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Eigenwillige Afrika-Politik

Peter Philipp12. Dezember 2007

Keine Atomkraft für den Iran, aber für Libyen – die Außenpolitik von Frankreichs Präsident Sarkozy entfernt sich zusehends von EU-Positionen. Die europäischen Partner sind beunruhigt. Ein Kommentar von Peter Philipp.

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Bild: DW
Peter Philipp

Die Frage der Menschenrechte werde ein Eckpfeiler seiner Politik als französischer Präsident sein, hatte Nicolas Sarkozy auf dem Höhepunkt des Wahlkampfes beteuert. Ein halbes Jahr nach der Wahl werfen ihm die eigenen Minister vor, von solchen guten Vorsätzen nichts mehr wissen zu wollen.

Grund für die Kritik ist der Besuch des libyschen Revolutionsführers Muammar Gaddafi, der von Sarkozy auch noch am "Tag der Menschenrechte" in Paris empfangen wurde. Den Präsidenten schien solche Kritik nicht sonderlich aufzuregen, denn er hatte Wichtigeres im Sinn. Nämlich: Milliardenverträge mit Libyen abzuschließen – von Wasserentsalzungsanlagen bis zu Airbus-Flugzeugen, unter anderem aber auch über Waffenlieferungen und den Bau von Atomreaktoren. Wie andere Politiker in ähnlichen Situationen betonte Sarkozy zwar, er habe natürlich auch über die Menschenrechte gesprochen, Gaddafi stellte inzwischen aber klar: Solches sei nie Thema gewesen.

Abrücken von EU-Positionen


Kein Grund zur Schadenfreude in den Hauptstädten der EU, obwohl man dort seit Amtsantritt Sarkozys zunehmend beunruhigt ist über dessen Kurs: Der Präsident handelt spontan, ohne vorherige Absprache mit den Partnern in der EU, er versteht es immer, den Nutzen für sich und Frankreich in den Vordergrund zu stellen und er entfernt sich in einigen Fragen beträchtlich von bisherigen gemeinsamen Positionen.

Libyen ist ein Paradebeispiel hierfür: Auf dem Höhepunkt der Affäre um die dort zum Tode verurteilten bulgarischen Krankenschwestern entsandte Sarkozy seine damalige Frau Cecilia nach Tripolis und ließ sie dort eine "Einigung" erzielen, die freilich andere – vor allem deutsche Politiker – vorbereitet hatten. Die Krankenschwestern wurden freigelassen – und der französische Präsident fuhr die Ernte für seine vermeintliche Hilfe ein: Bei einem Besuch in Libyen wurde der Grundstein gelegt für die jetzt beschlossenen Abkommen.

Auch Deutschland profitiert


Die Kritik am ebenso resoluten wie rücksichtslosen Vorgehen Sarkozys hält sich in der EU aber in Grenzen. Auch und besonders in Deutschland. Wenn Paris nämlich Airbusse oder Waffen verkauft, dann profitieren davon auch deutsche Firmen, auch beim Verkauf von Atomreaktoren. Die Politik hat natürlich ein Interesse an lukrativen Aufträgen und da schaut man dann eben auch schon mal über die Irritationen hinweg, die das Vorgehen Sarkozys auslöst.

Zumindest dann, wenn es ums Geschäft geht. Sind nur politische Konzepte im Spiel, dann ist man um einiges kritischer. So findet Sarkozys Idee einer Mittelmeer-Union keine Gegenliebe, die er gerade wieder wortreich in Algerien befürwortet hat. Bundeskanzlerin Angela Merkel befürchtet gar, dass die mediterrane Strategie des Élysée die EU in ihrem Kernbereich gefährden könne. Was genau Sarkozy hiermit bezweckt, ist bisher nur im Ansatz klar: Engere Beziehungen zu den nordafrikanischen Staaten werden vor allem einträgliche Geschäfte mit den öl- und gasreichen Ländern wie Libyen und Algerien bringen, gleichzeitig soll ein Zusammenschluss der Nicht-EU-Mittelmeeranrainer die Türkei aus der EU fernhalten: Ihr Platz wäre dann in der Mittelmeer-Union.

Nukleartechnik für Nordafrika


Um die nordafrikanischen Staaten für seine Ideen zu interessieren, scheint Sarkozy jedes Mittel recht. So hat der Präsident sich zwar in der Frage der Atompolitik des Iran vollends auf die Seite der USA geschlagen, in Nordafrika – und auch im Nahen Osten – will er Atomtechnologie aber breit streuen: Ob Ägypten, Libyen, Tunesien, Algerien oder Marokko – entsprechende Verträge sind entweder in Vorbereitung oder bereits abgeschlossen. Blauäugig beteuert Sarkozy, ihm gehe es darum, das Argument zu entkräften, der Westen schließe die muslimische Welt von der Nukleartechnik aus.

Im Ansatz vielleicht ein vernünftiges Argument, denn von gegenwärtig 439 Atomreaktoren weltweit operieren bisher nur zwei in einem muslimischen Land, und zwar in Pakistan. Aber der Streit um das iranische Atomprogramm macht deutlich, dass auch hier einiges im Fluss ist: Das Streben nach Atomwaffen hat man dem Iran bisher zwar nicht beweisen können, allein der Vorwurf solcher Ambitionen aber hat in zahlreichen Staaten der Region ähnliche Pläne aufkommen lassen.

Und da kommt Sarkozy manchen gerade recht. Wie französische Zyniker sagen: Der Präsident wird sein politisches Ziel einer Mittelmeer-Union als erreicht betrachten, wenn die muslimischen Anrainerstaaten sämtlich mit französischen Atomreaktoren versorgt sind.

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