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Sall: "Ich will den Senegal zu einem Rechtsstaat machen"

Dirke Köpp1. April 2014

Präsident Macky Sall spricht im DW-Interview über seinen Kampf gegen Korruption, Straffreiheit und seine Ziele für den Senegal. Von Deutschland wünscht er sich mehr Engagement in Afrika - auch militärisch.

Macky Sall
Bild: AP

DW: Herr Präsident, Sie sind nun seit etwa zwei Jahren im Amt. Bei einem Mandat von fünf Jahren ist das fast Halbzeit. Welche erste Bilanz ziehen Sie?

Macky Sall: Zwei Jahre sind kurz und lang gleichzeitig. Ich habe mit den dringendsten Dingen angefangen: Etwa zwei Wochen nach meiner Wahl wurden die Preise für die wichtigsten Lebensmittel gesenkt, die einer starken Inflation unterlagen. Dann galt es, sich der Wirtschaft zu widmen: Wir brauchten einen Wirtschaftsplan. Ich habe diesen Wirtschaftsplan „Aufstrebender Senegal“ genannt. Er wurde von der internationalen Gemeinschaft mit großer Unterstützung angenommen und sieht ein Wirtschaftswachstum von etwa sieben Prozent in den kommenden fünf bis zehn Jahren vor.

Darüber hinaus haben wir den Rechtsstaat gestärkt sowie den Kampf gegen die Straffreiheit und haben das Prinzip der allgemeinen Steuerpflicht gefördert. Kürzlich haben wir das nationale Büro gegen Korruption eröffnet. Viele Maßnahmen also, um das Umfeld von Geschäftsbeziehungen zu verbessern.

Der Senegal soll ein Rechtsstaat werden

12:05

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Zu Ihrem Kampf gegen die Straffreiheit zählt auch der Prozess gegen den tschadischen Ex-Diktator Hissène Habré, der sich seit mehr als 20 Jahren in Ihrem Land aufhält. Der Senegal hat dafür eine spezielle Strafkammer gegründet. Wie weit ist der Prozess gegen Habré gediehen?

Ich kann von Hissène Habré nicht als Diktator sprechen. Das wäre eine Qualifizierung, die ich mir nicht erlauben kann. Herr Habré ist auf Geheiß der speziellen Strafkammer verhaftet worden. Diese Strafkammer hat der Senegal auf Wunsch der Afrikanischen Union gegründet, damit Habré der Prozess gemacht wird. Ich hoffe vor allem, dass dabei die menschliche Würde und das Recht auf Verteidigung respektiert werden, bis die Frage der Schuld geklärt ist.

Für wann erwarten Sie das Urteil?

Wann es genau zu einem Urteil kommen wird, kann ich Ihnen nicht sagen. Die Regierung hat damit nichts zu tun. Es ist eine juristische Angelegenheit.

Man könnte sagen, dass Idriss Déby, der aktuelle Präsident des Tschad, dieselbe Strategie nutzt wie sein Vorgänger: Habré sicherte sich lange mit seiner Opposition gegen Gaddafi in Libyen die Unterstützung der USA und Frankreichs. Déby sichert sich Unterstützung von außen, indem er etwa Soldaten nach Mali schickt, und lenkt so von seiner restriktiven Innenpolitik ab.

Ein solches Urteil über einen afrikanischen Staatschef, einen Kollegen, kann ich mir nicht erlauben. Ich weiß nichts von Amtsmissbrauch oder Übergriffen im Tschad. Falls ich etwas wüsste, könnte ich mit ihm darüber reden. Als Westafrika ihn zur Hilfe in Mali rief, war er da. Neben Frankreich hat er eines der größten Kontingente und hat den höchsten Tribut gezahlt. Allein dafür muss man ihm dankbar sein, ihn beglückwünschen. Aber was in seinem Land passiert? Die Welt ist doch ein globales Dorf geworden, man kann nichts mehr verstecken. Auf keinen Fall aber kann man die Interventionen in Mali oder in Zentralafrika mit einem Versuch in Zusammenhang bringen, die internationale Gemeinschaft abzulenken.

Sie haben auch die Lösung des Konfliktes in der Casamance zu einer Ihrer Prioritäten erklärt. Seit mehr als 30 Jahren kämpfen Rebellen dort für die Unabhängigkeit vom Senegal. Wie steht es um den Frieden in der Casamance?

Frieden in der Casamance ist für mich eine der wichtigsten Baustellen. Denn man kann kein wirtschaftliches Gleichgewicht erreichen, wenn es im Süden des Senegal einen ungelösten Konflikt gibt. Ich habe versprochen, die Voraussetzungen zu schaffen für einen Dialog zwischen der Regierung und den verschiedenen Vertretern der Rebellenbewegung Demokratische Kräfte der Casamance (MFDC). Heute sitzen alle Parteien an einem Tisch und es hat seit zwei Jahren keine Kämpfe und keine Überfälle gegeben. Diese Ruhe ist für die Entwicklung förderlich. Gleichzeitig haben wir den Investions- und Entwicklungsplan "Pôle de développement de Casamance" für die Region lanciert mit Projekten für die Landwirtschaft und Frauen. Wir verhandeln also mit den Rebellen und zugleich gibt es bereits Lösungen für die Belebung der Region.

Welche Rolle spielt Deutschland für die Entwicklung des Senegal? Sie haben Bundeskanzlerin Angela Merkel getroffen - welche Projekte planen Sie gemeinsam?

Die Kooperation mit Deutschland ist derzeit nicht sehr dynamisch. Dennoch unterstützt uns Deutschland mit 70 Millionen Euro für erneuerbare Energien. Die Kanzlerin und ich haben beschlossen, der Partnerschaft eine neue, breitere Dimension zu geben: eine, die sich nicht nur auf den Energie-Sektor beschränkt.

Ich habe ihr auch mein Anliegen der Elektrifizierung der ländlichen Gebiete und der Dezentralisierung geschildert. Dabei geht es besonders um die Casamance. Ich habe eine neue Dezentralisierungs-Strategie lanciert - und auch dabei werden wir uns an Deutschland wenden. Ebenso für die berufliche Ausbildung, in der die deutsche Wirtschaft sehr stark ist.

Der Senegal im Westen Afrikas, die Konfliktregion Casamance und das Nachbarland GambiaBild: DW

Was erwarten Sie von Deutschland und der Europäischen Union für die Region Westafrika?

Von Deutschland, dem wirtschaftlich stärksten Land in der Europäischen Union, erwarten wir, dass es seine Führungsstärke einbringt in den europäischen Entwicklungsfonds, aber auch in bilaterale Beziehungen zu Ländern wie dem Senegal. Mit der Kanzlerin habe ich auch über Deutschlands Rolle für die Sicherheit in Afrika gesprochen. Deutschland ist ja bereits in manchen Krisen präsent - nicht mit Soldaten, aber mit Logistik und Schulung wie etwa in Mali. Ich würde mir wünschen, dass diese militärische Kooperation, für Sicherheit und den Kampf gegen den Terrorismus, künftig noch größer und sichtbarer würde. Deutschland hat eine Führungsrolle in Europa und in der Welt, und diese Führungsrolle muss es noch mehr zum Ausdruck bringen in Partnerschaften mit Afrika und seinen europäischen Partnern.

Was soll einmal in den Geschichtsbücher nach dem Ende Ihrer Präsidentschaft über Sie stehen?

Ich würde den Senegal gern als stabilen Rechtsstaat prägen. Zudem würde ich gern strukturelle Reformen anstoßen, die Direktinvestitionen aus dem Ausland normal machen. Ich möchte die Arbeitslosigkeit senken und den Senegal zu einem Schwellenland machen. Wenn mir das gelingt, den Senegal zu einem Rechtsstaat und Schwellenland zu machen, dann habe ich die Mission erfüllt, die mir die Senegalesen anvertraut haben, und habe mein eigenes Ziel erreicht.

Macky Sall ist seit 2012 Präsident des westafrikanischen Staats Senegal.

Das Interview führte Dirke Köpp.

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