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Politik

Neuer Kronprinz, alter Stil

21. Juni 2017

In Saudi-Arabien ist Mohammed bin Salman, der Sohn König Salmans, zum Kronprinzen ernannt worden. Der junge Mann hat bereits erhebliche außenpolitische Erfahrung. Neue Ideen hat er bislang nicht vorgestellt.

Kronprinz Mohammed bin Salman
Ernennung und Absetzung: Mohammed bin Salman (l.) küsst Mohammed bin Najef (r.) die HandBild: picture-alliance/AP Photo/Al-Ekhbariya

Morgens in der Frühe ist Mohammed bin Salman zum neuen Kronprinz ernannt worden. In feierlicher Stimmung wohnten führende Mitglieder des Königshauses der Zeremonie bei, die den 31 Jahre alten Sohn des derzeitigen Königs Salman zum Thronfolger und damit politischen Erben seines Vaters macht.

Der Schritt kam nicht überraschend: MBS, wie Mohammed bin Salman kurz genannt wird, gilt als Lieblingssohn seines Vaters. Schon bevor dieser 2015 König wurde, hatte er ihn intensiv gefördert. So hatte er ihn als Gouverneur von Riad zunächst zu seinem Sonderberater und dann zum Chef des Hofes des Kronprinzen im Ministerrang ernannt. Nach der Inthronisierung hatte Salman seinen Sohn umgehend zum Verteidigungsminister gemacht - eine ideale Basis, auf der dieser seine Machtstellung innerhalb der weit verzweigten Königsfamilie ausbaute.

Verlierer ist der bisherige Kronprinz, Mohammed bin Najef, ein Neffe des amtierenden Königs. Der nahm die Entmachtung äußerlich gefasst hin, obgleich sein Familienzweig damit die direkte Thronfolge verliert. "Ich bin zufrieden", zitierten ihn saudische Medien.

Krisen und Kriege

Der Erbfolgewechsel an der Spitze des Königreichs kommt in einer politisch höchst unruhigen Zeit. Seit über zwei Jahren steht Saudi-Arabien an der Spitze einer internationalen, überwiegend aus sunnitischen Staaten bestehenden Koalition, die im benachbarten Jemen einen Krieg gegen die aufständischen Huthies führt. Politisch verantwortlich für diesen militärisch wenig erfolgreichen, dafür aber sehr blutigen Krieg ist Mohammed bin Salman, der auch als Verteidigungsminister des Königreichs fungiert und dieses Amt behält.

Akut befindet sich Saudi-Arabien in einem harten diplomatischen Konflikt mit dem benachbarten Katar. Riad wirft der Regierung in Doha vor, Gruppen wie die Muslimbrüder zu unterstützen, die aus saudischer Sicht Terroristen sind. Auch die Nähe Katars zu Saudi-Arabiens größtem konfessionellen und politischem Rivalen Iran möchte die Regierung in Riad nicht hinnehmen. Der Konflikt mit Iran spiegelt sich auch in der saudischen Politik im Syrien-Krieg. Dort engagiert sich Saudi-Arabien seit langem für die Absetzung von Machthaber Baschar al-Assad, den der Iran unterstützt.

Königliche Hoheit: Projektionen des Königs und seines Nachfolgers während eines KonzertsBild: Getty Images/AFP/A. Hilabi

Außenpolitische Kontinuität

Dass Mohammed bin Salman gerade inmitten dieser drei Krisen zum Kronprinzen ernannt wurde, steht für außenpolitische Kontinuität, glaubt Politikwissenschaftler Rodger Shanahan vom Lowy Institute for International Policy in Sydney. "Der Umstand, dass die Erbfolgefrage in dieser Zeit geregelt worden ist, ist ein Hinweis, dass diese Richtung langfristig fortgesetzt wird", so Lowy in einem Pressegespräch. Der Kronprinz habe sich bisher als "öffentlicher Fürsprecher einer starken saudischen Präsenz in der Region" gezeigt.

Dazu passt, wie Mohammed bin Salman in einem Interview mit dem Nachrichtensender Al-Arabija Anfang Mai seine außenpolitische Linie umrissen hat. "Niemand will, dass der Krieg weitergeht", sagte er über die Kämpfe im Jemen. Doch als sich das Königreich vor über zwei Jahren entschloss, im Nachbarland militärisch einzugreifen, habe es "keine Wahl" gehabt. Terroristische Gruppen hätten die legitime Regierung angegriffen. Wäre Saudi-Arabien nicht eingeschritten, hätten sie die Sicherheit der gesamten Region gefährdet.

Machtkampf mit dem Iran

Zwar erwähnte der nun frisch gekürte Kronprinz Iran nicht im Zusammenhang mit dem Jemen-Krieg, aber er tat seine Haltung zu dem Rivalen wenig später kund. "Wie sollten wir mit dem Iran kommunizieren?" fragte er rhetorisch. Das ganze System des Gottesstaates gründe auf dem Glauben an den Mahdi, den in der Endzeit der Erde zurückkehrenden Nachkommen des islamischen Religionsstifters Mohammed.

"Das Regime wird seine Einstellung nicht über Nacht ändern", kommentierte er die Ideologie des Nachbarstaats. "Andernfalls hätte es keine Legitimität mehr." Mohammed bin Salman ging nicht darauf ein, dass auch Saudi-Arabien wegen seiner extrem konservativen Staatsreligion, des Wahhabismus, international in der Kritik steht. Immer wieder wird dem Königreich vorgeworfen, seine fundamentalistische Ideologie in weite Teile der Welt - auch nach Europa - zu exportieren.

Saudi-Arabiens größter Rivale: Iran - hier Ayatollah Ali Khamnei, das geistliche Oberhaupt des LandesBild: Khamenei.ir

Gegenüber dem Iran ist das Regime in Riad beseelt von einem "Misstrauen, das immer wieder in paranoiden Hass, eine Art 'Iranoia' beziehungsweise eine Iran-Obsession abgleitet", diagnostiziert der Politikwissenschaftler und Saudi-Arabien-Experte Sebastian Sons von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. 

Die Spannungen zwischen beiden Ländern sieht er vor allem machtpolitisch begründet. "Die Schwergewichte sehen sich als Nummer eins in der Region und dulden keinen Rivalen neben sich. Sie wollen Macht. Und sie wollen diese Macht nicht mit anderen teilen - und schon gar nicht mit dem verhassten Kontrahenten."

Dass sich dieser außenpolitische Stil mit dem neuen Kronprinzen und künftigem König Saudi-Arabiens ändert, ist zweifelhaft. Mohammed bin Salman werden gute Kontakte zu US-Präsident Donald Trump nachgesagt, der einen klaren Konfrontationskurs gegen den Iran fährt. Mohammed bin Salman dürfte sich in seiner Politik bestärkt fühlen.

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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