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Schäuble will Europäischen Währungsfonds

21. April 2017

Schon länger plant die Bundesregierung, künftige Rettungspakete für Euro-Länder ohne den IWF zu stemmen. Geht es nach Finanzminister Schäuble, sollte ein Europäischer Währungsfonds schon in "absehbarer" Zeit kommen.

Logo Zentrale IWF in Washington
Bild: DW/A.Becker

Ein Europäischer Währungsfonds sollte nach Aussage von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundesbank-Präsident Jens Weidmann auch die Haushalte der Euro-Länder überwachen. "Das ist der Sinn", sagte Schäuble am Freitag in Washington am Rande der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Bundesbank-Präsidenten. 

Weidmann zufolge könnte ein solcher Fonds natürlich auch eine Rolle spielen bei der Überwachung der Haushaltsregeln in Europa. Eine Übertragung der Haushaltsüberwachung von der EU-Kommission auf eine solche unabhängige Behörde könne durchaus Vorteile haben. In der Vergangenheit wurde der EU-Kommission häufig Nachgiebigkeit aus politischen Gründen vorgeworfen.

Schäuble bekräftigte, dass der angestrebte Europäische Währungsfonds in "absehbarer Zeit" errichtet und dazu der bestehende Euro-Rettungsfonds ESM ausgebaut werden sollte. Es gehe um mögliche künftige Rettungsprogramme in der Eurozone, die ohne den IWF gestemmt werden sollten.

Die deutsche Angst vor der Schuldenhaftung

Die "mangelhafte Konstruktion" der EU, die jetzt leider nicht durch Vertragsänderungen abgebaut werden könne, würde so ein Stück weit berücksichtigt, sagte Schäuble. Dem IWF wiederum werde signalisiert, dass ein Ende der Hilfsmaßnahmen für Euro-Länder absehbar sei. Das erleichtere im IWF die Debatte. Aber beim aktuellen Griechenland-Programm müsse der IWF an Bord bleiben.

Scharfer Widerspruch zur Idee eines Europäischen Währungsfonds kam von der FDP. Parteichef Christian Lindner sprach von einer "roten Linie" für eine mögliche Koalition mit der Union: "Es darf keinen endgültigen deutschen Kurswechsel in der europäischen Stabilitäts- und Fiskalpolitik geben." Der IWF werde gerade von stabilitätsorientierten Ländern wie Deutschland benötigt, damit diese Staaten bei einer drohenden Vergemeinschaftung von Schulden nicht überstimmt werden könnten, sagte Lindner.

Kritik an der Geldpolitik der EZB

Seine am Donnerstag geäußerte Kritik an der Europäischen Zentralbank (EZB) verteidigte der Bundesfinanzminister: "Die habe ich mir gut überlegt", sagte Schäuble. Er sei sich klar, dass seine Forderung nach einem EZB-Kurswechsel nicht überall auf Zustimmung stoße. Der Zeitpunkt sei aber geeignet, sich so zu äußern.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann lehnte es ab, Stellung zu Schäubles Äußerungen zu nehmen. Er unterliege als EZB-Ratsmitglied derzeit der Schweigepflicht. An seiner Grundauffassung habe sich aber nichts geändert. Weidmann ist intern einer der größten Kritiker des ultra-lockeren Kurses von EZB-Chef Mario Draghi.

Exportüberschuss kein Thema bei G20

Der von den USA und dem IWF zuletzt heftig kritisierte deutsche Exportüberschuss habe in den G20-Beratungen keine Rolle gespielt, sagte der Finanzminister. Deutschlands Exportstärke steht seit längerem international in der Kritik. Da die Bundesrepublik wesentlich mehr Güter und Waren ausführt als importiert, fürchten Ökonomen wirtschaftliche Ungleichgewichte. Sie fordern mehr staatliche Ausgaben.

Jens Weidmann (links) und Wolfgang Schäuble bei einem früherem gemeinsamen Termin im Jahr 2015 in DresdenBild: picture-alliance/dpa/J. Woitas

Einigung im Streit um freien Welthandel?

Unter den führenden Industrie- und Schwellenländern (G20) zeichnet sich indes in der Handelspolitik nach der Blockade der USA eine gemeinsame Linie ab. Bundesfinanzminister Schäuble macht im Vergleich zum Treffen vor einem Monat in Baden-Baden "in der Tendenz eine deutliche Verbesserung" aus. Er glaube daher, dass es bis zum G20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs Anfang Juli in Hamburg zum Thema Freihandel und Protektionismus eine "unkonfrontative Lösung" geben werde, sagte der Minister in Washington.

Beim Treffen der G20-Finanzminister und -Notenbankchefs in Baden-Baden hatten die USA in der gemeinsamen Abschlusserklärung ein klares Bekenntnis zum Freihandel und gegen Marktabschottung abgelehnt. Hintergrund ist die "America-First"-Politik unter US-Präsident Donald Trump, der vor allem die heimische Wirtschaft stärken möchte. Deutschland hat in diesem Jahr den G20-Vorsitz.

In Washington kamen die G20 am Rande der Frühjahrstagung des Internationalem Währungsfonds (IWF) erneut zu Beratungen zusammen. Eine Abschlusserklärung sollte es aber nicht geben.

"Dafür brauchen wir die USA"

Bundesbank-Präsident Weidmann verwies darauf, dass der IWF in einer zunehmenden Abschottungspolitik ein Risiko für die Weltwirtschaft sehe. Die Debatte der politischen Risiken werde noch einen breiten Raum einnehmen. Handelsbeschränkungen schadeten nicht nur Handelspartnern, sondern auch den Ländern selbst. So würden etwa Einfuhren für amerikanische Verbraucher teurer.  

Schäuble betonte, die großen Herausforderungen weltweit könnten nur durch Kooperation angegangen werden. "Dafür brauchen wir die USA", sagte er. "Und das haben wir versucht - mit all den guten Argumenten, die wir haben - allen, die uns zuhören wollten, nahezubringen."

"Wir sind auf alles vorbereitet"

Jens Weidmann sagte bei der Pressekonferenz mit Blick auf die anstehende Präsidentenwahl in Frankreich, die derzeit die Anleger an den Börsen nervös macht: "Sie können grundsätzlich davon ausgehen, dass wir immer auf alles vorbereitet sind." Es handele sich aber hier um "ein politisches Thema, dessen Konsequenzen auch von Frankreich und von den Franzosen gelöst werden müssen und nicht von den Notenbanken gelöst werden können".

dk/kle (dpa/rtr)

 

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