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Schäuble will keine Bootsflüchtlinge aufnehmen

17. Juli 2009

Bundesinnenminister Schäuble hat Forderungen der Mittelmeerländer zurückgewiesen, Bootsflüchtlinge über die gesamte EU zu verteilen. Er verwies auf die hohe "Vorbelastung" Deutschlands bei der Aufnahme von Flüchtlingen.

Boot voller Flüchtlinge vor Teneriffa (Foto: dpa)
Das Boot ist voll?Bild: picture-alliance/ dpa

Innenminister Wolfgang Schäuble führte bei informellen Beratungen der EU-Innenminister in Stockholm die Aufnahme Hunderttausender Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien in den 90er-Jahren ins Feld. Vor diesem Hintergrund müsse man "unseren Partnern gelegentlich sagen, dass Deutschland eine höhere Vorbelastung als jeder andere hat", sagte der CDU-Politiker am Donnerstag (16.07.2009) in der schwedischen Hauptstadt.

Die Minister vertagten den EU-internen Streit um die Aufnahme von Bootsflüchtlingen, nachdem sie sich nicht auf Richtlinien für eine Unterstützung der Mittelmeerstaaten verständigen konnten. Den Beratungen lag das so genannte Stockholm-Programm der EU-Kommission zugrunde, das die Leitlinien für die Innen- und Justizpolitik der kommenden fünf Jahre enthält.

Darin heißt es unter anderem: "Es muss eine geteilte Verantwortung für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen geben." Schäuble sagte dazu, dies sei "ein langer Weg". Die Europäische Union müsse auf dem Weg zu einer einheitlichen Aufnahme- und Asylpraxis "Schritt für Schritt vorangehen".

67.000 Flüchtlinge im vergangenen Jahr

Länder wie Italien, Griechenland, Malta oder Zypern hatten eine Entlastung der Mittelmeer-Anrainer gefordert, an deren Küsten jährlich Zehntausende Flüchtlinge stranden. Allein im vergangenen Jahr kamen mehr als 67.000 Bootsflüchtlinge über das Mittelmeer nach Europa, die meisten aus Afrika.

Frankreich kündigte am Rande des Treffens an, im kommenden Jahr 92 Flüchtlinge aus Malta aufzunehmen. Einwanderungsminister Eric Besson sagte, er hoffe, dass andere EU-Staaten dem Beispiel seines Landes folgen würden.

Bisher nur freiwillige "Umverteilung" von Flüchtlingen

Zur geteilten Verantwortung in der EU ist es laut Wolfgang Schäuble noch ein langer WegBild: AP

Der für Einwanderung zuständige EU-Kommissar Jacques Barrot warb in Stockholm für eine Vereinheitlichung der Asylpraxis. "Damit können wir denen helfen, die Hilfe wirklich nötig haben", betonte er.

Im vergangenen Juni hatten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs auf "freiwillige Maßnahmen zur internen Umverteilung" von Flüchtlingen verständigt. Zypern und Italien kritisierten diese Einigung jetzt als nicht ausreichend.

Pro Asyl kritisiert Griechenland

Menschenrechtler hatten im Vorfeld der Beratungen Deutschland und andere nördliche EU-Staaten aufgefordert, mehr Bootsflüchtlinge aus dem Mittelmeerraum bei sich aufzunehmen. Die Hilfe des Auslands sei "ein Gebot der Menschlichkeit und der Solidarität", erklärte die Organisation Pro Asyl.

Besonders kritisch ist laut Pro Asyl die Situation in Griechenland. Dort würden eintreffende Flüchtlinge ausnahmslos inhaftiert, berichtet der Europareferent der Organisation, Karl Kopp. Die Haftzentren seien brechend voll. Nach einer Gesetzesänderung drohe den Menschen eine Haft von bis zu sechs Monaten, das sei doppelt so lange wie bisher. In Athen seien zudem rechtsradikale Bürgerwehren unterwegs, die Flüchtlinge und Migranten von öffentlichen Plätzen vertrieben. Besonders hart treffe es Minderjährige: Tausende von ihnen irrten ohne Geld und ohne Obdach durch das Land. (gri/qu/ap/afp/epd)

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