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Schadet die Energiewende der Industrie?

Mathias Bölinger19. Februar 2013

Bisher sind energieintensive Unternehmen von der Umlage zur Finanzierung der Energiewende in Deutschland befreit. Die Politik möchte das ändern. Doch eine aktuelle Studie warnt genau davor.

Windräder drehen sich vor den Kühltürmen eines Braunkohlekraftwerks in Brandenburg (Bild: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Energiewende verunsichert viele Unternehmen und könnte dem Industriestandort Deutschland schaden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Befragt wurden 1500 Unternehmen aller Branchen, besonderes Augenmerk legt die Studie auf die energieintensiven Branchen Chemie, Papier, Glas und Keramik sowie Metall.

"Wir sehen hier schon seit Anfang des Jahrtausends, dass die Nettoinvestitionen in den energieintensiven Branchen negativ sind", erläutert Michael Hüther, Direktor des IW. "Es wird weniger investiert, als es dem normalen im Produktionsprozess entstehenden Werteverschleiß entspricht. Insofern kann man das schon als einen Verlust für den Standort Deutschland verstehen."

Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln (kurz: IW)Bild: picture alliance/ZB

Regierung möchte Industrie stärker heranziehen

Seit mehr als zehn Jahren fördert Deutschland den Umstieg von Atomstrom, Kohle und Gas auf erneuerbare Energien mit einer Umlage. Der Staat garantiert den Erzeugern von Ökostrom einen festen Preis, damit sich ihre Investition lohnt. Weil dieser Preis über dem Marktpreis liegt, muss ein Zuschuss gezahlt werden, und der wird über eine Zusatzgebühr bezahlt. Darüber gibt es viel Unmut in Deutschland. Denn weil immer mehr Ökostrom zur Verfügung steht, steigt diese Umlage stetig - allein im letzten Jahr um die Hälfte.

Die energieintensiven Industrien sind bisher von dieser Umlage befreit. Doch weil die Verbraucher immer stärker unter den Preisen ächzen, denkt die Regierung nun darüber nach, auch diese Unternehmen mit einem kleineren Betrag heranzuziehen. Genau davor warnt die Studie. Denn auch ohne Umlage lägen die Strompreise in Deutschland bereits höher als in anderen Ländern, rechnet Hubertus Bardt vor, im Institut der deutschen Wirtschaft für Umwelt, Energie und Ressourcen zuständig. Zahlten diese Unternehmen in Deutschland sechs Euro-Cent pro Kilowattstunde, seien es in Nordamerika nur drei bis vier. "Das geht jetzt noch irgendwie. Aber würden da jetzt noch zwei Cent oben drauf kommen, dann wäre das schon existenzgefährdend für einige Unternehmen", glaubt Bardt.

Das IW ist ein Forschungsinstitut, das von den Arbeitgeberverbänden finanziert wird. Jedes Jahr führt es eine Studie durch, die sich mit den Investitionsbedingungen beschäftigt. Die Energiekosten standen dabei dieses Jahr zum ersten Mal im Fokus. Die energieintensiven Branchen verbrauchen die Hälfte der gesamten Strommenge, die jährlich an die Industrie geliefert wird. Ihr Anteil an der Bruttowertschöpfung macht etwa 16 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung aus - also etwa ein Sechstel aller produzierten Waren und angebotenen Dienstleistungen nach Abzug der Kosten.

Sehr energieintensiv: ein Aluminium-Werk in HamburgBild: picture-alliance/dpa

Enge Verflechtung von Produzenten und Zulieferern

Wie groß der Schaden für die deutsche Wirtschaft wäre, wenn einige dieser Unternehmen tatsächlich abwandern würden, lässt sich aber nicht allein anhand solcher Zahlen beschreiben, glaubt IW-Direktor Michael Hüther: "Mehr als achtzig Prozent der Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes haben energieintensive Zulieferer."

In Deutschland seien Industriebetriebe und ihre Zulieferer besonders eng miteinander verflochten, warnt Hüther. Produkte würden oft gemeinsam entwickelt. Würden energieintensive Betriebe abwandern, ginge mehr verloren als die Wirtschaftskraft dieser Betriebe.

Etwa zehn Prozent der befragten Unternehmen sehen in der Energiewende übrigens auch große Chancen: Das sind vor allem diejenigen, die selbst Technologien zur umweltverträglichen Energieerzeugung anbieten oder solche, die besonders stromsparende Produkte entwickeln.

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