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Schäuble dämpft Erwartungen an Hartz IV

13. Februar 2010

In der Debatte um die Folgen aus dem Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat die Bundesregierung Hoffnungen auf höhere Regelsätze gedämpft. Finanzminister Schäuble warnt vor einer Ausweitung des Sozialstaates.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (Foto: AP)
Wolfgang Schäuble will den Bundeshaushalt nicht weiter belastenBild: AP

"Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich nicht gesagt, die Hartz-IV-Sätze seien unzureichend", sagte Schäuble der "Frankfurter Rundschau" am Samstag (13.02.2010). Auf die Frage, ob er damit höhere Leistungen für Langzeitarbeitslose ausschließe, antwortete der CDU-Politiker: "Ich glaube, Sie haben mich nicht falsch verstanden." Er erwarte jedenfalls keine Auswirkungen des Urteils auf den Bundeshaushalt.

Deutlich warnte der Finanzminister vor einer Ausweitung des Sozialstaates. "Wir dürfen den Grundgedanken von Hartz IV nicht aus den Augen verlieren: Die notwendigen Sozialleistungen dürfen die Aufnahme von Arbeit nicht unattraktiv machen", sagte Schäuble. Nach seinen Angaben gibt der deutsche Staat pro Jahr eine Billion Euro für Sozialleistungen aus, 12.500 Euro pro Kopf.

Schäuble contra von der Leyen

Ursula von der Leyen will mehr Geld für Kinder von LangzeitarbeitslosenBild: AP

Damit stellt Schäuble sich gegen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die mehr Geld für Kinder von Langzeitarbeitslosen gefordert hatte. Das Bundesverfassungsgericht habe klar gemacht, dass das "Existenzminimum in unserem Sozialstaat gesichert sein" müsse, sagte die Bundesarbeitsministerin der "Bild am Sonntag". Es gehe um die Würde des Menschen.

Die Verfassungsrichter hatten am Dienstag die bisherige Berechnung der Regelsätze für rund 6,7 Millionen Hartz-IV-Empfänger für verfassungswidrig erklärt, da das Recht auf ein "menschenwürdiges Existenzminimum" nicht gesichert sei. Die Regelsätze für Erwachsene und Kinder müssen nun bis zum Jahresende komplett neu berechnet werden.

Die Verfassungsrichter aus Karlsruhe stellen die Regierung vor neue RechenaufgabenBild: AP

Debatte um Westerwelle hält an

FDP-Chef Guido Westerwelle steht wegen seiner scharfen Äußerungen in der Hartz-IV-Debatte weiterhin parteiübergreifend in der Kritik. Westerwelle hatte erklärt, die Debatte um Langzeitarbeitslose trage "sozialistische Züge". Nach dem Karlsruher Hartz-IV-Urteil hatte er in einem Zeitungsartikel zudem beklagt, es scheine in Deutschland "nur noch Bezieher von Steuergeld" zu geben, aber "niemanden, der das alles erarbeitet". Wer "anstrengungslosen Wohlstand" verspreche, lade zu "spätrömischer Dekadenz ein".

Guido Westerwelle hat sich ins Abseits geredetBild: AP

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) wies die Äußerungen über Langzeitarbeitslose zurück. "Die allermeisten Hartz-IV-Empfänger sind ernsthaft und immer wieder bemüht, Arbeit zu finden", sagte Tillich der "Leipziger Volkszeitung".

Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler erläuterte in der Zeitung "Die Welt": "Die spätrömische Dekadenz bestand darin, dass die Reichen nach ihren Fressgelagen sich in Eselsmilch gebadet haben und der Kaiser Caligula einen Esel zum Konsul ernannt hat." Insofern stimme Westerwelles Vergleich. "Vor 100 Tagen ist ein Esel Bundesaußenminister geworden", sagte Geißler.

Autor: Michael Borgers (epd, AFP, dpa)

Redaktion: Annamaria Sigrist

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