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PolitikAsien

Saudi-Arabien und Iran auf Annäherungskurs?

11. Mai 2021

Die direkten Kontakte zwischen den mächtigen Rivalen könnten zur Entspannung am Golf führen. Dazu trägt auch die Neu-Justierung der US-Politik bei.

Bildkombo | Mohammed bin Salman und Hassan Rohani

Nach längerem Schweigen hat der Iran zum ersten Mal Medienberichte über direkte Gespräche mit dem regionalen Rivalen Saudi-Arabien bestätigt. "Eine Deeskalation der Spannungen zwischen den beiden muslimischen Ländern am Persischen Golf liegt im Interesse beider Nationen und der Region", sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Said Chatibsadeh, am Montag bei einer Pressekonferenz. Man habe sowohl über bilaterale als auch über regionale Themen gesprochen, es sei jedoch noch zu früh, um Ergebnisse zu verkünden.

Die Regierung in Teheran, die zur Zeit auch in Wien über die Zukunft des Atomabkommens verhandelt, ist allerdings nur noch einige Wochen im Amt. Mitte Juni stehen Präsidentschaftswahlen an.

"Vorsichtiger Weg der Deeskalation"

Zu den Gründen für die Annäherung sagt der Iran-Experte Adnan Tabatabai vom Bonner Beratungs- und Forschungsverein für den Orient, Carpo: "Nach der drastischen Eskalation der Sicherheitslage in der Region des Persischen Golf im Jahre 2019 und der verheerenden Auswirkung der Covid-19-Pandemie seit 2020 scheinen sowohl Teheran als auch Riad zu erkennen, dass man den Weg der Deeskalation gehen muss. Doch es ist ein sehr fragiler Prozess, den es politisch zu schützen gilt, damit alle Beteiligten den unmittelbaren Nutzen sehen und ihr politisches Gesicht innen- und außenpolitisch wahren können."

Iran und Saudi-Arabien ringen um die Vorherrschaft in der islamischen Welt im Allgemeinen und in der Region im Besonderen

Tabatabai vermutet, dass sich die Regierung Rohani von der Eröffnung eines Dialogs mit Riad auch Unterstützung für das Zustandekommen eines erneuerten Atomabkommens und damit einer Beendigung der US-Wirtschaftssanktionen erhofft. Die Zukunft des Abkommens hängt nach dem einseitigen Ausstieg der USA unter Donald Trump und der darauf folgenden Serie von Verstößen durch Teheran in der Schwebe.

Vergangene Woche hatte bereits der irakische Präsident Barham Salih bestätigt, dass Vertreter der beiden gegnerischen Länder direkte Gespräche geführt hätten. Diese hätten "mehr als einmal" im Irak stattgefunden. Persönliche Kontakte des Premierministers Kadhimi und eine gute Koordination mit seinem Vorgänger Adel Abdul-Mahdi haben wohl geholfen, die direkten Gespräche zwischen Iran und Saudi-Arabien in Bagdad einzufädeln, vermutet Tabatabai. 

Phase erhöhter Spannungen

Iran und Saudi-Arabien ringen um die Vorherrschaft in der islamischen Weltim Allgemeinen und in der Region im Besonderen, wo beide Seiten in mehreren Konflikten auf gegnerischen Seiten stehen. Auch im Irak ringen kämpfen sie um Einfluss. Dort steht einer Minderheit von Sunniten (37 Prozent) eine Mehrheit von Schiiten (60 Schiiten) gegenüber. Der Iran betrachtet sich als Schutzmacht der Schiiten, Saudi-Arabien als Schutzmacht der Sunniten.

Seit 2016 haben Iran und Riad keine diplomatischen Beziehungen mehr. Erbost von der Hinrichtung des schiitischen Geistlichen Nimr Baker al-Nimr in Saudi-Arabien hatten damals in Teheran konservative Demonstranten die saudische Botschaft gestürmt und Teile des Gebäudes in Brand gesetzt. Es folgte der Abbruch der bilateralen Beziehungen.

Als Antwort auf die "Politik des maximalen Drucks" der USA und verschärfte Sanktionen drohte der Iran sogar, den Öl-Export aus dem Persischen Golf zu stoppen. Im September 2019 wurden durch Angriffe mit Drohnen und Marschflugkörpern zwei große Anlagen der saudi-arabischen Ölgesellschaft Saudi Aramco schwer beschädigt. In der Folge brach die saudische Ölförderung um die Hälfte ein. Zwar hatten sich die vom Iran unterstützten Houthi-Rebellen aus dem Jemen zu dem Anschlag bekannt. Die US-Regierung sah die Urheber aber in Teheran und Präsident Trump erklärte sich zu einer Vergeltungsaktion gegen Iran bereit.

In der Ära Trump: Uneingeschränkte US-Unterstützung für Saudi-ArabienBild: Picture alliance/Zumapress/S. Craighead

Die USA verstärkten ihre Truppen in der Region. Die Spannungen im Nahen Osten eskalierten weiter, bis hin zur Tötung des iranischen Generals Kassem Soleimani durch eine US-Rakete in Bagdad Anfang 2020.

Saudi-Arabien entdeckt die Diplomatie

Mit dem Amtsantritt von Joe Biden kam eine Wende in der amerikanischen Nahost-Politik. Biden kritisierte deutlich den Krieg Saudi-Arabiens im Jemen und entzog Riad die Unterstützung der USA dafür. Zugleich begann er Verhandlungen mit dem Iran über eine Wiederbelebung des Atomabkommens von 2015. In diesem veränderten internationalen Umfeld teilte der saudische Thronfolger Mohammed bin Salman Ende April mit, dass er gute Beziehungen zu Teheran anstrebe und sich einen wohlhabenden Nachbarn wünsche. Man setzte auf die regionale Diplomatie, sagte er im saudischen Fernsehen.

Die Nahost-Expertin Sanam Vakil von der britischen Denkfabrik Chatham House sieht auch im Jemen-Konflikt inzwischen eine mögliche Annäherung zwischen Riad und Teheran, wie sie gegenüber der DW sagt: "Riad bemüht sich eindeutig um die Unterstützung des Irans, wenn nicht sogar um Hilfe, um den Jemen-Krieg zu beenden. Dies allerdings würde erfordern, dass Teheran die Houthis an den Verhandlungstisch bringt, wenn es das schafft." 

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