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PolitikAsien

Südseestaaten: Ringen um Autonomie, Kampf gegen Klimawandel

13. September 2025

Die Inselstaaten der Südsee spüren die geopolitischen Spannungen und suchen gemeinsame Positionen. Sie wollen unabhängiger von China und den USA werden. Auch im Kampf gegen Klimawandel brauchen sie Unterstützung.

Marshallinseln Majuro: Luftaufnahme einer Inselkette im Meer
Inselstaaten in der Südsee wie hier auf den Marshallinseln sind vom Klimawandel direkt betroffenBild: Nicole Evatt/AP/picture alliance

Einfluss von außen unerwünscht! Das war die Kernbotschaft der Staats- und Regierungschefs der pazifischen Inselstaaten, die sich diese Woche auf dem Pacific Islands Forum zu einem Gipfeltreffen auf den Salomonen getroffen haben.

Das Pacific Islands Forum ist der größte Zusammenschluss der Region. Zu den 18 Mitgliedstaaten gehören unter anderem Australien und Neuseeland, Papua-Neuguinea und Cookinseln, Fidschi, Kiribati, Tuvalu und Vanuatu.

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Am Freitag (11.9.) haben sich die 18 Mitgliedstaaten des Forums darauf geeinigt, dass Länder außerhalb der Region der Gemeinschaft als strategische Partner beitreten könnten. Dies müsse allerdings "strukturiert, ausgewogen und in Hinblick auf kollektive, regionale politische Entscheidungsprozesse rechenschaftspflichtig" sein, heißt es in der Abschlusserklärung.

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Tatsächlich hatten die Salomonen als Veranstalter des Forums weder die USA noch China zu diesem Treffen eingeladen. Bis kurz vor Beginn des Treffens war allerdings unklar, ob alle Mitglieder die Entscheidung mittragen würden. Die Salomonen als Gastgeber wollten auf diese Weise versuchen, sich dem enormen Einfluss beider Supermächte zu entziehen.

Peking hatte als Regierung der Volksrepublik China sehr darauf gedrängt, dass die Republik China auf Taiwan nicht zu dem Treffen eingeladen wird. China betrachtet Taiwan als eine abtrünnige Provinz. Allerdings erkennen im Südpazifik die Staaten Palau, Tuvalu und die Marshall-Inseln Taipeh als legitime Regierung von Taiwan an und unterhalten diplomatische Beziehungen zur Republik China. Alle drei Staaten sind Mitglieder des Pacific Islands Forums.

Der Gastgeber, die Salomoninseln, brachen allerdings mit Taiwan 2019 und pflegen seitdem diplomatische Beziehungen mit dem kommunistischen Peking. So erzielte Taipeh einen diplomatischen Rückschlag. Um ihre Unabhängigkeit zu demonstrieren, hatten deswegen die Salomonen überhaupt keine Drittstaaten eingeladen.

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Der Inselstaat hatte im Frühjahr 2022 ein Sicherheitsabkommen mit Peking geschlossen - sehr zum Missfallen beider regionalen Giganten Neuseeland und Australien. Diese wollen mehr mit den USA zusammenarbeiten. Das Abkommen sieht unter anderem den Einsatz chinesischer Polizei und Sicherheitskräfte vor, die die öffentliche Ordnung wahren sollen. Auch sollen chinesische Schiffe Häfen in den Salomonen anfahren können.

"Hohe geostrategische Relevanz"

Tatsächlich stünden die Salomoninseln unter erheblichem Druck Chinas, sagt der auf den Pazifik spezialisierte Politologe Oliver Hasenkamp am German Institute for Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg. "Dass China eine Teilnahme der Delegation aus Taiwan hat verhindern können, hat heftigen Widerspruch derjenigen Mitgliedstaaten des Forums ausgelöst, die Taiwan unterstützen, und ebenso den anderer Staaten, die dem Einfluss Chinas in der Region eher skeptisch gegenüberstehen und ein Auseinanderbrechen der Regionalorganisation befürchteten", so Hasenkamp im DW-Interview.

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Die Entscheidung der Salomonen, überhaupt keine internationalen Partner einzuladen, habe zwar für erhebliche Kritik gesorgt. "Zugleich aber sehen viele Menschen in der Region die Entscheidung als große Chance, der Einflussnahme der Großmächte in der Region entgegenzusetzen."

Dass die Inselregion unter Druck stehe, sei nicht erstaunlich, sagt die Politologin Hanna Gers, Pazifik-Expertin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). "Die Region ist stark umkämpft, allerdings nicht nur seitens der Großmächte China und USA." Das liege zum Teil an ihrer hohen geostrategischen Relevanz. "Es handelt sich zwar um Staaten mit sehr kleinen Landmassen. Aber sie befinden sich in einem sehr großen ozeanischen Territorium mit erheblichen Rohstoffvorkommen und wirtschaftlichem Potenzial", so Gers im DW-Interview.

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Die Inselstaaten hätten als Gruppe auch relativ viele Stimmen in internationalen Organisationen, etwa den Vereinten Nationen, so Gers weiter. "Darum haben sowohl China als auch die USA ein Interesse, dort Einfluss zu üben und diese Staaten sozusagen für sich zu gewinnen."

Ambivalente Partnerschaften

Grundsätzlich wollten die Inselstaaten gerne mit der größten und zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, den USA und China, zusammenarbeiten, sagt Hasenkamp. "Sie haben aber zunehmend den Eindruck, dass sie sich für eine Seite entscheiden müssen. Genau das entspricht aber nicht ihren Interessen. Sie wollen nicht dazu genötigt werden, sich nur mit einem Land zu solidarisieren, sondern halten es ebenso wie wir in Europa für selbstverständlich, gleichermaßen mit China, den USA und weiteren Staaten wie Australien, das ja selbst ein Mitgliedstaat des Forums ist, zusammenzuarbeiten."

Allerdings hätten die pazifischen Inselstaaten eine schwierige Ausgangslage, sagt Hanna Gers. "Bei vielen von ihnen handelt sich um recht arme, auf Entwicklungshilfe angewiesene Staaten. Und dementsprechend bietet ihnen diese Konkurrenz der großen Staaten auch Möglichkeiten." Die Salomoninseln profitierten davon, dass sowohl China als auch Australien und die USA versuchten, durch Förderungen oder Infrastrukturprojekte Einfluss zu gewinnen. "Das unterstützt natürlich die Wirtschaft vor Ort und macht die Angelegenheit etwas ambivalent: Zum einen wollen sich die Staaten nicht kaufen lassen. Zum anderen profitieren sie von den Partnerschaften enorm."

Herausforderung Klimawandel

"Blue Ocean of Peace", zu Deutsch "Blauer Ozean des Friedens" - das war die Überschrift der Abschlusserklärung. Sie bezieht sich auf die geopolitischen Spannungen in der Region, aber auch auf die Auswirkungen des Klimawandels. Alle Länder müssten individuelle und kollektive Maßnahmen ergreifen, um die kurzfristige Erwärmung zu verhindern, heißt es. Vor allem gehe es darum, "kurzlebige Klimaschadstoffe, insbesondere Methanemissionen" zu bekämpfen. 

Extrem bedroht vom steigenden Meeresspiegel - aber umweltpolitisch vorbildhaft: der Inselstaat Tuvalu Bild: Mario Tama/Getty Images

Bei den Inseln handele es sich um teilweise sehr tief gelegene Atolle, dessen Landmassen vom Anstieg des Meeresspiegels existenziell bedroht seien, sagt Hanna Gers. "Der Klimawandel beschäftigt diese Staaten mehr als alles andere. Sie sehen sich unmittelbar dem Anstieg des Meeresspiegels gegenüber, aber auch der Versalzung von landwirtschaftlichen Flächen und geringeren Erträgen beim Fischfang. Zugleich haben diese Staaten zu den Ursachen des Klimawandels so gut wie überhaupt nicht beigetragen."

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Deshalb hätten die Inselstaaten auch nur begrenzte Möglichkeiten, durch eigenes Handeln zum Klimaschutz im globalen Sinne beizutragen, sagt Oliver Hasenkamp. "Deswegen bringen sie sich in die internationale Politik ein, um über die internationalen Klimaverhandlungen andere Staaten zu mehr Klimaschutz zu bewegen." Als Beispiel erwähnt Hasenkamp ein insbesondere von jungen Bürgerinnen und Bürgern der Inselstaaten angestoßenes Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs, das zu dem Schluss kommt, dass sämtliche Staaten weltweit zum Klimaschutz verpflichtet seien. "So gesehen haben die Inselstaaten in der internationalen Klimapolitik durchaus erhebliche Bedeutung."

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Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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