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Scharfe Worte aus Berlin

31. Mai 2010

Bei dem Sturm der israelischen Marine auf einen Hilfskonvoi für Gaza sind mindestens zehn Menschen getötet worden. Deutsche Politiker kritisierten die "Unverhältnismäßigkeit" der israelischen Militäraktion.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (Foto:dpa)
"Zutiefst besorgt": Bundesaußenminister Guido WesterwelleBild: picture alliance / dpa

Es kommt nicht oft vor, dass deutsche Politiker in Bezug auf Israel solch scharfe Worte finden. Doch der nächtliche Angriff auf einen internationalen Hilfskonvoi im Mittelmeer, bei dem mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen sind, hat in Berlin Bestürzung ausgelöst. Er sei sehr besorgt und bedaure zutiefst, dass es Todesopfer gegeben habe, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle bei einer eilig einberufenen Pressebegegnung am Montagmittag (31.05.2010). Er habe bereits am Vormittag mit seinem israelischen Amtskollegen Avigdor Lieberman telefoniert und eine umfassende und transparente Aufklärung verlangt. Dazu gehöre auch, dass überprüft werde, ob es an Bord der Schiffe, wie von Israel behauptet, Waffen gegeben habe. Dies müsse genau untersucht werden.

"Unverhältnismäßige Aktion"

Israel habe mit seinem Vorgehen in der Nacht, bei dem israelische Kommandoeinheiten das Schiff Mavi Marmara von Helikoptern aus geentert hatten, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit missachtet, der Bestandteil des internationalen Rechts sei. Dies sei inakzeptabel.

Auch der schwedische Schriftsteller Henning Mankell war an Bord eines der SchiffeBild: picture-alliance/ dpa

Über das Schicksal der sechs deutschen Staatsbürger an Bord der Flotte wisse man derzeit noch nichts, sagte Westerwelle. Das Auswärtige Amt kümmere sich aber mit Hochdruck um neue Informationen. Unter den Deutschen an Bord der Schiffe sind zwei Abgeordnete der Linken-Bundestagsfraktion, Inge Höger und Annette Groth, sowie der stellvertretende Vorsitzende der Ärzte für die Verhütung eines Atomkriegs, Matthias Jochheim. Außerdem waren auch ein Mitglied der palästinensischen Gemeinde in Deutschland und der ehemalige Linken-Abgeordnete und Völkerrechtler Norman Paech mitgefahren. Sie waren mit einem kleineren Schiff von Zypern aus in See gestochen, waren aber auf hoher See auf das türkische Schiff Mavi Marmara umgestiegen, weil ihr Boot sich als nicht seetüchtig erwiesen hatte.

"Keine Waffen an Bord"

Israelische Sanitäter bringen einen Verletzten in ein Krankenhaus in HaifaBild: AP

Organisiert wurde die Flotte von der Free-Gaza-Bewegung. In Deutschland wird sie vertreten von Gisela Siebourg vom Koordinationskreis Palästina Israel. Sie wies bei einer Pressekonferenz den Verdacht zurück, es könnten Waffen an Bord der aufgebrachten Schiffe gewesen sein.

Das Schiff, auf dem auch die Hilfslieferungen aus Deutschland verladen seien, sei aus Irland gekommen und dort von den Behörden überprüft worden, sagte sie in Berlin.

Die Free Gaza Bewegung sei eine Organisation, die auf gewaltlosen Widerstand setze und die humanitäre Hilfe leisten wolle. An Bord der Schiffe habe man Medikamente und Rollstühle, Spielsachen und Lebensmittel, vor allem aber Zement für den Wiederaufbau der im Gazakrieg vor einem Jahr zerstörten Häuser mitgeführt. Man habe damit die Blockade brechen wollen, die Israel nach dem Wahlsieg der Hamas vor drei Jahren über den Gazastreifen verhängt habe.

Mit solch einer Eskalation nicht gerechnet

Die Organisatoren hätten damit gerechnet, dass Israel versuchen würde, die Ankunft der Schiffe in Gaza zu verhindern. Dass es aber zu einer so blutigen Eskalation kommen werde, damit habe niemand gerechnet. Alle Unterstützer der Free Gaza-Bewegung in Deutschland seien tief erschüttert über die Gewalt.

Auch Grünen-Politiker Cem Özdemir kritisierte das israelische Vorgehen scharf

Bestürzt zeigten sich auch Vertreter von Linken und Grünen. Die Vorsitzende der Linken Gesine Lötzsch forderte die Bundesregierung auf, den israelischen Botschafter einzubestellen und das Vorgehen der israelischen Armee klar und deutlich zu verurteilen. Grünenchef Cem Özdemir nannte das Vorgehen der israelischen Armee völlig unverhältnismäßig und forderte Konsequenzen. Dazu gehöre, dass die Blockade gegenüber dem Gazastreifen so schnell wie möglich aufgehoben werden müsse. Dieser Forderung schloss sich auch Regierungssprecher Ulrich Wilhelm an.

Blockade des Gazastreifens "kontraproduktiv"

Die EU habe bereits im Dezember 2009 erklärt, dass die Blockade des Gazastreifens unakzeptabel und politisch kontraproduktiv ist. Die Bundesregierung halte diese Beurteilung weiterhin für richtig. Sie fordere die israelische Regierung auf, diese Blockade umgehend zu beenden, wie das auch der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gefordert hat.

Gleichzeitig gelte aber auch die Position der Europäischen Union gegenüber der im Gazastreifen regierenden Hamas. Sie müsse das Existenzrecht Israels anerkennen und dem Terror abschwören, sagte Wilhelm. Die Bundesregierung rufe die israelische Regierung dazu auf, alles zu tun, um eine weitere Eskalation der Lage zu vermeiden.

Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Thomas Latschan

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