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Satelliten im Einsatz gegen Krankheiten

27. Mai 2022

So verrückt es klingen mag: Daten aus dem All können für die Bekämpfung von Krankheiten auf der Erde extrem hilfreich sein. Wie genau hängen Erdbeobachtung und Infektionskrankheiten zusammen?

Kanada Pink Mountain in British Columbia | Satellitenbild mit Flächenbrand
Aus der Zerstörung von Wäldern können Forschende eine Prognose für die Wahrscheinlichkeit von Virusübertragungen ableitenBild: Copernicus Sentinel-2/EU/AP/picture alliance

Ich gebe es zu: Als es hieß, ich solle zum diesjährigen Living Planet Symposium gehen, das die European Space Agency (ESA) zum Thema Erdbeobachtungssatelliten veranstaltet, war ich mittelmäßig begeistert. Schon das Wort "Erdbeobachtungssatelliten" ist derart sperrig, dass ich dachte, das Thema ist nur für - im wahrsten Sinne des Wortes - abgespacete Fans und Experten interessant.

Allerdings musste ich feststellen, dass die Erdbeobachtung offenbar eine große Fangemeinde hat. 4700 Anmeldungen zählte die ESA für das fünftägige Symposium und die Besucher haben die Qual der Wahl zwischen mehr als 240 Einzelveranstaltungen. Darunter auch mehrere Vorträge zur Nutzung von Satelliten zur Erforschung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten wie Cholera, Influenza oder der Zoonose Ebola. Das klang so verrückt, dass ich neugierig wurde.

Der Mensch, der das Satelliten- und Weltraumforschungsthema aus der unendlichen Weite des Alls holte und dem zuhörenden Publikum bei der Eröffnungsveranstaltung ganz nahe brachte, war ausgerechnet ein Astronaut. Alexander Gerst erzählte, wie es sich anfühlt von oben auf den Planeten zu schauen. 

Waldbrände, Wolkenformationen, das Leuchten der Großstädte bei Nacht, riesige Flussdeltas. "Plötzlich, wenn man diese große Bild sieht, wird einem so vieles klar", sagte Gerst.

Nach dem Motto: Manchmal hilft es, sich das Gesamtbild anzuschauen, um den Details näher zu kommen. Genau diesen Ansatz machen sich Forschende zunutze, wenn sie die Bilder und Zahlen von Erdbeobachtungssatelliten für ihre Arbeit nutzen.

Zerstörter Wald, mehr Ebola

Larisa Lee-Cruz vom französischen Agrarforschungszentrum CIRAD stellte eine Studie vor, in der die Forschenden Daten von Erdbeobachtungssatelliten wie Sentinel nutzten, um den Übertragungswegen des Ebolavirus auf die Schliche zu kommen. Insgesamt sei das Wissen über die extrem tödliche Infektionskrankheit, die durch Fledermäuse übertragen wird, immer noch dürftig, so Lee-Cruz.

Durch den Vergleich von Satellitenbildern verschiedener Regionen in West- und Zentral-Afrika sind sich die Forschenden allerdings ziemlich sicher, dass Ebola besonders oft dort ausbricht, wo ehemals große Waldgebiete zerstückelt oder ganz zerstört werden und stattdessen landwirtschaftlich genutzt werden.

Gefährlich? - wie Fledermäuse Viren übertragen

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Die Satellitenbilder, die die Wissenschaftler heranzogen, veranschaulichen das Schrumpfen des Waldes in einem rund 190 km² großen Gebiet in Guinea über einen Zeitraum von zehn Jahren. Es sind Daten, die die Forschenden in ihre Untersuchungen über das Leben und Verhalten der Fledermäuse und das Risiko von Virusübertragungen auf den Menschen integrieren können.

"Mit Hilfe der Erdbeobachtung können wir nicht nur die Veränderung der Vegetation verfolgen, sondern auch Temperaturen und den Grad der Luftverschmutzung messen", sagt Rochelle Schneider, die zum Einsatz künstlicher Intelligenz in der Erdbeobachtung bei der ESA forscht. Wie sich Satellitendaten im Gesundheitswesen nutzen lassen, interessiert sie besonders. 

Für die Gesundheit der Menschen kann ein weiteres Naturereignis massive Auswirkungen haben, über das Satellitendaten Auskunft geben können: Fluten.

Cholera und Durchfall

785 Millionen Menschen weltweit haben keinen Zugang zu sauberem Wasser. Beispielsweise jene Menschen, die am Lake Vembanad im Bundesstaat Kerala in Indien leben. Mit einer Länge von rund 100 km ist der Lake Vembanad der zweitgrößte See des Landes. Und eine wahre Drecksbrühe.

Das mit Schwermetallen, Pestiziden und Mikroplastik stark verschmutzte Gewässer ist dennoch eine Touristenattraktion und die Lebensgrundlage vieler Menschen. 2018 führte ein besonders heftiger Monsun zu einer Jahrhundertflut - 500 Menschen starben, über eine Million Menschen verloren ihr Zuhause. Fluten führen außerdem häufig zu sogenannten "waterborne diseases" - durch Wasser übertragene Krankheiten.

Die Vorhersage von Überflutungen durch Satellitendaten kann extrem hilfreich sein. Wenn entsprechend gehandelt wirdBild: Md Rafayat H. Khan/Zuma/picture alliance

Neben Cholera sind auch durch Bakterien wie Escheria coli (E. coli) ausgelöste Durchfallerkrankungen die Todesursache für etwa 1,5 Millionen Menschen im Jahr. Die Verbreitung von E. coli und den daraus resultierenden Erkrankungen sei stark mit Regefällen korreliert, sagt Manuela Grippa vom Géosciences Environnment Toulouse (GET) in Frankreich.

Zusammen mit Forschenden aus Burkina Faso nutzte Grippa Satellitendaten, um Niederschlagsmengen abschätzen zu können. Zusätzlich untersuchten die Wissenschaftler gesammelte Wasserproben und werteten epidemiologische Daten zur Verbreitung von Durchfallerkrankungen in der Region aus.

Viel Wissen, zu wenig Wille?

"Satellitendaten sind vor allem in Regionen eine große Hilfe, in denen wenig andere Möglichkeiten herrschen, um Gesundheits- und Umweltdaten zu erfassen", erklärt Rochelle Schneider von der ESA.

Nach zwei Tagen auf dem Living Planet Symposium kommen mir Erdbeobachtungssatelliten wie extrem nützliche Diagnosewerkzeuge vor, die den Planeten unentwegt monitoren und vermessen.

Wie bei einem Patienten, dessen Herzinfarkt sich durch die strenge Überwachung möglicherweise voraussagen lässt, können die Satellitendaten auf drohende Katastrophen wie Fluten wertvolle Hinweise liefern.

Um die Katastrophe, ob Herzinfarkt oder Flut, dann aber tatsächlich verhindern zu können, sind allerdings Maßnahmen notwendig. Im Falle des Planeten sind das vor allem Klimaschutzmaßnahmen.

Ob es also bei der Beantwortung der Frage, wie wir einen für alle Menschen lebenswerten und gesunden Planeten erhalten, tatsächlich an Wissen und Daten mangelt oder nicht viel mehr an politischem Willen zu handeln - darauf habe ich auf dem Living Planet Symposium keine befriedigende Antwort erhalten.

 

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