierung gerät, die Produktion und den Export von Fentanyl einzuschränken, ist eine zunehmende Verlagerung der Produktion nach Myanmar zu beobachten", so Abuza gegenüber der DW.
Wachsende Betrugswirtschaft
Das Goldene Dreieck ist seit Jahrzehnten ein globaler Drogen-Hotspot. Doch in jüngster Zeit wurde er als das profitabelste kriminelle Geschäft der Region durch die so genannte Cyberscam-Industrie abgelöst, die verschiedene Formen des online-Betrugs praktiziert. Ein Bericht des United States Institute of Peace aus dem letzten Jahr schätzt deren Umsatz auf dem südostasiatischen Festland auf bis zu 39,3 Milliarden Euro (rund 42 Milliarden US-Dollar). Das entspricht etwa einem Drittel bis hin zu zwei Fünfteln der formellen Wirtschaft Kambodschas, Laos und Myanmars.
Im vergangenen Monat warnten UN-Sonderberichterstatter, die Cyberscam-Krise in der Region habe "das Ausmaß einer humanitären und menschenrechtlichen Krise erreicht". Hunderttausende Menschen würden unter sklavenähnlichen Bedingungen zur Zwangsarbeit gezwungen. China und die USA haben ihre Maßnahmen gegen den illegalen Sektor bis 2025 verschärft. So hat Washington Sanktionen gegen Personen und Unternehmen in Kambodscha und Myanmar verhängt, die mutmaßlich mit Cyberscam-Operationen in Verbindung stehen.
Peking intervenierte unterdessen in den Bürgerkrieg in Myanmar, um Druck auf rivalisierende Gruppierungen auszuüben, damit diese ihre Betrugsnetzwerke zerschlagen. Zudem übte Peking Druck auf Bangkok aus, gegen kriminelle Netzwerke entlang der thailändischen Grenzen zu Myanmar und Kambodscha vorzugehen.
Inzwischen seien die beiden kriminellen Ökonomien eng miteinander verflochten, sagt Bridget Welsh, ehrenamtliche wissenschaftliche Mitarbeiterin am Asia Research Institute Malaysia der Universität Nottingham, im DW-Gespräch.
Die Spur des Geldes
Analysten gehen davon aus, dass der Cyberscam-Boom ein Nebenprodukt des illegalen Glücksspielsektors in der Region ist, der ursprünglich zur Geldwäsche aus dem Drogenhandel entwickelt wurde. "Wenn die Produktion und der Vertrieb von Drogen nicht reduziert werden, stärkt das auch das kriminelle System", so Welsh.
Singapur hat kürzlich seine Bemühungen zur Bekämpfung von Geldwäsche im Zusammenhang mit Drogen und Cyberbetrug intensiviert. Das Anti-Scam-Kommando der Polizei führte im vergangenen Monat eine Operation durch, bei der fast 50 mutmaßliche Geldwäscher festgenommen wurden. "Dennoch verschließen die meisten Regierungen der Region die Augen", sagt Abzuza. "Denn Geldwäsche ist in Zeiten globaler wirtschaftlicher Unsicherheit gut für die Wirtschaft und die Immobilienentwicklung. Darum bedarf es internationaler Anstrengungen, um das finanzielle Rückgrat dieser kriminellen Organisationen zu brechen."
Offen ist, ob die südostasiatischen Staaten überhaupt die Fähigkeiten - geschweige denn den Willen - haben, sich dem Problem zu stellen. Die steigende Zahl der Drogenbeschlagnahmungen deutet darauf hin, dass die Strafverfolgungsbehörden seit Jahren aktiv sind, sagte Sebastian Strangio, Südostasien-Redakteur bei dem Magazin The Diplomat, der DW.
Das Hauptproblem bestehe derzeit darin, dass die Strafverfolgungsbehörden Schwierigkeiten hätten, grenzüberschreitende Kriminalität "in jeglicher Form" einzudämmen. "Die erschreckende Zunahme von Betrugsfällen unterstreicht, wie präsent diese Art der Kriminalität ist - und mit ihr die Verbindungen, die sie in einigen Ländern zu staatlichen Strukturen geschaffen hat", so Strangio weiter.
Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.