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Sarkozy fühlt sich schlecht behandelt

Margit Hillmann24. Juni 2008

Die Berichterstattung sei teilweise parteiisch und unsachlich, wetterte der Präsident Ende Mai. Die französischen Medien sind schockiert und sehen die Pressefreiheit von der politischen Elite bedroht.

Nicolas Sarkozy bei Rede
Der französische Präsident antwortet nicht auf alle FragenBild: AP

Claude Angéli ist 76 Jahre alt und Chefredakteur der legendären französischen Wochenzeitung "Le Canard Enchaîné". Er ist das, was man einen alten Hasen nennt. Er kennt die Kulissen der französischen Republik wie seine Westentasche und hat mit seinen Redaktionskollegen unzählige politische Affären ans Licht geholt. In Frankreich, sagt Claude Angéli, sei dies ein besonders schwieriges Geschäft. Als Journalist bekommt man ständig die Tür vor der Nase zugeschlagen. "Sämtliche staatliche Institutionen – ob Justiz, Polizei, Gefängnisverwaltungen, Finanzverwaltungen – alle staatlichen Stellen pflegen eine extreme Kultur der Geheimhaltung", sagt er. Sie schützten sich so vor Kritik. "Von denen erfahren sie nichts", fährt Angéli fort. "Es passiert uns regelmäßig, dass wir im Elysée anrufen, um uns Informationen, die wir uns auf anderen Wegen besorgen, bestätigen zu lassen. – Und man antwortet uns schlicht nicht."

Für französische Zeitungen ist es oft schwierig an Informationen zu kommenBild: AP

In Frankreich existiere die angelsächsische oder deutsche Tradition nicht, so Angéli, dass der Staat mit den Dingen einigermaßen offen umgeht. Frau Merkel antworte den Journalisten eher, als Sarkozy dies tue; die deutschen Behörden gäben eher Auskunft, als die französische Verwaltung. Fast aussichtslos seien Fragen im Zusammenhang mit gesellschaftlich sensiblen Themen es, so der Cheredakteur des Canard Enchaîne. Als seine Redaktion vom Ministerium für "Immigration und Nationale Identität" wissen wollte, wie viele illegale Einwanderer seit Beginn des Jahres abgeschoben wurden, stießen sie auf Granit. Der zuständige Minister, Brice Hortefeux, wollte sich nicht in die Karten sehen lassen. "Wir haben versucht die aktuellen Zahlen zu bekommen, da der Minister vollmundig angekündigt hatte, dass er innerhalb eines Jahres 25.000 illegale Einwanderer abschieben würde", erinnert sich Angéli. "Sie können sich gar nicht vorstellen, welche Tricks wir anwenden mussten, um überhaupt an irgendwelche Zahlen aus dem Ministerium zu kommen!"

"Unzuverlässige" Beamte werden überwacht

Das Recht der Journalisten auf einen freien Zugang zu Informationen aus Behörden und öffentlichen Einrichtungen ist in wird in Frankreich permanent unterlaufen. Es unterliegt der Willkür von Behördenleitern und Regierungspolitikern. Brigitte Rossigneux, ebenfalls eine langjährige Mitarbeiterin des Canard Enchaîne geht noch einen Schritt weiter. Die Journalistin, die sich um die Ressorts Verteidigung und Militärpolizei kümmert, beschuldigt die französische Regierung, systematisch die Arbeit der Presse zu behindern. Und zwar geschehe dies durch die Überwachung der Ministeriumsmitarbeiter, hoher Staatsbeamter und der Journalisten. "Sie wissen genau, wer wann und worüber mit der Presse spricht", weil sie die Telefonrechnungen und -verbindungen kontrollieren, berichtet die Journalistin.

Journalisten glauben, dass man sie im Elyseépalast beobachtetBild: AP

"Es wurden ganze Polizeidienste von ihren ursprünglichen Aufgaben abgezogen – aus den Diensten zur Sicherung strategischer Interessen Frankreichs und dem Schutz von Industrie- und Verteidigungsgeheimnissen", so Rossigneux weiter. Diese Polizeibeamten hätten heute die Aufgabe Journalisten und hohe Beamte zu überwachen. Beamte, die als nicht ganz zuverlässig gälten und keine erklärten Sarkozy-Anhänger seien. Und das seien nicht etwa Gerüchte, versichert die Journalisten des Canard Enchaîné, - das sei die bittere Wahrheit über die Pressefreiheit in Frankreich.

Recht auf Informantenschutz kann aufgehoben werden

Wie wenig der französische Staat und seine Regierung die Pressefreiheit nach westlichen Standards respektieren, zeigt sich auch beim Informantenschutz. Allein 2007 durchsuchte die französische Justiz zwei Pariser Redaktionen und die Privatwohnung eines Journalisten, um an Informationsquellen beziehungsweise Recherchematerial der Journalisten zu kommen. Jedes Mal mit der Begründung auf das Recht der Justiz, unverzichtbare Beweise für laufende Ermittelungsverfahren sicherzustellen. Das soll sich nun ändern, verspricht die französische Justizministerin Rashida Dati. Sie hat dem Parlament am 15. Mai einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, mit dem der Informantenschutz verbessert werden soll. Doch Journalisten wie Guillaume Dasquié, die ihre Nase zu tief in die vermeintlichen Angelegenheiten des Staates stecken und dafür von der französischen Justiz unter dem Deckmantel eines Ermittlungsverfahrens verfolgt werden, halten wenig vom neuen Informantenschutzgesetz.

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