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Politik

"An Perversität kaum zu überbieten"

Fabian von der Mark
18. November 2019

Abgeordnete der AfD fordern eine neue Syrien-Politik und sind deshalb wieder einmal demonstrativ in das Land geflogen. Für alle anderen Parteien ein durchschaubarer und zynischer Schritt.

Syrien l Alltag in Damaskus l Stadtansicht
Damaskus, die Hauptstadt Syriens: Die AfD fährt mit einer Agenda in das Land (Archivbild von 2018) Bild: Reuters/M. Djurica

Am Montagmorgen ist eine AfD-Delegation nach Syrien aufgebrochen. Das Büro des AfD-Bundestagsabgeordneten Udo Hemmelgarn hat der DW bestätigt, dass die Gruppe der Rechtspopulisten eine Woche lang in dem Land bleiben will. Im März 2018 waren schon einmal AfD-Politiker nach Syrien geflogen, um für eine "ausgewogene Sicht" auf das Land zu sorgen. 

Udo Hemmelgarn (AfD) ist Teil der Syrien-ReisegruppeBild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Die anderen Parteien verurteilten die AfD-Reise scharf. Grünen-Chef Robert Habeck nannte den Versuch, auf diese Art zeigen zu wollen, dass Syrien ein sicheres Land sei, "an Perfidität und Perversität kaum zu überbieten". Auch in den aktuell nicht umkämpften Teilen des Landes herrsche Unterdrückung. Die Assad-Regierung sei "das Gegenteil von einem Rechtsstaat", so Habeck. Die AfD fordert dennoch eine "Normalisierung" der Beziehungen mit Syrien.

AfD fordert ein Stopp der Sanktionen

In gleich vier Anträgen hatte die AfD kurz vor der Abreise eine neue Syrien-Politik gefordert. Neben der Forderung, die diplomatischen Beziehungen zu Syrien wieder aufzunehmen, hat die AfD-Fraktion im Bundestag auch gefordert, Sanktionen gegen das Land aufzuheben, den Wiederaufbau zu fördern und eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit "im Vorderen Orient" zu schaffen. Der außenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Armin-Paul Hampel, erklärte, auf die Art könnte Deutschland "außenpolitisch endlich einmal wieder wirksam" werden.

Für die anderen Fraktionen im deutschen Bundestag sind die AfD-Anträge "irreführend" (Roderich Kiesewetter von der CDU), "aus der Hose geschossen" (Aydan Özoguz von der SPD) oder schlicht  "blöd" (Omid Nouripour von den Grünen). Vor allem aber sehen alle anderen Parteien in der Initiative der AfD den Versuch, Druck auf syrische Flüchtlinge auszuüben, in ihre Heimat zurück zu kehren.

"Nicht einem Diktator huldigen durch Dienstreisen", Roderich Kiesewetter (CDU) in der Syrien-DebatteBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Tatsächlich heißt es in einem AfD-Antrag, es gehe "vordergründig" darum, "Syrien wieder zur Heimat des syrischen Volkes werden zu lassen". In einem anderen wird argumentiert, "der Wiederaufbau Syriens ist unter anderem notwendig für die Heimkehr aller syrischen Flüchtlinge". Der Grünen-Politiker Nouripour wirft der AfD Zynismus vor: "Es geht eigentlich nur um die Rückführung, es geht gar nicht um Syrien."

Frieden sichern, aber welchen?

Während ein AfD-Antrag die Überschrift "Frieden sichern" trägt, fragt die CDU-Abgeordnete Elisabeth Motschmann im Bundestag: "Welchen Frieden?" Motschmann erinnert an "ethnische Säuberung", an den Einsatz von Chlorgas und Sarin durch das Regime von Baschar al-Assad. Der FDP-Außenpolitiker Bijan Djir-Sarai spricht von einem "blutigen Bürgerkrieg in der Endphase" und das Auswärtige Amt warnt in seinen Sicherheitshinweisen eindringlich vor Reisen nach Syrien.

Flüchtlinge jetzt nach Syrien zurück zu schicken, würde aus Sicht von Grünen-Politiker Nouripour bedeuten, "dass die Leute in Armut und in Willkür reinkommen". Aydan Özoguz von der SPD berichtet, dass Flüchtlinge, die zurückgekehrt seien, "Festnahme, Folter und Enteignung" erlebt hätten. Für Özoguz ist deshalb auch klar, dass sich Deutschland, so lange Syrien nicht anders regiert wird, nicht an Wiederaufbauzahlungen beteiligen wird. Die AfD fordert Deutschland auf, nicht nur den Wiederaufbau zu unterstützen, sondern auch für das Ende aller EU-Sanktionen einzutreten.

Politiker aller Parteien im Bundestag lehnen die AfD-Ideen ab und halten es für erwartbar, was die Rechtspopulisten am Ende von der Reise berichten werden und was schon jetzt davon zu halten ist. Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU Fraktion, Jürgen Hardt,  packt sein Urteil in eine Frage: "Wie mehläugig muss man sein, dass man dann, wenn man unter den Kalaschnikows dieses Schlächters, auf ausgewählten Straßen dieses Landes verkehrt, dann zum Schluss zu kommen, das Land wäre sicher?"

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