Seit 2013 ist Magnus Carlsen Schach-Weltmeister und die unbestrittene Nummer eins. In Dubai spielt er in den nächsten drei Wochen gegen den Russen Jan Nepomniachtchi - ein gefährlicher Gegner für den Dauertitelträger.
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Magnus Carlsen ist immer für einen guten Spruch gut. "Mein größter Vorteil in diesem Match ist, dass ich besser Schach spiele", so der Weltmeister in der Zeitschrift "New in Chess". Dabei weiß der Norweger natürlich, dass ihm die aktuelle Nummer fünf der Weltrangliste durchaus gefährlich werden kann. Schon als Jugendliche spielten die beiden regelmäßig gegeneinander - meistens gewann der Russe. Man kennt sich also. 2012 haben die beiden sogar einmal zusammen trainiert. Zuletzt tat sich Carlsen immer wieder schwer, wenn es gegen den 31-jährigen Großmeister aus Moskau ging.
Schnelle Züge
Der Herausforderer hat also eine Chance gegen den Dominator der Schach-Szene. "Nepomniachtchi hat eine Stärke, die fast alle anderen nicht haben: Schnelligkeit", erklärt Rustam Kasimjanov, einer der erfahrensten Trainer bei Schach-Weltmeisterschaften. Nepomniachtchi mache viele gute Züge in weniger als einer Minute, so Kasimjanov, der 2018 den unterlegenen WM-Finalisten Fabiano Caruana aus den USA gecoacht hat, "dann kommt Carlsen nicht zur Ruhe und das macht dann alles viel komplizierter."
Der schnell denkende Nepomniachtchi ist im Spitzenschach seit vielen Jahren eine feste Größe. Doch lange hatte es so ausgesehen, als ob "Nepo" den Sprung nach ganz oben verpassen würde - zu wechselhaft seine Leistungen, denn auf überzeugende Siege folgten immer wieder klare Niederlagen. Wer schnell zieht, macht auch Fehler. Nur eines war immer klar: Wenn Jan Nepomniachtchi am Brett sitzt, dann wird es interessant - und gefährlich für die Gegner. So war es auch 2020 und 2021 beim Kandidaten-Turnier - mit viel Offensivdrang setzte er sich dabei auch gegen den eigentlich als stärker eingeschätzten Vize-Weltmeister Caruana durch.
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Anfangsoffensive oder gegenseitiges Belauern?
Beim WM-Kampf gegen Magnus Carlsen ist jetzt ein langer Atem gefragt. Ab dem 26. November 2021 treten die beiden insgesamt vierzehnmal gegeneinander an. Unterstützt von Trainerteams und Schach-Computern werden sich die beiden Kontrahenten wohl erst einmal Runde für Runde belauern, Remis-Partien sind der Normalfall bei einer Schach-WM. Dennoch hat sich Carlsen für die ersten Partien einiges vorgenommen. Der erfahrene Champion aus Norwegen rechnet damit, dass Nepomniachtchi sich erst einmal auf die ungewohnte Situation einstellen muss: "Als amtierender Weltmeister habe ich eine gute Chance, gleich zum Start zu punkten", verriet Carlsen in einem Podcast seines Sponsors.
Insgesamt scheint der Weltmeister recht entspannt in den WM-Kampf zu gehen: So spielte der Titelverteidiger in den letzten Wochen weiter regelmäßig Online-Blitzschach und fand sogar Zeit für einen Besuch in Dortmund bei Norwegens Fußball-Star Erling Haaland.
Dubai: Schach als Business
Auch jenseits des Schachbretts hat sich Magnus Carlsen inzwischen eine gute Position erarbeitet. In den vergangenen beiden Corona-Jahren nutzte er die Verlagerung des Schachsports ins Internet, um sich und seinem Sport neue Geldquellen zu erschließen. Mit einer inzwischen börsennotierten Firma organisiert er regelmäßig Online-Turniere für die Weltklasse. Nebenbei hat er mehrere Internet-Portale und einen Schach-Verlag aufgekauft. Dass inzwischen mehr Geld im Schach-Business zu verdienen ist, spiegelt sich auch im Preisfond bei der WM wider: Mit zwei Millionen Euro geht es in Dubai diesmal um doppelt soviel Geld wie vor drei Jahren.
Für Ullrich Krause, dem Präsidenten des Deutschen Schachbunds und bekennenden Carlsen-Fan, ist diese Entwicklung positiv: "Wir Schachspieler können nur dankbar sein, dass wir einen Weltmeister haben, der sich so gut präsentiert und verkauft", so Krause. Auch mit dem lukrativen Wüsten-Spielort Dubai, der wegen der Menschenrechtslage am Golf in der Kritik steht, hat er kein Problem: "Schöner wäre die Ausrichtung der WM an einem anderen Ort, aber solange die Spielbedingungen in Ordnung sind, habe ich keine Bedenken." Derweil will Krause den Schach-Boom nutzen und sich nun auch in Deutschland verstärkt auf die Suche nach potenten Sponsoren machen: "Dass wir alle unsere Ziele ehrenamtlich erreichen, ohne Geld in die Hand zu nehmen, das ist ja ein Irrglaube."
Deutscher Hoffnungsträger
Dem traditionell eher bedächtig agierenden Deutschen Schachbund einen Schub geben, könnte jetzt ein junger Spieler aus dem Örtchen Saulheim bei Mainz. Vincent Keymer ist gerade einmal 17 Jahre alt, macht im kommenden Jahr Abitur und ist seit einigen Wochen die neue Nummer eins im deutschen Schach. Vor zwei Jahren verlor Keymer seine bisher einzige Partie gegen den großen Norweger nur ganz knapp. Keymer habe gute Aussichten, bald die Top-10 zu erreichen, so die Prognose von Schachbund-Chef Ullrich Krause. Bis dahin drückt Deutschlands oberster Schachspieler aber erst einmal die Daumen für den amtierenden Weltmeister: "Carlsen gewinnt. Nepomniachtchi ist nicht so konstant. Es zeichnet Carlsen aus, dass er in diesen angespannten Situationen besonders stark ist."
Schach-WM 2018: Magnus Carlsen bleibt Weltmeister
Spitzenschach auf Augenhöhe: Zwölf Runden lang belauerten sich Magnus Carlsen (Norwegen) und Fabiano Caruana (USA) in London - lange ohne Sieger. Die Entscheidung brachte einmal mehr das Schnellschach. Ein Rückblick.
Bild: Imago/Bildbyran
1. Partie: Carlsen lässt Caruana nach 115 Zügen entwischen
Dramatik zum Auftakt: Der Weltmeister geht mit Schwarz schnell zum Gegenangriff über. Doch mit viel Glück und Geschick kann sich Caruana noch in ein Remis retten. Von dieser Enttäuschung kann sich Carlsen in den kommenden Wochen nur schwer erholen.
Bild: Reuters/P. Childs
2. Partie: Caruana überrascht den Weltmeister
Keine leichte Partie für Weltmeister Magnus Carlsen: Auch in der zweiten Runde der Schach-WM teilten er und Fabiano Caruana die Punkte. Doch der Herausforderer zeigte das bessere Schach und Carlsen musste den Rückwärtsgang einlegen.
Bild: Imago/Bildbyran/F. Varfjell
3. Partie: Magnus Carlsen und Fabiano Caruana belauern sich weiter
Wieder die "Rossolimo-Variante": Immer, wenn Fabiano Caruana die weißen Steine führte, gab es in London einen spannenden Zweikampf. Nach einer wechselvollen Partie einigten sich Norwegens Weltmeister und der US-Herausforderer auf Remis.
Bild: Imago/Bildbyran/F. Varfjell
4. Partie: Weltmeister Carlsen ohne Rezept gegen Caruana
Nicht einmal drei Stunden benötigten die beiden Großmeister, bevor sie sich die Hände zum Unentschieden reichten. "Das war sicher nicht die wichtigste Partie des Wettkampfs", lautete dann auch Caruanas Fazit des kurzen Arbeitstages. Abseits des Bretts sorgte ein Video für Gesprächsstoff.
Bild: picture-alliance/dpa/FIDE
5. Partie: Magnus Carlsen und Fabiano Caruana setzen jetzt auf Angriff
Schon nach sechs Zügen war klar, dass beide Spieler sich diesmal vorgenommen hatten, aufs Ganze zu gehen. Mit einem Bauernopfer - einem so genannten Gambit - sorgte Fabiano Caruana sofort für Spannung auf dem Brett. Carlsen hält dagegen.
Bild: Imago/Bildbyran/F. Varfjell
6. Partie: Weltmeister Carlsen rettet sich nach 80 Zügen
Das war knapp: In der sechsten Runde geriet der Titelverteidiger in der bisher spannendsten Partie an den Rand einer Niederlage. Die Schach-WM zwischen Magnus Carlsen und Fabiano Caruano entwickelt sich zu einer Nervenschlacht.
Bild: Imago/Bildbyran/F. Varfjell
7. Partie: Es läuft nicht rund bei Carlsen
Etwas ratlos wirkte Magnus Carlsen, nachdem er auch diesmal keinen entscheidenden Vorteil gegen seinen Herausforderer Fabiano Caruana herausspielen konnte. "An einem anderen Tag, in einem anderen Jahr, hätte ich vielleicht einen Weg gefunden, mehr Druck zu machen", gab der Weltmeister in der Pressekonferenz nach der Partie zu.
Bild: picture-alliance/dpa/Fide/Fetisova.Photos
8. Partie: Offener Schlagabtausch
Schon nach den ersten Zügen war klar: Dieses mal geht Fabiano Caruana aufs Ganze. Zum ersten Mal steuerte der US-Amerikaner eine offene Variante der Sizilianischen Verteidigung an - eine Zugfolge, bei der beide Seiten weniger auf Sicherheit und dafür mehr auf Angriff und Gegenangriff aus sind. Ein abenteuerlicher Verlauf der Partie folgte.
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10. Partie: Caruana verpasst die Chance, in Führung zu gehen
Ein geschockt wirkender Magnus Carlsen konnte nicht fassen, dass er am Ende in der zehnten Runde fast sogar noch verloren hätte. Auf jeden Fall wird diese Partie als eine der spannungsreichsten Remis-Partien in die WM-Geschichte eingehen - am Ende gab es dennoch nur ein weiteres heftig umkämpftes Unentschieden.
Bild: Reuters/P. Childs
11. Partie: Magnus Carlsen erreicht mit Weiß wieder nichts
Enttäuschung für die Fans: Auch in der elften Runde der Schach-WM teilten die beiden besten Schachspieler der Welt die Punkte. Damit steht es eine Runde vor Schluss 5,5: 5,5. Die Entscheidung ist weiter völlig offen.
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12. Partie: Taktisches Remis empört die Schach-Szene
Abruptes Ende: Titelverteidiger Magnus Carlsen bot seinem Gegner in guter Stellung Remis an - was Fabiano Caruana erleichtert annahm. "Es war heute nicht mein Ziel, das Spiel zu verschärfen - das Remis ist ein zufriedenstellendes Ergebnis für mich", sagte Carlsen, der sich im Stichkampf die besseren Chancen ausrechnet.
Bild: Reuters/P. Childs
Stichkampf: Armageddon in London?
Verlängerung bei der Schach-WM: Nachdem Weltmeister Magnus Carlsen und Herausforderer Fabiano Caruana zwölfmal Remis gespielt hatten, fällt die Entscheidung im Stichkampf. Die Spieler mobilisierten die letzten Reserven.
Bild: picture-alliance/dpa/D. Lipinski
Stichkampf: Carlsen denkt schneller und bleibt Weltmeister
Nach nur drei Stunden war die WM entschieden: 3:0 lautete das klare Ergebnis in London. Sein US-amerikanischer Gegner Fabiano Caruana konnte seine gute Form aus den zwölf Runden im klassischen Schach nicht in die Schnellschach-Phase mitnehmen. "Fabiano ist der beste Spieler, gegen den ich bisher spielen musste", lobte Carlsen nach dem Stichkampf seinen Gegner.