Wilderei und Konflikte zwischen Mensch und Wildtieren bereiten Experten im südlichen Afrika zunehmend Sorge. Besonders betroffen: Löwen und Leoparden. Das zeigen neueste Forschungsergebnisse aus Sambia.
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Der Druck des Menschen auf die Populationen großer Raubtiere im südlichen Afrika ist groß. Bislang lagen dazu nur wenige empirische Daten vor. Die Sterblichkeit war der am häufigsten verwendete Maßstab, also wenn Tiere beispielsweise von Wilderern getötet wurden. Aber auch nicht-tödliche Verletzungen können immense Auswirkungen haben.
Genau dazu haben jetzt Forscherinnen Daten vorgelegt. Es sind traurige Zahlen aus Sambia zu Attacken auf Wildtiere: Mehr als jeder vierte männliche, ausgewachsene Löwe in dem südafrikanischen Land hat demnach Schrotkugeln im Schädel (27 Prozent). Mehr als jedes dritte Löwenmännchen (37 Prozent) und mehr als ein Fünftel der ausgewachsenen Leopardenmännchen (22 Prozent) in zwei von Sambias bedeutenden Naturschutzgebieten weise Verletzungen durch Drahtfallen auf, heißt es im Fachmagazin "Frontiers in Conservation Science". Drahtfallen werden vor allem von Wilderern ausgelegt.
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Analyse von 157 Raubtierschädeln
Die Daten stammen allerdings aus den Jahren 2000 bis 2012 und könnten sich inzwischen merklich verändert haben, zudem ist die Zahl berücksichtigter Fälle recht klein. Paula White und Blaire Van Valkenburgh von der Universität Kalifornien hatten Aufnahmen von Schädeln 45 toter Leoparden und 112 Löwen analysiert, die in den Naturschutzgebieten Luangwa Valley und Greater Kafue für eine andere Studie zu Raubtieren gemacht worden waren.
Afrikas Wildtiere: Eine Gefahr namens Mensch
Umweltorganisationen warnen vor einer Zuspitzung des Artensterbens - davon ist auch der Verursacher Mensch bedroht. Anlässlich der COP15-Artenschutzkonferenz der UN werfen wir einen Blick auf Afrikas Tierwelt.
Bild: Eugen Haag/Shotshop/imago images
Die mit dem langen Hals
Die Giraffe liebt Savannenlandschaften, doch der Verlust ihres Lebensraumes setzt ihnen zu. Auch 2021 steht das große, gefleckte Tier auf der Internationalen Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN): Es gilt als gefährdet. Immer öfter wird Savanne in Weideflächen und Felder umgewandelt und für Bergbau genutzt. Schätzungsweise gibt es weniger als 100.000 der einst weit verbreiteten Langhälse.
Bild: S. Meyers/blickwinkel/picture alliance
Feuchte Nasen
Die kleinen Lemuren - sie gehören zu den Feuchtnasenaffen - sind ausschließlich auf Madagaskar und vorgelagerten Inseln im Osten Afrikas beheimatet. Alle Vertreter dieser Art sind als gefährdet eingestuft worden, einige sogar stark vom Aussterben bedroht. Weniger als 1000 Lemuren leben noch in den Wäldern, besonders gern sind sie nachts unterwegs.
Bild: D. Moserblickwinkel/McPHOTO/imago images
Prunkvoll: Fellkleid mit Punkten
Schnell wie der Wind - so werden Geparden oft beschrieben. Die Raubkatzen sind hochbegabte Jäger: Sie können innerhalb von nur drei Sekunden auf bis zu 95 Kilometer beschleunigen. Wie Spikes setzen sie ihre Krallen beim Lauf ein, sie sind die schnellsten Landsäugetiere der Welt. Doch der Jäger Mensch bedroht ihre Existenz, es werden immer weniger.
Bild: Günter Lenz/imageBROKER/imago images
Löwenhunger: Wo ist die Beute?
Das Töten von Löwen und der schwindende Lebensraum machen dem König der Tiere zu schaffen. Einst waren sie die Herrscher der Savanne, inzwischen ist die Situation laut WWF (World Wide Fund for Nature) dramatisch: In Westafrika gibt es demnach nur noch 500 Löwen, auf dem Kontinent wohl noch 20.000. Meist leben sie isoliert in großen Nationalparks.
Bild: picture-alliance/dpa/Nilsen
Tief in den Wäldern
Alle vier Gorilla-Unterarten sind auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tiere zu finden. Der Berggorilla im Dschungel, meist in den Regenwäldern des Kongobeckens, ist auch durch höhere Temperaturen des Klimawandels in Gefahr, er gerät in Stress, sagen Umweltschützer. Aber auch Wilderei, Abholzung von Wäldern und das Ebola-Virus reduziert die Tierbestände.
Nashörner gehören zu den Überlebenden der Urzeit. Sie sind gefährdet, besonders das Spitzmaulnashorn ist stark vom Aussterben bedroht: Wilderer haben es auf das Horn aus Keratin abgesehen - töten aber meist das ganze Tier. Vom nördlichen Breitmaulnashorn existieren seit dem Tod der letzten Exemplare sogar nur noch eingefrorene Embryonen, die von einer Leihmutter ausgetragen werden sollen.
Bild: Jean-Francois Ducas/imago images
Bedrohte Paddler auf Langstrecke
Meeresschildkröten werden weniger - weltweit gibt es noch sieben Arten. Vor langer Zeit bevölkerten sie die Meere, sie überlebten Dinosaurier, Naturkatastrophen und Eiszeit. Heute ist die Zivilisation ihr Feind: Sie sind gefährdet, besonders wenn die Tiere zur Eiablage die Strände aufsuchen. Und sie können den im Meer treibenden Plastikmüll nicht von ihrer Lieblingsspeise unterscheiden: Quallen.
Bild: L. Steijn/blickwinkel/AGAMI/imago images
Mehr Thunfisch schwärmt aus
Thunfische sind im Aufwärtstrend - so lautet die gute Nachricht der jetzt aktualisierten Roten Liste der bedrohten Arten der IUCN. Vier kommerziell gefangene Thunfischarten haben sich dank der Durchsetzung regionaler Fangquoten in den letzten zehn Jahren erholt. Aber der Druck auf die Meeresarten steigt. 37 Prozent der Haie und Rochen sind vom Aussterben - vor allem durch Überfischung - bedroht.
Bild: Norbert Probst/imageBROKER/imago images
Dickhäuter im Dickicht unterwegs
Zwei der großen Verlierer auf der aktuellen Roten Liste sind der Afrikanische Wald- und der Savannenelefant. Die Dickhäuter des Waldes sind vom Aussterben bedroht, die in der Savanne gelten als stark gefährdet. Sie flüchten vor Wilderei, und wenn Menschen sich immer mehr in den angestammten Lebensräumen der Tiere ausbreiten, kommt sie häufiger in Konflikte mit den großen Pflanzenfressern.
Bild: Eugen Haag/Shotshop/imago images
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Erfasst wurden bestimmte Spuren an den Zähnen, die auf Versuche zur Befreiung aus Drahtschlingen weisen, sowie in den Schädeln steckende Schrotkugeln. Schrotflinten werden von Wilderern sowie bei Konflikten zwischen Mensch und Tier eingesetzt, um Raubtiere zu vertreiben. Bei einem Teil der Tiere - welche die Attacken jeweils überlebt hatten - fanden sich beide Verletzungsarten.
"Trotz der von uns entdeckten alarmierend hohen Zahl nicht-tödlicher Verletzungen wissen wir, dass unsere Entdeckungen dem Ausmaß nicht gerecht werden", so White. "Die größte Bedrohung für Afrikas Löwen und Leoparden sind menschliche Aktivitäten wie Wilderei, das Eindringen in Schutzgebiete, Konflikte mit der ortsansässigen Bevölkerung und eine Abnahme der Beutetiere durch den Handel mit Wildtierfleisch", erläuterte die Wissenschaftlerin. Nicht nur Todesfälle, sondern auch nicht-tödliche Verletzungen sollten in die Bemessung menschlicher Eingriffe in den Wildtierbestand einbezogen werden - schließlich können sie die Fitness des jeweiligen Tieres deutlich beeinträchtigen.