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Scheinheilige Kritik an "Foto-Uschi"

Christian F. Trippe3. Oktober 2014

Ursula von der Leyen hat ein Problem. Ihr wird vorgeworfen, sich aus Karrieregründen über Gebühr medial zu inszenieren. Dabei wirkt die Debatte teilweise scheinheilig, findet Christian F. Trippe.

Ursula von der Leyen (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Maurizio Gambarini

Sie hat es schon wieder getan. Verteidigungsministerin von der Leyen hat sich filmen und fotografieren lassen, beim Truppenbesuch in Hammelburg, wo kurdische Peschmerga-Kämpfer derzeit von der Bundeswehr ausgebildet werden. Sie hat in die Kameras gelächelt und Hände geschüttelt und vorbereitete Statements abgegeben. Was sollte sie auch anderes tun?

Wo immer Spitzenpolitiker auftreten, ist Inszenierung. Sprecher und Referenten sorgen dafür, dass die Bilder stimmen und der Ton sauber klingt, um politische Botschaften möglichst mundgerecht zu servieren. Die Politiker selbst werden zur Botschaft. Mediendemokratie ist immer auch Eventdemokratie. So weit, so wenig umstritten.

Doch bei Ursula von der Leyen hat sich bei vielen - beim politischen Gegner sowieso, aber zunehmend auch in den eigenen Reihen - das ungute Gefühl breit gemacht, sie übertreibe es mit ihrer Selbstdarstellung. SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel empfahl ihr jetzt süffisant "weniger Fototermine" - sie solle sich lieber mehr um die Truppe kümmern.

Christian TrippeBild: DW

Markige Bilder

Schließlich wird die Bundeswehr gerade von einer ganzen Reihe von (Aus-) Rüstungsaffären erschüttert. Die deutschen Streitkräfte sind nur noch bedingt einsatzbereit. Dieser triste Ist-Zustand steht in merkwürdigem Kontrast zu den makellosen, manchmal markigen Bildern, die bei Ursula von der Leyens Auftritten entstehen; forsch formuliert sie dabei ihr politisches Soll: Deutschland müsse mehr Verantwortung in der Welt übernehmen und dazu "alle Instrumente" nutzen. Mit den Waffenlieferungen an die Kurden, so freute sie sich, sei "ein Tabu" deutscher Nachkriegspolitik gebrochen. Einige besonders nervöse Kritiker witterten da schon eine "Militarisierung der Außenpolitik".

Abgebrühtere Naturen erkennen darin erst einmal die Medien-Kampagne einer Frau, der gemeinhin Ambitionen auf das Kanzleramt nachgesagt werden. Parallelen zu von der Leyens Vor-Vorgänger im Verteidigungsministerium drängen sich auf: Auch Karl-Theodor zu Guttenberg war überaus ambitioniert, auch er wusste um die Macht der Bilder und schätzte Auftritte mit Knall-Effekt.

Was Politiker im Schilde führen und was Journalisten suchen, vor allem Kameraleute und Fotografen, trifft sich auf dem politischen Termin. Wenn Vorstellungen und Erwartungen nicht ganz zueinander passen, dann wird auch schon mal nachgearbeitet. Karl-Theodor zu Guttenberg auf dem New Yorker Times Square, in frivoler Fred-Astaire-Pose? Pressefotografen hatten ihn zuvor aufgefordert, genau diese Pose einzunehmen.

Ministerin von der Leyen alleine auf einem nachthellen Rollfeld, den Blick - einer Feldherrin gleich - in die Ferne gerichtet? Es ist dieses Foto, das ihre Kritiker ihr vor allem vorhalten. Dabei zeigt das Bild nur einen Ausschnitt, wer ihr gegenüber steht, ist darauf nicht zu sehen; es wurde zudem mit einem dramatischen Blitzeffekt 'geschossen‘.

Journalisten sollten hinter die Fassade politischer Selbst-Darstellung blicken - und nicht selber an der Inszenierung mitwirken. Denn sonst verlieren kritische Analysen allzu schnell ein Stück Glaubwürdigkeit.