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Politik

Streit um NGO-Einsätze im Mittelmeer

18. Juli 2017

Die EU sucht Wege, die Migration über das Mittelmeer einzudämmen. Österreichs Innenminister will Strafen für "selbst ernannte Seenotretter" und wirft ihnen Kooperationen mit Schlepperbanden vor. Die NGOs wehren sich.

Aus Seenot gerettete Migranten blicken am 27.06.2017 von dem Rettungsschiff "Aquarius" der Hilfsorganisationen Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterranee herunter. (Foto: picture-alliance/dpa/L. Klimkeit)
Die "Aquarius" ist das Rettungsschiff der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen"Bild: picture-alliance/dpa/L. Klimkeit

Österreichs Innenminister Wolfgang Sobotka hat Strafen für "selbst ernannte Seenotretter" im Mittelmeer gefordert. In der "Bild"-Zeitung warf er einzelnen Hilfsorganisationen vor, direkt mit Schlepperbanden vor der libyschen Küste zu kooperieren. In Italien seien in diesem Jahr bereits mehr als 85.000 Flüchtlinge angekommen. "Es ist absehbar, dass sich die Lage zuspitzt, dass das nicht gut geht", sagte er. Schon jetzt sei "ein Drittel der in Österreich aufgegriffenen Migranten nicht in anderen EU-Staaten registriert worden". Daraus folgert Sobotka: "Das heißt: Sie wurden von kriminellen Banden auf illegalen Routen zu uns geschleust."

Wichtig sei, "dass selbst ernannte Seenotretter aus Europa nicht mehr bei den Schleusungen helfen, nicht mehr mit den Banden kooperieren", sagte der Minister. Natürlich dürfe niemand im Mittelmeer ertrinken. "Wir müssen aber trotzdem unterbinden, dass sogenannte Helfer weiterhin mit ihren Booten in libysche Hoheitsgewässer eindringen und dort die Flüchtlinge von den Schleppern direkt übernehmen."

De Maizière warnt vor Vertrauensverlust in Flüchtlingsretter

Ähnliche Kritik kam auch von Bundesinnenminister Thomas de Maizière. "Im Moment ist die Instanz, die entscheidet, wer nach Europa kommen darf, eine kriminelle Organisation: die Schlepper. Und das Auswahlkriterium ist das Portemonnaie des Flüchtlings", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das sei die inhumanste Konstellation. Die italienischen Behörden untersuchten Vorwürfe gegen die Organisationen, wonach Schiffe ihre Transponder regelwidrig abstellen, nicht zu orten sind und so ihre Position verschleiern. "Das löst kein Vertrauen aus. Mein italienischer Kollege sagt mir auch, dass es Schiffe gibt, die in libysche Gewässer fahren und vor dem Strand einen Scheinwerfer einschalten, um den Rettungsschiffen der Schlepper schon mal ein Ziel vorzugeben", sagte der Bundesinnenminister weiter.

Keine Aufnahme von Wirtschaftsflüchtlingen

Die Menschen, die kamen, seien vermehrt nicht vom Bürgerkrieg verfolgte Syrer oder Iraker, sondern Afrikaner, insbesondere Westafrikaner, die aus wirtschaftlichen Motiven nach Europa wollen, so de Maizière weiter. "Anders als bei Schutzbedürftigen besteht hier keine Bereitschaft bei uns und bei allen anderen Mitgliedstaaten zur Aufnahme", sagte der Minister.

Marine rettet Flüchtlinge aus dem Mittelmeer

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"Völlig haltlose" Vorwürfe

Die Hilfsorganisationen wiesen die Vorwürfe entschieden zurück. Der Pressesprecher von der Organisation Sea-Watch, Ruben Neugebauer, nannte die Anschuldigungen "völlig haltlos". "Wir stellen den Transponder nicht zielgerichtet ab", sagte er. "Unsere Suchscheinwerfer schalten wir nur bei einem konkreten Rettungsruf aus der Notleitstelle in Rom ein."

Auch die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" dementierte die Vorwürfe: "Es gibt nicht den Hauch eines Beweises dafür", sagte Philipp Frisch, Leiter der politischen Abteilung, den Zeitungen. "Wir arbeiten nicht mit Lichtsignalen und fahren nur in akuten Notfällen und in Absprache mit den libyschen Behörden in libysche Hoheitsgewässer ein." Mit Schleppern kommunizierten die Retter nicht: "Alle unsere Einsätze werden über die Seenotleitstelle in Rom abgewickelt."

Weitere EU-Maßnahmen beschlossen

Angesichts des andauernden Flüchtlingszustroms aus Libyen sucht die EU intensiv nach neuen Gegenmaßnahmen. Die Außenminister der EU-Staaten hatten am Montag Ausfuhrbeschränkungen für Schlauchboote und Außenbordmotoren, die zum Transport von Migranten genutzt werden könnten, beschlossen. Zudem sollen die Vermögen von Hintermännern der libyschen Schleuserbanden eingefroren und deren Mitglieder mit Einreiseverboten belegt werden.

pab/stu (afp, dpa, epd, kna)

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