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PolitikTansania

Samia Suluhu Hassan: Tansanias umstrittene Präsidentin

Adwoa Domena
3. November 2025

Sie war als Vizepräsidentin an die Macht gekommen und wollte ihre Position legitimieren. Doch ihre umstrittene Wahl war von Gewalt überschattet. Wird Tansanias Präsidentin das autoritäre Erbe ihres Vorgängers fortsetzen?

Tansania Daressalam 2025 | Wahlkampfplakat von Präsidentin Samia Suluhu Hassan vor den Parlamentswahlen
Nach viereinhalb Jahren im Amt musste sich Suluhu zum ersten Mal zur Wahl stellenBild: Emmanuel Herman/REUTERS

Hinter verschlossenen Türen ist Samia Suluhu Hassan zur Präsidentin Tansanias vereidigt worden. Der Start in ihre zweite Amtszeit fiel damit deutlich weniger feierlich aus als 2021. Damals hatte sie die Nachfolge von John Pombe Magufuli angetreten, der als erster Präsident Tansanias im Amt verstorben war.

Suluhu Hassan ist von der Wahlkommission mit rund 98 Prozent der Stimmen zur Siegerin erklärt worden. Die Opposition, die von der Wahl ausgeschlossen war, erkennt dieses Ergebnis nicht an. Zumal die Abstimmung von tödlichen Unruhen überschattet war, die sich bis auf das benachbarte Kenia ausgeweiteten.

Die erste Frau an der Spitze Tansanias

Bereits 2015 war Samia Suluhu Hassan zur Vizepräsidentin ernannt worden. Die "Running Mate" von Präsident Magufuli rückte 2021 unverhofft an die Spitze, als der 61-jährige kurz nach seiner Wiederwahl verstarb. Damit wurde die erste Frau und die erste Person aus dem halbautonomen Sansibar zur neuen Präsidentin Tansanias.

Er war nicht zur Wahl zugelassen: Stattdessen musste sich Chadema-Kandidat Tundu Lissu einem Hochverratsprozess stellenBild: Ericky Boniphace/DW

In den 1980er Jahren trat sie der CCM-Partei bei, die seit der Unabhängigkeit regiert. In den 1990er Jahren gestaltete sie die Politik Sansibars mit, wo sie dem Repräsentantenhaus angehörte und als Ministerin für Jugendbeschäftigung, Frauen und Kinder und später als Ministerin für Tourismus und Handel tätig war.

Der damalige Präsident Tansanias, Jakaya Kikwete, soll Suluhu Hassan zur politischen Karriere auf dem tansanischen Festland verholfen haben. Hier wurde sie mit über 80 Prozent der Stimmen in die Nationalversammlung gewählt. Anschließend war sie Staatsministerin für Unionsangelegenheiten und damit verantwortlich für alle Themen, die die Beziehungen zwischen Sansibar und dem tansanischen Festland betreffen. Zudem wurde sie zur stellvertretenden Vorsitzenden der Verfassungsversammlung gewählt, die mit der Ausarbeitung einer neuen Verfassung beauftragt war. Von dort war der Weg ins Kandidatenduo 2015 nicht mehr weit.

Suluhu Hassans hoffnungsvoller Start

Als Suluhu im März 2021 zur Präsidentin vereidigt wurde, herrschte Feierstimmung in Tansania. Zahlreiche Frauengruppen in der Region und internationale Regierungen begrüßten die Ernennung der erfahrenen Politikerin, vierfachen Mutter und Ehefrau eines pensionierten Staatsbeamten.

Wahltag in Stone Town: "Bi Samia" ist Tansanias erste Präsidentin aus SansibarBild: Marco Longari/AFP

Hinzu kam, dass ihr Amtsvorgänger Magufuli einen zunehmend autoritären Regierungsstil gepflegt hatte, der ihm sowohl im Land und als auch international viel Kritik einbrachte. Unmittelbar nach ihrem Amtsantritt gewann Suluhu reichlich Sympathien mit ihrer "4R"-Philosophie: reconciliation, resilience, reforms, and rebuilding, also Versöhnung, Resilienz, Reformen und Wiederaufbau.

"Sie begann, wichtige Interessengruppen und politische Parteien einzubeziehen. Zu diesem Zeitpunkt waren politische Kundgebungen und Demonstrationen verboten, sie hat das wiederhergestellt. Einige Medien, sowohl Mainstream-Medien als auch Online-Medien, waren verboten, aber sie rehabilitierte sie", sagt der Menschenrechtsaktivist William Maduhu der DW.

Damals wurde sie von Oppositionspolitikern gefeiert. Die Parteivorsitzende der ACP Wazalendo, Dorothy Semu, erklärte 2021 im DW-Gespräch: "Als Opposition haben wir gesehen, dass sie uns den Olivenzweig gereicht hat. Wir glauben, am Verhandlungstisch eine gute Diskussion über die Zukunft unseres Landes führen zu können."

Aktivist Maduhu vergleicht Suluhu mit einer Autofahrerin: Sie habe das Land bei der Förderung der nationalen Einheit in kurzer Zeit vom ersten in den fünften Gang beschleunigt. In einer Umfrage des pan-afrikanischen Meinungsforschungsinstituts Afrobarometer von 2024 sahen noch 71 Prozent der Bevölkerung das Land auf einem richtigen Weg.

Wie Tansanias Präsidentin Sympathien verspielte

"Doch innerhalb eines Jahres wandte sich Suluhu gegen alles, was sie anfangs richtig gemacht hatte. Sie brach sogar mit der Diplomatie, als ihr Regime mehrere Aktivisten aus Kenia entführte", sagt Fredrick Justine, ein ehemaliger Präsidentschaftskandidat der oppositionellen Chadema, zur DW.

Menschenrechtsgruppen und Oppositionspolitiker sahen Suhuhu Hassan nun auf dem Weg in den Autoritarismus. Amnesty International und Human Rights Watch äußerten sich besorgt über willkürliche Verhaftungen und das harte Vorgehen gegen die Opposition. Zwischen Januar 2024 und Oktober 2025 dokumentierte Amnesty "weit verbreitete und systematische Menschenrechtsverstöße, darunter Entführungen, willkürliche Verhaftungen, Folter, rechtswidrige Tötungen und schwerwiegende Einschränkungen der Bewegungs-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit". 

Ein System, das stärker ist als die Präsidentin?

Suluhus Wandel sei darauf zurückzuführen, dass sie sich in ein System begeben habe, das "stärker" sei als sie, meint Fredrick Justine, der auch Delegierter des Chadema-Nationalkongresses ist. "Die Leute, von denen sie umgeben ist, haben womöglich andere Ziele als sie. Als sie ihr Amt antrat, dachte sie, einige Reformen durchführen zu können. Doch das System sagte ihr vielleicht, dies sei nicht der richtige Weg. Und das System war stärker als sie", sagt er.

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Womöglich habe Suluhu der CCM beweisen müssen, dass sie eine "würdige Kandidatin" war, glaubt Menschenrechtsaktivist Maduhu. Um den internen Machtkampf zu gewinnen und sich ihre eigene Amtszeit zu sichern, sei sie gezwungen gewesen, gegen die Opposition zu handeln. Maduhu setzt darauf, dass die Repression mit Suluhus Wahl zumindest weniger wird. "Sie hat bereits versprochen, dass sie in den ersten 100 Tagen ihrer Präsidentschaft eine sogenannte Wahrheits- und Versöhnungskommission einsetzen wird, um Missstände zu anzugehen."

Wenngleich Maduhu skeptisch bleibt ("Tansania ist gut darin, Kommissionen zu bilden"), so hofft er dennoch, dass sich das tansanische Regierungssystem verbessern wird, wenn Suluhu Hassan ihre neue Amtszeit gestaltet. Auch die Oppositionspartei Chadema sieht in einer Verfassungs- und Wahlreform den Zündfunken für einen Wandel in Tansania. "Ich kann nicht sagen, dass es eine hundertprozentige Chance dafür gibt", sagt Justine. "Aber ich denke, es gibt Anzeichen dafür."

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