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Politik

Sambia: Widerstand gegen Chinas Präsenz

Abu-Bakarr Jalloh | Fang Wan ms
9. April 2019

In Afrika gehört Sambia zu den ältesten Partnern Chinas. Aber es wächst Unmut gegen die mächtige Präsenz der Chinesen im Land. Die DW-Reporter Abu-Bakarr Jalloh und Fang Wan haben sich in Sambia umgehört.

The Chinese Food Market in Lusaka
Ein chinesisches Restaurant in Sambias Hauptstadt LusakaBild: DW/A-B. Jalloh

Yan Aimi weint bitterlich, als sie durch den schmalen Gang in ihrem kleinen Gemischtwarenladen geht. Erinnerungen an den Einbruch in ihr Geschäft machen der chinesischen Geschäftsfrau immer noch zu schaffen. Sie lebt in Kitwe, der Hauptstadt des sogenannten Kupfergürtels und des Bergbaus in Sambia.

Die 42-Jährige lebte zuvor in Südafrika. "Ich hörte, dass es in Sambia sicherer sei", begründet die alleinerziehende Mutter ihren Umzug ins Nachbarland. Sie wirkt immer noch betroffen. "Sie sind durch diese kleine Tür gekommen und haben den ganzen Laden geplündert", erzählt sie der DW. Yan blieb unversehrt, ist aber immer noch traumatisiert. "Ich habe mehr als 75.000 Euro in diesen Laden investiert, mehr als zwei Drittel davon sind jetzt weg."

Der Angriff auf Yans Geschäft verdeutlicht die wachsende antichinesische Stimmung in Sambia, die auch durch polarisierende Medienberichte angeheizt wird. Einheimische Boulevard-Blätter titeln mit Schlagzeilen wie: "China kontrolliert unsere wirtschaftlichen Lebensadern." Oder: "Chinesen haben unsere Jobs und unseren Lebensunterhalt geraubt." Oder: "Sie respektieren uns nicht, sie wollen nur Geld machen." Ähnliche Äußerungen hört man auf den Marktplätzen und Straßen des Landes.

"Mit Geld um sich werfen"

Chinesische Staatskonzerne florieren in Sambia, sie bekommen den Zuschlag für fast jedes Großprojekt der sambischen Regierung, die zudem häufig von Peking aus finanziert werden. Flughäfen, Wasserkraftwerke, Autobahnen und mehr - solche milliardenschwere Infrastrukturprojekte sind Ausdruck der chinesischen Präsenz in Sambia.

Sambias Präsident Edgar Lungu mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi JinpingBild: picture-alliance/Xinhua News Agency/P. Xinglei

Sambia ist ein bedeutender Teil von Chinas "One Belt, One Road" Politik. Chinesen beschreiben das Programm auf Mandarin oft als dasabi - ein Ausdruck, der so viel bedeutet wie "mit Geld um sich werfen". Pekings Regierung sieht das jedoch anders: "One Belt, One Road" ist ihr Ansatz, um Entwicklungsländer zu unterstützen - besonders in Afrika. Wegen des negativen Beigeschmacks wird das Wort dasabi deshalb nur hinter vorgehaltener Hand gebraucht.

Doch weil Chinas Unterstützung mit einem wachsenden Zuzug chinesischer Bürger einhergeht, lehnen viele Sambier die chinesische Projektflut inzwischen rundheraus ab.

Weiße Elefanten

Wie genau Chinas dasabi in Sambia abläuft, ist schwer herauszufinden. Die wenigen bekannten Details stammen von früheren Regierungsmitgliedern Sambias, die aus unterschiedlichen Gründen ihre Posten räumen mussten. Einer von ihnen ist der frühere Informations- und Rundfunkminister Chishimba Kambwili.

2016 verlor Kambwili seinen Ministerposten, 2017 folgt der Ausschluss aus der Regierungspartei. "Ich bin sehr kritisch, was die Verschuldung der Regierung angeht, vor allem wenn das Geld aus China kommt", sagt er im DW-Interview. Er bemängelt, dass die Kredite häufig gar nicht auf sambischen Konten landen würden. "Die Aufträge werden an chinesische Firmen vergeben, sie werden in China bezahlt. Aber in unserem Haushalt taucht das als Kredit aus China auf", ärgert er sich. Laut Kambwili gingen von China finanzierte Infrastrukturprojekte fast immer auch an chinesische Firmen.

Eine Baustelle in Lusaka - wie so viele in Sambia finanziert und gebaut von ChinesenBild: DW/F. Wan

Es regt sich Unmut im Land. Viele Sambier stellen die Qualität und Langlebigkeit der von China gebauten Infrastruktur infrage. 2011 etwa wurde ein großer Teil der Straße zwischen Lusaka und Chirundu nur kurze Zeit nach der Fertigstellung vom Regen weggespült. Gebaut hatte die Straße das chinesische Unternehmen China Henan.  

#SayNoToChina auf Twitter

Andere fragen sich, ob manche der Projekte wirklich notwendig sind - beispielsweise die neuen Stadien in Lusaka und Ndola. Einheimische bezeichnen sie als "weiße Elefanten" und finden, sie seien zu teuer und zudem auch noch unpraktisch.

James Lukuku ist ein Sambier, der sich gegen die Geldverschwendung, wie er es nennt, auflehnt. Sambia brauche diese Art von Projekten nicht, sagt er. Der Wahlkampfslogan seiner neu gegründeten Republikanisch-Progressive Partei lautet: "Sag Nein zu China."

Lukukus Kampagne trifft offenbar einen Nerv: Was als Ein-Mann-Protest begann, erhält inzwischen große Unterstützung - auch in den sozialen Medien. Lukukus Twitter-Kampagne #SayNoToChina trendet jedes Mal, wenn China auf den Titelblättern von sambischen Zeitung auftaucht. Auch die von ihm organisierten Protestmärsche erregen Aufsehen: Tausende haben sich Lukuku bereits angeschlossen. Die meisten von ihnen sind unzufriedene Jugendliche, die sich von Präsident Edgar Lungus Entwicklungsagenda ausgeschlossen fühlen.  

Undurchsichtige Kredite

Lukuku prangert auch an, dass die chinesischen Projekte die grassierende Korruption in Sambia noch verstärkt haben. Wie viele seiner Landsleute, die der sambischen Politikerklasse ohnehin skeptisch gegenüber stehen, glaubt er, dass chinesische Gelder häufig in privaten Taschen landen. Unabhängige Beobachter bestätigen das. Zum Beispiel Laura Miti, die die NGO "Alliance for Community Action" leitet. Sie sagt im DW-Interview: "Die Wege, die diese Kredite nehmen, sind sehr undurchsichtig."

Miti bemängelt: "Wir wissen nicht, zu welchen Bedingungen diese Kredite vergeben werden." Die chinesischen Gläubiger stellten in der Regel keine Fragen. "Wenn ein beträchtlicher Teil in den Bau von Villen fließt, dann stört das niemanden", sagt Miti. In westlichen Ländern wehe da ein anderer Wind. Selbst wenn die Regierung etwas verheimlichen wolle, gebe es immer noch die Zivilgesellschaft, die den Mächtigen auf die Finger schaue. "Aber in China kann man solche Informationen niemals finden", so die Aktivistin.

Abneigung gegen Chinesen wächst

Es gibt keine genauen Zahlen darüber, wie viele chinesische Staatsbürger in Sambia leben. Laut einer Statistik des sambischen Innenministeriums sollen es im Jahr 2014 rund 20.000 gewesen sein. Manche Experten gehen aber von etwa 100.000 Chinesen in Sambia aus. Und fragt man gewöhnliche Menschen auf der Straße, hört man häufig sogar Zahlen jenseits von einer Million.

Die chinesische Schule in Lusaka - viele Chinesen in Sambia bleiben unter sichBild: DW/F. Wan

Die meisten Chinesen leben zurückgezogen in ihren Communities. Der wachsende Unmut über ihre Anwesenheit im Land geht an ihnen vorbei. "Ich bin gut integriert, aber die meisten Chinesen sind nicht in der Lage, sich einzufügen", sagt ein Chinese, der anonym bleiben möchte. "Chinesen ziehen es in der Regel vor, unter sich zu bleiben", fügt er hinzu. Er selbst lebe seit 13 Jahren in Sambia und möge die Hauptstadt Lusaka, erzählt er im DW-Interview. Und er habe sich an das Leben in dem südafrikanischen Land gewöhnt. 

Aktivisten fordern Schutz für einheimische Unternehmen

Die wenigen Chinesen, die sich gut in das afrikanische Leben integrieren, sind häufig Ladenbesitzer und Kleinstunternehmer. Doch ausgerechnet die sorgen für den meisten Unmut, da sie mit einheimischen Geschäftsleuten konkurrieren. Dabei sehen die aktuellen Gesetze in Sambia vor, dass Ausländer nur im Großhandel arbeiten dürfen, nicht aber im Einzelhandel. Die Behörden stehen in der Kritik, diese Regeln nicht konsequent durchzusetzen.

"Die Regierung braucht ein System, um diesen Zustrom in unser Land zu regulieren und gleichzeitig die einheimische Wirtschaft zu schützen - besonders die kleinen Geschäfte, die nicht auf Investitionen hoffen können", sagt Kryticous Patrick Nshindano, Leiter der NGO "Civil Society for Poverty Reduction Zambia". 

Nshindano findet, dass bestimmte Wirtschaftsbereiche der einheimischen Bevölkerung vorbehalten bleiben sollten. Viele in Sambia teilen diese Ansicht. Sie fürchten Jobverluste durch die chinesischen Aktivitäten im Einzelhandel. Ein junger Mann in einem Handyladen in Lusaka bringt die Stimmung auf den Punkt: "Man kann nicht einfach herkommen und den Markt überfluten."

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