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Politik

Israel und die arabische Welt

28. Januar 2020

Die arabische Welt könnte über das Gelingen von Trumps Nahost-Friedensplan entscheiden. Einige Staaten sind Israel wohler gesonnen, als offiziell bekannt. Was sie verbindet, ist die Feindschaft zum Iran. Ein Überblick.

Mahmud Abbas und Benjamin Netanjahu bei Nahost-Friedensgesprächen
Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas und Israels Premierminister Benjamin NetanjahuBild: picture-alliance/dpa

Der Friedensplan zum Nahost-Konflikt von US-Präsident Donald Trump erhält in vielen arabischen Ländern große Aufmerksamkeit. Deren Beziehungen zu Israel sind sehr unterschiedlich und haben teils erhebliche Veränderungen durchlaufen.

Saudi-Arabien

Offiziell pflegen Israel und Saudi-Arabien keinerlei Beziehungen. Tatsächlich aber haben beide Länder seit 2002 enorme Schritte aufeinander zu getan. In jenem Jahr stieß der damalige saudische König Abdullah eine Initiative zur Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern an. Im Jahr 2015 trafen sich Vertreter beider Länder wiederholt zu Gesprächen. Beide Staaten eint die Sorge über das iranische Atomprogramm, das in Riad wie in Jerusalem als Ausdruck eines rüden regionalen Machtstrebens gilt. Auch darum lässt die Regierung in Riad der Palästinensischen Autonomiebehörde seit Jahren keinerlei Unterstützungsgelder mehr zukommen.

Einen in praktischer Hinsicht kleinen, symbolisch aber bedeutenden Schritt tat Israel am vergangenen Wochenende: Innenminister Arie Deri unterzeichnete eine Genehmigung, nach der Israelis erstmals nach Saudi-Arabien reisen dürfen. Die Erlaubnis wird allerdings nur in zwei Fällen erteilt: für Reisen aus religiösen Gründen - etwa für die "Hadsch", die muslimische Wallfahrt nach Mekka - oder für Geschäftsreisen. Bedingung ist ferner, dass eine Einladung der saudischen Regierung vorliegt. Allerdings hat Saudi-Arabien seinerseits am Montag (27.1.) klar gestellt, dass Besuche von Israelis im Königreich bis auf Weiteres nicht willkommen seien.

Bahrain

Bahrain folgt in seiner Haltung zu Israel weitgehend Saudi-Arabien, zu dem es enge politische Beziehungen unterhält. Im Juni 2019, am Rande einer Tagung zur "Arab Peace Initiative" (API), die Saudi-Arabien zu Beginn des neuen Jahrtausends angestoßen hatte, äußerte sich der bahrainische Außenminister Khalid bin Ahmed al-Khalifa in der Zeitung "Times of Israel" zum Verhältnis seines Landes zu Israel: Zwar mochte er noch nicht von offiziellen diplomatischen Beziehungen sprechen, machte aber deutlich, dass Bahrain das Existenzrecht Israels anerkenne: "Israel ist ein Land in der Region, … und es ist dort, um zu bleiben." Bahrain wolle Frieden mit Israel. Ein Jahr zuvor hatte er bereits einen von der Arabischen Liga vorangetriebenen Israel-Boykott verurteilt.

Sponsor und Vermittler: Scheich Hamad bin Khalifa, Staatschef von Katar, im Gazastreifen, 2012Bild: Getty Images

Katar

Auch die Beziehungen zwischen Katar und Israel haben sich verbessert. Offiziell bestehen sie zwar gar nicht, doch unter der Hand arbeiten beide Länder seit einiger Zeit zusammen - vor allem mit Blick auf Hilfslieferungen in den Gaza-Streifen. Denn in Jerusalem ist man sich bewusst, dass die prekäre materielle Lage viele Palästinenser radikalisiert. Seitdem die Hamas 2007 die Macht im Gazastreifen übernahm, ist Katar der bedeutendste ausländische Geldgeber für das Autonomiegebiet. Bislang hat das Golf-Emirat dort über 1,5 Milliarden Euro investiert. Außerdem hat die Exil-Führung der Hamas ihren Sitz in der katarischen Hauptstadt Doha. So kann Katar auch politischen Einfluss auf die Führung der Hamas ausüben. Da Katar auch über Kontakte zur palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland verfügt, ist es für Israel neben Ägypten einer der wichtigsten regionalen Vermittler im Nahost-Konflikt. Katar wiederum hofft, sich aus der politischen Isolation zu befreien, in die es durch den von Saudi-Arabien angestoßenen Boykott seit 2017 geraten ist.

Urszene der israelisch-arabischen Annäherung: Unterzeichnung des Friedensabkommens von Camp David Bild: picture-alliance/CNP/Arnie Sachs

Ägypten

Ägypten spielte eine Vorreiterrolle für die Annäherung in den arabisch-israelischen Beziehungen. Im November 1977 erklärte der damalige Präsident Anwar al-Sadat, er werde bis ans Ende der Welt und selbst in die Knesset gehen, sollte dies zu einer dauerhaften Befriedung der Region führen. Daraufhin lud ihn der damalige israelische Premier Menachem Begin dorthin ein. Am 20. November sprach der Ägypter im israelischen Parlament. Damit war ein politischer Prozess eröffnet, der unter Vermittlung des damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter im März 1979 in den israelisch-ägyptischen Friedensvertrag mündete. Derzeit bemüht sich der ägyptische Präsident Abdel Fatah al-Sisi um Vermittlung im israelisch-palästinensischen Konflikt. Beide Staaten eint das Interesse, dschihadistische Bewegungen ebenso wie das Machtstreben des Iran einzudämmen.

Jordanien

Auch mit Jordanien hat Israel seit einem im Oktober 1994 abgeschlossenen Friedensabkommen funktionierende politische Beziehungen. Doch zu einer wirklichen Annäherung haben die beiden Länder nie gefunden. Die jordanische Bevölkerung - sie besteht zu fast einem Fünftel aus palästinensischen Flüchtlingen - lehnt die israelische Politik im Westjordanland entschieden ab. Auch mit Blick auf Jerusalem kommt es immer wieder zum Streit. Gemäß dem Friedensvertrag ist der jordanische König Hüter der islamischen und christlichen Stätten in der Stadt. Diese Rolle sieht er immer wieder in Frage gestellt. 

Wie abgekühlt die Beziehungen sind, zeigte sich 2018, als König Abdullah einen Teil des Friedensabkommens auf massiven innenpolitischen Druck hin aufkündigte: den Pachtvertrag der so genannten "Friedensinsel". Seit 1994 hatten israelische Farmer den rund 80 Hektar großen Landstrich am Zusammenfluss der Flüsse Jordan und Yamuk bewirtschaftet. In Jordanien gilt die Aufkündigung als Akt der Souveränität. Politiker beider Seiten bemühen sich nun, die Beziehungen so problemlos wie möglich zu gestalten.

Jüdisches Erbe in Tunesien: Szene in der Synagoge El-Ghriba auf Djerba Bild: picture-alliance/Anadolu Agency/Y. Gaidi

Die Maghreb-Staaten

Die israelischen Beziehungen in den Norden Afrikas beruhen nicht zuletzt auf den zahlreichen Juden, die nach der Staatsgründung von dort nach Israel geflüchtet sind, aber weiterhin eine intensive emotionale Bindung an die Orte ihrer Herkunft haben.

Gute Beziehungen unterhält Israel zu mehreren Maghreb-Staaten. 1994 nahmen Marokko, Mauretanien und Tunesien diplomatische Beziehungen zu Israel auf. Noch im November desselben Jahres eröffnete Israel ein Verbindungsbüro in der marokkanischen Hauptstadt Rabat. Umgekehrt richtete Marokko kurz danach ein Büro in Jerusalem ein. Ein Jahr später intensivierten auf diese Weise auch Mauretanien und Israel ihre Beziehungen, ein weiteres Jahr später entschloss sich auch Tunesien zu einem solchen Schritt.

Dennoch finden politische Gespräche jenseits offizieller Kanäle statt. So hat der israelische Premier Benjamin Netanjahu offiziell nicht bestätigten Meldungen zufolge im September 2018 in New York den marokkanischen Außenminister Nasser Bourita getroffen. Auch hier sind es die gespannten Beziehungen zum Iran, die beide Länder einen. Marokko hat die diplomatischen Beziehungen zum Iran abgebrochen. Die Regierung in Rabat wirft der in Teheran vor, sie mische sich in die inneren Angelegenheiten Marokkos ein, indem sie die Frente Polisario unterstütze. Die Miliz kämpft für die Unabhängigkeit der von Marokko kontrollierten Westsahara.

Schwieriger sind unterdessen Israels Beziehungen zu Tunesien geworden. Dessen neuer, im Oktober 2019 gewählter Präsident Kais Saied hält jegliche Form von Beziehungen zu Israel für "Verrat".

Angespannte Idylle: Blick auf die Golanhöhen bei dem Dorf Ein QiniyyeBild: Reuters/A. Awad

Syrien

Besonders angespannt sind Israels Beziehungen zu Syrien. Nachdem Syrien, Ägypten und Jordanien von Israel 1967 im so genannten Sechs-Tage-Krieg geschlagen wurden, hält der jüdische Staat die Golan-Höhen besetzt, die bis dahin Teil des syrischen Territoriums waren. Die Vereinten Nationen fordern Israel seit 1981 auf, das besetzte Territorium zurückzugeben. Dafür aber macht Israel einen umfassenden Friedensvertrag zur Voraussetzung. Mehrere nicht-offizielle Verhandlungen verliefen im Sande. Im März 2019 erkannte US-Präsident Donald Trump die Golan-Höhen als Teil des israelischen Staatsgebietes an - ein Schritt, der für Zorn in weiten Teilen der arabischen Welt sorgte.

Zwar führten beide Länder unter amerikanischer Vermittlung von 1992 bis 1996 und dann noch einmal von 1999 bis 2000 intensive Friedensgespräche miteinander, sie führten allerdings zu keinem Ergebnis.

Während des Krieges in Syrien haben Truppen des Iran wie auch die ihm unterstehende libanesische Hisbollah-Miliz ihre Präsenz in weiten Teilen des Landes ausgebaut. Diese gilt den Israelis als unmittelbare Bedrohung ihres Landes. Aus diesem Grund hat die israelische Armee zahlreiche Angriffe auf Stellungen der Iraner und der Hisbollah geflogen. Bislang hat sie es allerdings nicht vermocht, sie aus Syrien zu vertreiben. So ist Israel an seiner Nordgrenze ein neuer, von der syrischen Regierung kaum kontrollierter Feind erwachsen.

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika