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Politik

"Trump sollte Friedensbotschaft senden"

Diana Hodali
24. Januar 2017

Präsident Trump hat eine Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem angekündigt. Wenn er ernst macht, wäre die Zwei-Staaten-Lösung damit vom Tisch, sagt PLO-Generalsekretär Saeb Erekat im DW-Interview.

Russland Saeb Erekat palästinensischer Unterhändler
Bild: picture alliance/dpa/TASS/A. Shcherbak

Deutsche Welle: Nicht einmal israelische Hardliner, die gegen die Errichtung eines palästinensischen Staates sind, betrachten den Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem als oberste Prioriät. Wieso sollte Donald Trump das also tun?

Saeb Erekat: Diese Frage sollten Sie dem US-Präsidenten stellen. Bisher gibt es noch keine offiziellen Schritte. Bis jetzt ist es bei Ankündigungen während seiner Wahl-Kampagne geblieben. Wir müssen erst einmal abwarten - was allerdings nicht bedeutet, dass wir uns nicht auf einen möglichen Botschafts-Umzug vorbereiten. Wir können dann etwas unternehmen, wenn es so weit ist. Aber wir hoffen, dass es nicht soweit kommen wird.

Welches Signal würde ein Umzug der Botschaft an die Palästinenser senden, die Ostjerusalem als Hauptstadt eines zukünftigen palästinensischen Staates sehen?

Das Signal wäre: Es gibt keine Zukunft für einen politischen Prozess und keine Hoffnung für eine Zwei-Staaten-Lösung. Das besetzte Ostjerusalem ist kein Teil von Israel und seine Annektierung wurde weder von den USA noch von anderen Staaten anerkannt.

Der UN-Sicherheitsrat hat die Resolutionen 476 und 478 diesbezüglich verabschiedet und deutlich gemacht, dass die Annektierung null und nichtig ist und sich daher dort keine diplomatischen Vertretungen niederlassen sollen.  

Gehen Sie davon aus, dass die Palästinenser für Trump keine Rolle spielen werden?

Wir hoffen, dass Präsident Donald Trump sich in unserer Region nach den Prinzipien von Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit engagiert. Auf dieser Basis wollen wir mit Trump zusammenarbeiten. Wir sind Menschen und es gibt keinen Grund uns zu diskriminieren, unsere Rechte systematisch zu verletzten, uns zu besetzen und uns ein Apartheitsregime aufzuerlegen.

Befürchten Sie, dass es zu Gewalt kommen könnte?

Wir rufen nicht zu Gewalt auf. Aber das Volk hat das Recht, sich zu mobilisieren und für seine Rechte einzustehen. Jerusalem ist das Herz Palästinas und Palästina ist das Herz der arabischen Welt. Es geht hier nicht nur um Symbolik - ohne Jerusalem kann es keinen unabhängigen Staat geben.

Jerusalem besteht auch nicht nur aus der Al-Aksa-Moschee oder der Grabeskirche, an Jerusalem hängen unser Erbe und unsere Erinnerungen. Wir haben angeboten, dass Jerusalem eine offene Stadt sein kann. Der östliche Teil, der 1967 annektiert wurde, könnte dann die souveräne Hauptstadt eines palästinensischen Staates werden. Israel lehnt das ab.

Wir appellieren aus Jerusalem an Donald Trump, dass er eine Friedensbotschaft senden soll und einen palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 anerkennt.

Die ewig umstrittene Stadt JerusalemBild: DW/T. Krämer

Sie haben gesagt, dass die Verlegung der Botschaft eine "rote Linie" überschreiten würde. Welche Auswirkungen hätte diese Entscheidung auf den Friedensprozess und die Zwei-Staaten-Lösung?

Bei der Zwei-Staaten-Lösung geht es doch darum, leben und leben zu lassen. Die Besatzung sollte beendet werden und zwei souveräne, demokratische Staaten in den Grenzen von 1967 sollten entstehen. Wenn ein so wichtiger Player wie die USA beschließt, die Annektierung von besetztem Gebiet zu legitimieren, dann besteht kein Grund, sich auf einen politischen Prozess mit Israel einzulassen. Bis dato haben die USA den Siedlungsbau als illegal bezeichnet und auch die Annektierung nicht anerkannt.

Das war eines der Zugeständnisse, die wir erhalten haben, bevor wir uns auf den Friedensprozess eingelassen haben. Wenn das jetzt vom Tisch ist, dann gibt es keinen Grund, an den schmerzlichen Zugeständnissen festzuhalten, die wir gemacht haben. Und dazu gehört die Anerkennung Israels in den Grenzen von 1967, was 78 Prozent unseres historischen Landes ausmacht.

Welche Konsequenzen könnte die Palästinensische Autonomiebehörde ziehen, wenn Trump die Botschaft umziehen sollte?

Wir haben einen Plan, den wir intern diskutieren. Wir werden nicht zu Gewalt aufrufen, aber wir werden politische und diplomatische Konsequenzen ziehen. Unser Volk ist bereits auf die Straße gegangen und hat demonstriert. Auch christliche und muslimische Geistliche haben sich gegen einen Umzug der Botschaft ausgesprochen. Es ist noch zu früh, irgendetwas zu verkünden und wir hoffen auch, dass der Umzug nicht passieren wird. Aber wenn doch, dann werden wir vorbereitet sein und bekannt geben, wie wir verfahren wollen.

Erwarten Sie Reaktionen aus der arabischen Welt? Immerhin ist Jerusalem sowohl für Muslime als auch für Christen von hoher religiöser Bedeutung.

Wir handeln immer in Absprache mit der Arabischen Liga. Wir haben bereits bilaterale Gespräche mit Jordaniens König Abdallah geführt, um das Vorgehen abzusprechen. Es geht nicht darum, irgendjemandem zu drohen. Es geht darum, unser international anerkanntes Recht im Bezug auf Jerusalem zu verteidigen.

Saeb Erekat ist der Generalsekretär der Palästinensischen Autonomiebehörde und Chefunterhändler der Palästinenser. In den 1990er Jahren war er an den Friedensgesprächen von Oslo beteiligt.

Die Fragen stellte Diana Hodali.

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