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SARS jetzt auch im Fernen Osten Russlands?

28. April 2003

– Behörden und Ärzte machen widersprüchliche Angaben

Köln, 28.4.2003, DW-radio / Russisch

Mit der Bekämpfung der atypischen Lungenentzündung SARS haben die fernöstlichen Gouverneure schon begonnen, bevor es offizielle Anweisungen aus Moskau gab. Zuerst wurden alle Flüge aus Chabarowsk und Wladiwostok in die südchinesischen Provinzen und nach Vietnam gestrichen. Danach wurden die Kapazitäten der medizinischen Dienste vor Ort überprüft. Und erst darauf hin wurde die Bevölkerung darüber informiert, dass es in der Region keine atypische Lungenentzündung gibt, dass es keinen Anlass zur Panik gibt und dass alle Krankenhäuser mit den notwendigen Medikamenten ausgestattet sind, um die Krankheit bkämpfen zu können. Interessant ist, dass alle diese Erklärung abgegeben wurden, noch bevor der Virus identifiziert wurde und die Ärzte in aller Welt nicht wussten, welche Medikamente genau für die Behandlung der Krankheit einzusetzen sind.

Das nächste Problem waren für die Behörden vor Ort die Bürger der Volksrepublik China, die legal oder illegal im russischen Fernen Osten leben. In der Regel betreiben die Chinesen Handel auf Waren- und Lebensmittelmärkten, also an Orten großer Menschenansammlungen. Den Kontakt mit den russischen Gesundheits- und Einwanderungsbehörden meiden sie natürlich. Das einzige, was die Behörden erreichen könnten, ist, die Händler dazu zu zwingen, mit Mundschutz zu arbeiten. Nach den chinesischen Bürgern befassen sich die fernöstlichen Behörden und Mediziner nun mit den russischen Bürgern, die als Pendler bezeichnet werden. Mit speziellen Verordnungen haben die Behördenchefs vor Ort alle Busreisen in das benachbarte China gestoppt und der Bevölkerung empfohlen, keine Einkaufsreisen in die nördlichen Provinzen der Volksrepublik China zu unternehmen. Die offiziellen Verbote und Empfehlungen werden jedoch nicht eingehalten, da für viele Einwohner des Fernen Ostens der Handel die einzige Möglichkeit darstellt, die eigene Familie zu ernähren. Wie bisher fahren vollbesetzte Züge nach gewohntem Fahrplan nach Harbin. Was offizielle Angaben über die Anzahl der Personen betrifft, die an der atypischen Lungenentzündung erkrankt sind, so teilten leitende Vertreter der Gesundheitsämter mit, dass bisher im Fernen Osten kein einziger Krankheitsfall registriert worden sei. Gewöhnliche Ärzte erklären jedoch, dass solche Angaben falsch seien, da in der Region bereits im Februar und März die Lungenentzündung ausgebrochen sei. So lägen in Chabarowsk und Wladiwostok wegen der Lungenentzündung mehrere Dutzend Menschen im Sterben. Ärzte gehen davon aus, dass es durchaus möglich ist, dass Menschen auch an SARS sterben, nur dass die Krankheit von niemandem diagnostiziert wird, weil die russischen Ärzte mit diesem Virus niemals konfrontiert waren. Ein Fall, wo ein Patient wegen des Verdachts auf SARS in einem Krankenhaus untergebracht wurde, wurde im Fernen Osten aber registriert. In Jakutsk wurde ein Unternehmer, der aus Harbin zurückgekehrt war, unter Quarantäne gestellt. Später stellte sich jedoch heraus, dass Beamte vor Ort den Geschäftsmann, der ihnen irgendeinen Gefallen nicht getan hatte, auf diese Weise bestrafen wollten. Drei Wochen lang wurde der Mann von Ärzten beobachtet. Unklar bleibt, ob dies dem Unternehmer geholfen hat. Letztendlich erfuhr die Bevölkerung aber, mit welchen Mitteln die Mediziner im Fernen Osten die atypische Lungenentzündung bekämpfen wollen. (MO)