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Schicksalstag für Griechenland

5. Juli 2015

Für die Griechen schlägt die Stunde der Wahrheit. Bei dem heutigen Referendum stimmen sie zwar offiziell über ein Sparprogramm ab, doch eigentlich entscheiden sie über die Politik von Premierminister Alexis Tsipras.

Der griechische Premierminister Alexis Tsipras in einem Athener Wahllokal (Foto: DPA)
Der griechische Premierminister Alexis Tsipras in einem Athener WahllokalBild: picture-alliance/dpa/Kay Nietfeld

Hat sich Alexis Tsipras verpokert? Politikexperten aus aller Welt rätseln über Sinn und Zweck des von ihm initiierten Referendums, aber unabhängig vom Ausgang ist jetzt schon klar: Ab Montag wird das Leben für den amtierenden Premierminister nicht leichter.

Rund zehn Millionen Griechen sollen an den Wahlurnen darüber entscheiden, ob sie die Forderungen der internationalen Gläubiger akzeptieren oder ablehnen. Das Hilfspaket, mit dem die Sparauflagen verknüpft sind, ist allerdings am 30. Juni abgelaufen und damit überholt.

Angst vor dem "Grexit"

Der Inhalt des Referendums ist rein formell gesehen also völlig unbedeutend, doch Alexis Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis appellierten an die Bevölkerung, das nicht mehr zur Diskussion stehende Sparprogramm dennoch abzulehnen und mit "Nein" zu stimmen. Damit geht der 40-Jährige das Risiko ein, dass ihm eine Mehrheit der Griechen den Rücken kehren und seiner Politik eine Absage erteilen könnte.

Und die Regierungsgegner? Sie sehen ihre Stunde gekommen und prophezeien bei einem Sieg Tsipras' einen baldigen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone - den sogenannten "Grexit". Ein umstrittenes Referendum wird so zur Schicksalsfrage über die Zukunft des Ministerpräsidenten und den Verbleib im Euro-Bund.

Ungewisse Zukunft für Tsipras

Bis 18 Uhr können die Bürger ihre Stimme abgeben, die ersten Ergebnisse werden gegen 20 Uhr erwartet. Umfragen zufolge halten sich Gegner und Befürworter in etwa die Waage. Sollte Tsipras für sein "Nein" genügend Unterstützer finden, werden wieder zähe Verhandlungen auf ihn zukommen, deren Ausgang ungewiss ist.

Sollte die Mehrheit mit "Ja" stimmen, wäre Tsipras' seinen Finanzminister los, denn Yanis Varoufakis hatte für den Fall der Fälle bereits seinen Rücktritt angekündigt. Und einige Beobachter gehen davon aus, dass Tsipras ebenso zurücktreten würde. Dann müssten Neuwahlen durchgeführt werden.

Italienischer Appell an Athen

Italiens Regierungschef Matteo Renzi appellierte in einem Zeitungsinterview an die griechische Regierung, die Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfond und der Europäischen Zentralbank nach dem Votum sofort wieder aufzunehmen. Ohne die Unterstützung der Regierung in Athen sei eine Rettung des Landes allerdings unmöglich. Diese müsse das Rentensystem reformieren, gegen Steuerflucht vorgehen und den Arbeitsmarkt umbauen.

Zumindest in Sachen Steuerhinterziehung wird hinter den Kulissen offenbar an einem neuen Konzept gearbeitet. Nach Angaben der Schweizer Zeitung "NZZ am Sonntag" will die griechische Regierung eine Steueramnestie für Griechen mit Schwarzgeld auf Schweizer Konten erlassen. Straffrei soll bleiben, wer sein undeklariertes Vermögen meldet und mit 21 Prozent besteuern lässt. Die Schätzungen, wie viel nicht versteuertes Geld aus Griechenland auf Schweizer Konten liegt, gehen dem Zeitungsbericht zufolge weit auseinander. Sie reichen von zwei Milliarden bis 200 Milliarden Euro.

djo/uh (afp, dpa, rtr)

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