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Sackgasse an der serbischen Grenze

Vladimir Mircevski / kk / nm 14. März 2016

Seit einer Woche sitzen mehr als 400 Personen im Niemandsland an der serbisch-mazedonischen Grenze fest. Es geht weder vor, noch wollen die Menschen zurück. Aus Tabanovce Vladimir Mircevski.

Mazedonien Flüchtlingslager in Tabanovce (Foto: DW/V. Mircevski)
Bild: DW/V. Mircevski

Es ist ein Leben in tiefem Schlamm und ohne fließendes Wasser. Hunderte Flüchtlinge befinden sich im Grenzgebiet zwischen Mazedonien und Serbien. 400 Menschen warten hier darauf, ihre Reise nach Nordeuropa fortzusetzen. Doch die serbischen Behörden haben die Grenze geschlossen. Zurück in Richtung Mazedonien wollen sie auch nicht. "Die meisten von uns sind Syrer, ein kleiner Teil stammt aus dem Irak", sagte Amir. Der Kamera unseres Fotografen weicht er aus. Seit sechs Tagen ist er hier. Er sei müde, sagt er, wolle aber nicht aufgeben. "Ich will ein Leben ohne Angst, Krieg und Schmerz."

Sein Begleiter ist ebenso entschlossen. "Wir gehen nicht zurück", sagte der Mann, der bittet, seinen Wunsch nach Anonymität zu respektieren. Das Wetter ist derzeit nicht auf ihrer Seite. Die Temperatur sinkt teilweise unter den Gefrierpunkt. In den vergangenen Tagen hat es zudem viel geregnet.

Alarmierende Bedingungen

Überall im Lager hört man Babys weinen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat erklärt, mehr als die Hälfte der im Lager gestrandeten Personen seien Kinder. Die Lebensbedingungen im Lager seien "alarmierend". Die Flüchtlinge schliefen in einem schlammigen Feld zwischen den zwei Ländern.

400 Menschen leben in improvisierten UnterkünftenBild: DW/V. Mircevski

Viele Kinder werden krank. Ihre Eltern bringen sie über eine schmale Schotterstraße in das Flüchtlingszentrum auf der mazedonischen Seite der Grenze, um sie dort medizinisch behandeln zu lassen. Doch danach kehren sie zurück in den Schlamm.

Die Flüchtlinge können sich kaum wärmen. Der einzige Brennstoff für ihre kleinen Lagerfeuer ist Kunststoff. In Kombination mit dem Gestank von Urin ist die Luft fast unerträglich. In kleinen Gruppen stehen Männer umher und schauen auf ein Zelt in einigen Metern Entfernung: Dort hat die serbische Polizei einen Vorposten eingerichtet - jenes Hindernis, das sie überwinden wollen.

Keine hundert Meter entfernt liegt das Aufnahmelager Tabanovce auf der mazedonischen Seite. Eigentlich ausgelegt für 700 Menschen, leben dort mittlerweile mehr als 1.100. Die Bedingungen dort sind besser als in den improvisierten Unterkünften im Schlamm, dennoch sind die Menschen dort auch verzweifelt. Sie leben zu Dutzenden in großen Zelten. Wenigstens herrscht hier ansatzweise Ordnung. Freiwillige des Roten Kreuzes und anderer Organisationen kümmern sich. Es gibt warme Mahlzeiten, die Kinder bringen Suppe zu ihren Verwandten, spielen Fußball oder Volleyball.

Mehr als die Hälfte der Menschen im Lager sind Kinder - so die Vereinten NationenBild: DW/V. Mircevski

Samira aus Afghanistan wäscht - wie viele Frauen hier - Kleidung mit der Hand. Sie versuchen, ein Minimum an Hygiene aufrechtzuerhalten. Yama kommt auch aus Afghanistan. Er hätte zehn Jahre außerhalb seines Heimatlandes gelebt und einen Master-Abschluss in Politikwissenschaften, erzählt er. Yama sei nach Afghanistan zurückgekehrt, um seinem Land zu helfen. Aber die Zerstörung des Landes ließ ihn erneut die Koffer packen. Jetzt ist er seit 20 Tagen im Aufnahmelager von Tabanovce. "Wir haben noch immer Hoffnung. Die Menschen, die hier arbeiten, geben ihr Bestes. Das kalte Wetter erschwert die Situation, denn Heizen ist ein großes Problem. Die Kinder werden immer wieder krank - meistens haben sie Fieber. Die Grenze muss sich wieder öffnen - wir wollen doch alle in ein sicheres Land in der EU."

Politisches Ping-Pong

Laut offiziellen Angaben sind seit Anfang 2015 knapp 800.000 Menschen durch Mazedonien in Richtung Nordeuropa gereist. Österreich und die Balkan-Länder westlich von Griechenland erschweren die Einreise seit einem Monat. Seit einer Woche sind die Grenzübergänge in Richtung Norden geschlossen. Tausende von Flüchtlingen sind seitdem auch an der südlichen Grenze von Mazedonien gestrandet - in Idomeni. Der mazedonische Präsident Gjorge Ivanov warf Deutschland und der EU vergangene Woche vor, sein Land in der Flüchtlingskrise im Stich zu lassen. "Wir bezahlen nun für die Fehler der EU. Diese nationale Krise hat uns 25 Millionen Euro unserer Steuergelder gekostet", so Ivanov zur "Bild"-Zeitung.

Weder vor noch zurück

Die Gestrandeten von Tabanovce werden währenddessen zu Opfern dieses politischen Tauziehens. Fatima aus Afghanistan war zwei Monate mit ihrer Tochter auf dem Arm unterwegs auf der Suche nach einem sicheren Ort. "Ich bin weggelaufen, nachdem der Krieg mehrere meiner Cousins tötete", sagt sie der DW. "Ich bitte die europäischen Länder, uns zu helfen." Ein Zeltnachbar stimmt ein: "Ich würde so gerne irgendwo hin. Es muss kein bestimmtes Land sein - Hauptsache weg von hier - irgendwo die EU."

Fatima ist aus Afghanistan und hängt im Lager fest.Bild: DW/V. Mircevski
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