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Politik

Saudi-Arabien gegen Katar - und den Iran

Diana Hodali
6. Juni 2017

Die Golfstaaten wenden sich von Katar ab: Angeblich unterstützt das Emirat den Terrorismus. Doch geht es wirklich um den Anti-Terror-Kampf oder nicht doch um einen anderen Aspekt, der Saudi-Arabien stört?

Katar Die neuen Hochhäuser der Innenstadt von Doha
Vor der Skyline von Doha, der Hauptstadt von KatarBild: Picture alliance/AP Photo/K. Jebreili

Das US-Präsidialamt teilte mit, dass Präsident Donald Trump sich bemühen werde, die Lage am Golf zu deeskalieren. Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und auch Ägypten hatten am Montag alle diplomatischen Verbindungen zu dem kleinen Emirat Katar abgebrochen. Die Vereinigten Staaten wollten "keinen dauerhaften Bruch" zwischen den Golfstaaten, erklärte ein Vertreter der Trump-Regierung. Daher wolle man sie bei einem möglichen Treffen "in die richtige Richtung bringen".

Dabei hatte US-Präsident Trump diese Richtung bereits selber bei seinem ersten Auslandsbesuch im Mai in Riad vorgegeben und damit Saudi-Arabien in der Region den Rücken gestärkt: Trump hatte in seiner Rede Riads Erzfeind Teheran Unterstützung des Terrorismus vorgeworfen. "Der Iran finanziert, bewaffnet und bildet Terroristen, Söldner und andere extremistische Gruppen aus", sagte der US-Präsident. Außerdem müssten die arabischen Staaten sicherstellen, "dass Terroristen keinen sicheren Ort auf ihrem Staatsgebiet finden".

Grund zur Freude: Trump hat mit Saudi-Arabien in Riad im Mai einen Milliarden-Deal abgeschlossenBild: picture alliance /dpa/Saudi Press Agency

Vorwurf: Terrorismus-Unterstützung

König Salman Ibn Abd-Aziz zeigte sich gleich begeistert von Trumps Vorhaben, eine neue Front gegen den Iran zu schmieden. Und das hat das kleine Emirat Katar jetzt als erstes zu spüren bekommen:

Warum? Der offizielle Grund für den Bruch mit Doha lautet: Katar unterstütze den Terrorismus des so genannten "Islamischen Staates" (IS), die Muslimbrüder, die palästinensische Hamas sowie Terrorgruppen im saudischen Osten in der Katif-Region und in Bahrain. Riad, Abu Dhabi, Manama und Kairo werfen dem Emirat vor, die Stabilität und Sicherheit am Golf zu gefährden. US-Präsident Trump nannte das Vorgehen gegen Katar in einem Tweet "vielleicht den Anfang vom Ende" des schrecklichen Terrorismus. Er freue sich darüber, dass sein Besuch in Riad sich so schnell bezahlt gemacht habe.

Doch inoffiziell scheint es nicht so sehr um den Terrorismus zu gehen, sondern um das Verhältnis Katars zum Iran. Denn das ist besonders Saudi-Arabien schon lange ein Dorn im Auge.

Zu enge Verbindung zum Iran

Ihren Anfang nahm die neue Krise mit Doha, nachdem sich Emir Tamim bin Hamad Al Thani vor einigen Wochen angeblich positiv über Irans stabilisierende Rolle in der Region geäußert hatte. Später berichteten saudische Medien empört, Katars Außenminister habe sich im Irak mit dem Chef der Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarden getroffen. Außerdem soll Katar dem iranischen Präsidenten Hassan Rohani zu dessen Wiederwahl gratuliert haben.

Die Menschen in Katar sind verunsichert: Sie tätigen Hamsterkäufe aus Angst vor der IsolationBild: picture-alliance/AP Photo/Doha News

Sein Land lehne jede Bevormundung durch andere Golfstaaten ab, sagte der katarische Außenminister Mohammed Bin Abdulrahman Al Thani am Dienstag dem Sender Al-Dschasira. Er kündigte jedoch an, Katar wolle die Lage nicht weiter eskalieren lassen. Neben den USA hat auch Kuwait angeboten, im Streit zu vermitteln.

Mit Donald Trump wähnt Saudi-Arabien wieder einen Präsidenten an seiner Seite, der den Iran gemeinsam mit ihnen in die Schranken weisen will: Anders, als unter Präsident Barack Obama, der mit Teheran einen Atom-Deal schloss. "Wir sehen die erste Quittung der Reise Trumps nach Saudi-Arabien", sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, der Nachrichtenagentur Reuters. "Denn Saudi-Arabien setzt nach der demonstrativen Unterstützung der USA nun seine Rolle als regionale Ordnungsmacht hart durch."

Alte Rivalen - neue Rivalen

Schon lange wirft Riad seinem schiitischen Nachbarn Iran vor, sich in die Angelegenheiten des sunnitischen Königreichs einzumischen, um es zu destabilisieren und um seine Rolle im Nahen Osten auszubauen. Sie fürchten dies nicht zuletzt, weil sich die benachteiligte schiitische Minderheit im Osten Saudi-Arabiens animiert fühlen könnte, einen Aufstand anzuzetteln - genau dort, wo wichtige Ölvorräte liegen. Auch Bahrain hat Sorge vor zu viel Einfluss der Schiiten des Iran, ist doch die Führung des Landes eine sunnitische, der Großteil der Bevölkerung aber Schiiten. Zudem hat der Iran seinen Einfluss im Irak und in Syrien massiv während des Syrien-Krieges ausgedehnt. Saudi-Arabien sieht sich mehr denn je als umzingelt.

In der arabisch-islamischen Welt hat Saudi-Arabien wichtige Verbündete schon lange an sich gebunden: Die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain stehen an der Seite Riads. Ohnehin dominiert das Königreich den Golf-Kooperationsrat (GCC). Auch das autokratisch regierte Ägypten, abhängig von saudischen Milliarden-Finanzspritzen, zeigt sich meistens als treuer Partner. Obwohl auch Ägypten im vergangenen Jahr seine Beziehungen zu Teheran intensiviert hat - eigentlich zum Unmut Saudi-Arabiens.

Katar - politischer Alleingang

Der politische Alleingang des kleinen Emirats Katar mit seinen weniger als drei Millionen Einwohnern hat Saudi-Arabien schon lange gestört. Unter der Regentschaft von Scheich Hamad bin Khalifa Al Thani sind die Beziehungen zum Iran zwischen 1995 und 2013 deutlich enger geworden. Sein Sohn hat dieses Verhältnis offenbar weiterhin gepflegt - kein Wunder: Denn Katar und der Iran erheben beide Anspruch auf das größte Erdgasvorkommen am Persischen Golf, das South-Pars-Gasfeld. Sie teilen es sich. Doch einen Verbündeten hatte der Iran bisher in Katar nicht. Riad wirft Doha daher schon lange vor, seine eigenen Interessen vor die des Golf-Kooperationsrates zu stellen.

Hinzu kommt: Scheich Hamad bin Khalifa hat durch die Gründung des panarabischen Senders Al-Dschasira seinem Land einen modernen Anstrich und politisches Selbstbewusstsein verliehen. Der Sender zeigte Bilder der ersten Protestbewegungen 2011 während des so genannten Arabischen Frühlings, was in Riad für große Wut sorgte. Denn Katar machte in den arabischsprachigen Programmen seines Senders keinen Hehl daraus, dass es auf der Seite der Muslimbrüder steht. In den Augen des saudischen Klerus bedroht die Muslimbruderschaft den Machtanspruch der Wahhabiten.

Links: Ägyptens Ex-Präsident Mursi von den Muslimbrüdern. Rechts: Katars Scheich Hamad bin Khalifa Al-Thani (2012)Bild: picture-alliance/dpa

Dass Katar den IS, der sich teilweise auf die Ideologien der Wahhabiten bezieht, unterstützt haben soll, ist daher eher unwahrscheinlich und auch nicht bewiesen. Bekannt ist aber, dass sowohl katarische als auch saudische Privatleute dem IS Geld haben zukommen lassen.

Droht ein Sturz der Dynastie?

Dass Saudi-Arabien, die VAE, Bahrain und auch Ägypten Katar nun den Rücken zuwenden, ist nicht mehr nur reine Drohgebärde, sondern soll das Land in die Enge treiben. Katar ist weitgehend von Importen abhängig - besonders bei Lebensmitteln ist es auf Saudi-Arabien und die VAE angewiesen. Die Fluggesellschaft Qatar Airways darf in keinem der Länder mehr landen oder starten. Zudem hat Saudi-Arabien die katarische Armee aus ihrer militärischen Allianz im Jemen-Krieg ausgeschlossen. Auch die Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 steht aufgrund des Terrorismus-Vorwurfs wieder auf dem Prüfstand. Innerhalb des Weltverbands FIFA werden die Stimmen immer lauter, Katar als Fußball-WM-Land noch einmal zu überdenken. Auch die Zukunft des Senders Al-Dschasira ist derzeit ungewiss.

In einem offiziellen Brief soll Saudi-Arabien der herrschenden Al-Thani-Dynastie die religiöse Legitimität abgesprochen haben. Dies werten Experten bereits als einen Aufruf zum Sturz.

Der Emir von Katar steht vor der schwersten Krise seiner Dynastie. Saudi-Arabien hingegen fühlt sich von Trumps Unterstützung so beflügelt, dass es Washington sogar davon überzeugen will, seine riesige Luftwaffenbasis aus Katar abzuziehen. Die Frage, die offen bleibt, lautet jetzt, wie ausgerechnet Trump nach seinem Besuch in Riad diese Krise wieder beilegen will.

 

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