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Politik

Saudi-Arabien: "Hysterie" im Fall Khashoggi

27. Oktober 2018

Ein Toter, dessen Leiche fehlt, und Berichte über einen bestialischen Mord - Gründe genug für internationale Empörung? Der saudische Chefdiplomat sieht das anders.

2 Bahrain Außenminister Adel al-Dschubeir bei einer Sicherheitskonferenz in Manama
Bild: Reuters/H. Mohammed

Saudi-Arabiens Außenminister Adel al-Dschubeir (Artikelbild) hat die Diskussion um den Tod des regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi als "hysterisch" bezeichnet. Die Öffentlichkeit mache das Königreich für die Tötung verantwortlich, noch ehe die Ermittlungen abgeschlossen seien, sagte der Chefdiplomat der Golfmonarchie bei einer Sicherheitskonferenz in Bahrain.

Er versprach, die Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen - allerdings nicht im Ausland. Saudi-Arabien weigere sich, die festgenommenen Verdächtigen an die Türkei auszuliefern. Es handele sich um saudische Staatsbürger, sagte al-Dschubeir in Bahrains Hauptstadt Manama zur Begründung. "Sie sind in Saudi-Arabien inhaftiert, die Untersuchung findet in Saudi-Arabien statt, und sie werden in Saudi-Arabien strafrechtlich verfolgt."

"Vorsätzliche Tat ohne Wissen der Führung"

Die Türkei hatte am Freitag verlangt, die 18 Verdächtigen zu überstellen, die in Zusammenhang mit dem Fall festgesetzt worden waren. Am Donnerstag hatte die saudische Generalstaatsanwaltschaft unter Berufung auf türkische Ermittlungen die Tötung Khashoggis erstmals als eine vorsätzliche Tat bezeichnet. Das Verbrechen sei aber ohne Wissen der Regierung verübt worden.

König Salman und Kronprinz Mohammed bin Salman (rechts) kondolieren der Familie von Jamal KhashoggiBild: Reuters/Saudi Royal Court/B. Algaloud

Die bis zu diesem Zeitpunkt von Riad offiziell verbreitete Version besagte, Khashoggi sei im saudischen Konsulat in Istanbul bei einem "Faustkampf" zu Tode gekommen. Zuerst hatten die saudischen Behörden ganz abgestritten, etwas über Khashoggis Verschwinden zu wissen.

Medien: Killerkommando mit Knochensäge

Die Darstellungen des Königshauses werden international stark angezweifelt. Mehrere türkische Medien hatten unter Berufung auf ungenannte Ermittler berichtet, ein saudisches Killerkommando, das eigens dafür angereist sei, habe Khashoggi in der diplomatischen Vertretung aufgelauert, ihn überwältigt, gefoltert und getötet. Dann hätten die Täter ihr Opfer zersägt. Die Leiche des saudischen Journalisten, der zuletzt im US-Exil lebte, wurde bislang nicht gefunden.

Der Regierungskritiker, der in Artikeln immer wieder auch Kronprinz Mohammed bin Salman angegriffen hatte, wollte Anfang des Monats im saudischen Konsulat Papiere für seine geplante Hochzeit abholen. Sein Verschwinden - und wie inzwischen bekannt: seine Tötung - lösten international große Empörung aus.

Proteste aus Politik und Wirtschaft

So waren mehrere führende Politiker und Unternehmensvertreter am Dienstag aus Protest einer Investorenkonferenz in Riad ferngeblieben. Auf der Tagung, die in Anlehnung an das Weltwirtschaftsforum in der Schweiz auch "Davos der Wüste" genannt wird, wurden gleichwohl Geschäfte in zweistelliger Milliardenhöhe abgeschlossen. Unter den Partnern sind auch der amerikanische Ölfeldausrüster Schlumberger und der französische Ölkonzern Total.

Deutschland und Frankreich bemühen sich um eine koordinierte Position Europas. Am Rande des Syriengipfels in Istanbul hieß es aus Kreisen des französischen Präsidenten, Sanktionen müssten auf europäischer Ebene abgestimmt sein und es solle keine unkoordinierten Schritte geben. Damit war vermutlich der deutsche Vorstoß gemeint, bis zu einer Klärung des Khashoggi-Falles sämtliche Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien zu stoppen. Emmanuel Macron hatte diese Äußerung von Bundeskanzlerin Angela Merkel als "pure Demagogie" gegeißelt. Wegen des grausamen Jemen-Kriegs sieht der aktuelle Koalitionsvertrag keine weiteren deutschen Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien vor, von einem verschärften Embargo wären jedoch auch Lieferungen betroffen, die bereits genehmigt, aber noch nicht ausgeführt worden sind.

"Tötung untergräbt die Stabilität": US-Verteidigungsminister MattisBild: Reuters/P. Wojazer

An der Seite Riads

US-Verteidigungsminister James Mattis, der wie al-Dschubeir auf der Sicherheitskonferenz in Bahrain sprach, erklärte, die Tötung Khashoggis untergrabe die Stabilität im Nahen Osten. Die Vereinigten Staaten würden Maßnahmen ergreifen, um diese Stabilität zu sichern. Details hierzu nannte er nicht.

Ebenso vermied es Mattis, den Namen des saudischen Kronprinzen bin Salman zu erwähnen. Er betonte indes, das Verhältnis zwischen Washington und Riad werde sich nicht ändern. Saudi-Arabien zählt zu den wichtigsten US-Verbündeten in der Region.

Umgekehrt ist der saudische Erzfeind Iran auch in die Schusslinie von US-Präsident Donald Trump geraten. So hatten die USA gegen internationalen Widerstand im Mai das Atomabkommen mit Teheran aufgekündigt, das die fünf UN-Vetomächte und Deutschland 2015 geschlossen hatten.

jj/jv (dpa, afp)

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