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Südostasiens Flüchtlingskrise nicht überwunden

Rodion Ebbighausen11. Januar 2016

In Südostasien ist die Zahl der Flüchtlinge im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Das liegt vor allem an einem massiven Vorgehen der Sicherheitskräfte. Eine nachhaltige Lösung ist nicht in Sicht.

Symbolbild Massengräber von Flüchtlingen in Malaysia
Bild: picture-alliance/dpa/Y. Pruksarak

Die Bilder sind unvergessen: notdürftig verscharrte Leichen im thailändischen Dschungel, hoffnungslos überfüllte Boote, die von den Küstenwachen zurück aufs offene Meer geschleppt werden, und die von Angst und Erschöpfung kündenden Blicke der Geretteten.

Im Frühsommer 2015 erreichte die Flüchtlingskrise in Südostasien ihren Höhepunkt. Nach wochenlangem Hin und Her wurden die Flüchtlinge schließlich in Thailand, Malaysia und Indonesien aufgenommen. Hektische Betriebsamkeit des politischen Establishments der betroffenen Länder führte zu einer Reihe von Treffen, die allerdings bis heute ohne konkrete politische Ergebnisse blieben. Mit Beginn der Regenzeit, die die Flucht über das Meer noch gefährlicher macht, ging die Zahl der Flüchtlinge schließlich zurück. Das Thema verschwand aus den internationalen Medien.

Trendwende?

Die Regenzeit ist inzwischen vorbei, aber die Zahl der Flüchtlinge ist nicht angestiegen. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) ist sie im Vergleich zum Vorjahr sogar zurückgegangen. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters sind zwischen September und Dezember 1500 Menschen aus Bangladesch und Myanmar geflohen. Ende 2014 waren es noch 32.000.

Vivian Tan, Regionaldirektorin des UNHCR in Südostasien, erklärte im Interview mit der Deutschen Welle: "Nach Gesprächen, die das UNHCR mit Betroffenen in der Region geführt hat, sieht es so aus, dass die Leute abwarten, was passiert, nachdem es letztes Jahr ein hartes Vorgehen gegeben hat." Auf Druck der internationalen Staatengemeinschaft war etwa die thailändische Regierung massiv gegen Schlepperbanden vorgegangen. Zurzeit stehen in einem großen Prozess in Bangkok 91 Personen vor Gericht. Ulrich Delius von der Gesellschaft für bedrohte Völker konstatiert: "In Thailand hat sich die Situation massiv verändert", sodass es als Operationsgebiet für Schlepperbanden weitgehend ausfällt.

Kein politischer Wille zur Lösung

Allerdings dürfe man keine voreiligen Schlüsse ziehen, so Tan: "Wir haben in der Vergangenheit immer wieder beobachtet, dass die Flüchtlingszahlen zurückgehen, wenn die Regierungen ihre Aufmerksamkeit auf das Problem lenken." Es könne aber nicht nur darum gehen, die Gesetze mit Hilfe der Sicherheitskräfte durchzusetzen, sondern die Regierungen müssten auch die Verantwortung für die Flüchtlinge übernehmen. Dass die Regierungen sich der Herausforderung zumindest bewusst seien, zeige die Vielzahl von Treffen seit Mai 2015.

Delius sieht allerdings trotz aller Konferenzen keinen regionalen Ansatz zur Lösung des Problems etwa durch den Verband südostasiatischer Nationen (ASEAN). Alles, was seit 2015 geschehen sei, sei auf den Druck der internationalen Staatengemeinschaft zurückzuführen. "Es gibt keinen politischen Willen zur Lösung, da die ASEAN dann auch über Grundsätzliches reden müsste." Delius meint dabei insbesondere die in der Verfassung der ASEAN festgeschriebene Nichteinmischung in die internen Angelegenheiten der Mitgliedstaaten. Sie verhindere etwa, dass Druck auf Myanmar aufgebaut werde.

Erschwerend komme hinzu, dass sich die am stärksten betroffenen Staaten - Myanmar, Thailand, Indonesien und Malaysia - nicht an Mindeststandards halten, was sie damit rechtfertigen, dass sie nicht Mitglieder der Genfer Flüchtlingskonvention sind. "Die ASEAN-Staaten zeigen keine Bereitschaft, die Flüchtlinge zu integrieren, und betonen, dass es sich bei der Aufnahme allenfalls um eine vorübergehende Lösung handeln könne." Es sei zu befürchten, dass diese Weigerungshaltung durch die Flüchtlingssituation in anderen Regionen der Welt wie Europa noch bestärkt wird.

Die Situation in den Lagern für Binnenflüchtlinge ist nach wie vor katastrophalBild: Getty Images/S. Rahman

Lösungsansätze

Delius sieht zwei Ebenen, um sich einer Lösung anzunähern. Auf der ersten müsse man den Druck auf Myanmar erhöhen. "Die Probleme sind nur in Myanmar zu lösen." Dabei dürfe nicht, wie bisher, die Unterbindung der Flucht im Zentrum stehen, sondern eine umfassende Lösung für die Menschen im Land. Auch Tan vom UNHCR plädiert für eine umfassende Lösung des schwierigen Problems: "Es ist unabdingbar, das Vertrauen und die Beziehungen zwischen den Muslimen und Buddhisten wiederherzustellen." Den etwa 130.000 Binnenflüchtlingen müsste gestattet werden, die Lager zu verlassen und sich ihr Leben neu aufzubauen.

"Auf der zweiten Ebene muss sich die ASEAN fragen, wie sie zum Thema Flüchtlinge steht." Es müsse ein Umdenken geben. "Ein Staat wie Indonesien mit seinen mehr als 17.000 Inseln lässt sich nicht hermetisch abriegeln", sagt Delius. Es sei in der Zeit, dass die ASEAN-Staaten den entsprechenden Flüchtlingskonventionen beiträten.

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