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Politik

Schießereien in der Ostukraine heizen die Spannungen an

18. Februar 2022

In der Ostukraine werfen sich Separatisten und Regierung gegenseitig Beschuss durch Artillerie vor. Laut Diplomaten sind es die schwersten Kämpfe seit 2015. US-Präsident Biden lädt zum virtuellen Krisengipfel.

Ukraine | Beschuss auf Gebäude in Stanytsia Luhanska
Ein Granateneinschlag in einem Haus mit Kindergarten in der Region LuhanskBild: Carlos Barria/REUTERS

Bis Freitagmorgen habe die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) 80 Verstöße gegen die geltende Waffenruhe registriert, berichten Diplomaten mit Blick auf die jüngsten Gefechte in der Ostukraine. In dem Gebiet stehen sich seit Jahren prorussische Separatisten und ukrainische Truppen gegenüber. Gegen die Waffenruhe wird regelmäßig verstoßen. In den vergangenen Tagen nahm die Intensität der Kämpfe jedoch deutlich zu.

Die Kommandozentrale des ukrainischen Militärs erklärte, die pro-russischen Kämpfer hätten in der Nacht zu Freitag 20 Mal die Waffenruhe verletzt. Die pro-russischen Separatisten in den selbsternannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk warfen der ukrainischen Armee im Gegenzug 27 Bombardements vor. Zwei Umspannwerke seien beschädigt worden. Eine Straße sei wegen der unsicheren Lage gesperrt worden.

Rebellen: Zivilisten werden nach Russland gebracht

Die prorussischen Rebellen in Donezk haben nach eigenen Angaben damit begonnen, Zivilisten aus der umkämpften Region nach Russland zu bringen. Der Anführer der selbsternannten "Volksrepublik" Donezk, Denis Puschilin, sagte in einer im Messengerdienst Telegram verbreiteten Videobotschaft, derzeit werde die "Massenausreise" der Zivilbevölkerung in die russische Föderation organisiert. "Frauen, Kinder und Senioren werden als erste in Sicherheit gebracht." Auch die selbst ausgerufene Republik Luhansk kündigt an, ihre Bevölkerung zu evakuieren. Der russische Präsident Wladimir Putin ordnete laut Agentur Interfax an, in Russland Unterkünfte für Einwohner des ukrainischen Donbass zu bereitzustellen. Dafür solle Katastrophenschutzminister Alexander Tschuprijan unverzüglich in die Region von Rostow am Don reisen. Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz: "Es ist zynisch und grausam, Menschen als Unterpfand zu benutzen, um die Welt von der Tatsache abzulenken, dass Russland seine Truppen in Vorbereitung eines Angriffs verstärkt."

Wechselseitige Beschuldigungen

Bereits am Donnerstag hatten beide Seiten sich gegenseitig beschuldigt, die Gewalt in dem Konfliktgebiet eskalieren zu lassen. Die Kommandozentrale des ukrainischen Militärs erklärte, von Russland unterstützte Kämpfer hätten das Dorf Stanyzia-Luhanska mit schwerer Artillerie beschossen. Dabei seien ein Kindergarten getroffen und ersten Erkenntnissen zufolge zwei Zivilisten verletzt worden. Die pro-russischen Separatisten in der selbsternannten Volksrepublik Luhansk beschuldigten ihrerseits die Ukraine.

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Die USA und die NATO warnten vor einer russischen Provokation in dem Gebiet. In der Ostukraine kämpfen seit 2014 pro-russische Separatisten gegen die ukrainische Armee. Nach Ansicht des Westens werden die Separatisten von Moskau unterstützt. UN-Schätzungen zufolge sind in dem Konflikt bereits mehr als 14.000 Menschen getötet worden, zumeist im Separatistengebiet. Ein Friedensplan von 2015 unter deutsch-französischer Vermittlung wird praktisch nicht umgesetzt. Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarschs an der Grenze befürchtet der Westen derzeit einen russischen Angriff auf die Ukraine. Moskau bestreitet jegliche Invasionsabsichten.

Neues Großmanöver angekündigt

Inmitten der Spannungen in der Ukraine-Krise hat Russland für Samstag den Beginn eines weiteren Großmanövers angekündigt. Die Militärübung unter Einbeziehung strategischer Truppen sowie ballistischer Raketen werde von Kreml-Chef Putin persönlich beaufsichtigt, erklärte das Verteidigungsministerium.

An dem Manöver am Samstag werden nach Kreml-Angaben die Luftwaffe, Armeeeinheiten aus dem südlichen Militärbezirk sowie die Schwarzmeer- und die Nordmeer-Flotte beteiligt sein. Russland hatte in den vergangenen Tagen mehrere Teil-Abzüge von Truppen aus der Nähe der ukrainischen Grenze verkündet. Am Wahrheitsgehalt dieser Ankündigungen bestehen aber im Westen große Zweifel. US-Präsident Joe Biden warf Moskau am Donnerstag vor, keineswegs Soldaten aus der Region abgezogen, sondern die Truppen weiter aufgestockt zu haben. Biden lud nach kanadischen Angaben noch für diesen Freitag die Spitzen der NATO, der EU sowie die Staats- und Regierungschefs aus Deutschland, Italien, Polen, Rumänien, Großbritannien, Frankreich und Kanada zu einer Schalte ein.

Russischer Truppenabzug?

Russland hat nach eigenen Angaben mit dem Abzug weiterer Soldaten und militärischer Ausrüstung von der ukrainischen Grenze begonnen. Einige Soldaten seien nach dem planmäßigen Abschluss ihrer Militärübungen in ihre Garnisonen in der westrussischen Region Nischni Nowgorod zurückgekehrt, teilte das Verteidigungsministerium mit. Ebenfalls abgezogen worden sei militärisches Gerät, das Panzerarmeeeinheiten im westlichen Militärdistrikt gehöre. Zudem wurden zehn Kampfflugzeuge vom Typ Su-24 von der Schwarzmeer-Halbinsel Krim abgezogen, die Russland im Jahr 2014 annektiert hatte.

Putins Machtpoker: Hoher Einsatz, wenig Gewinn?

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Russland hatte in dieser Woche bereits mehrere Teil-Abzüge von Truppen aus der Grenzregion zur Ukraine verkündet. Dies hatten zunächst Hoffnungen auf eine Deeskalation in der Ukraine-Krise genährt. Die USA warfen Russland in dieser Woche allerdings vor, die Truppen in der Nähe der ukrainischen Grenze weiter zu verstärken, und warnten vor einer weiterhin möglichen russischen Invasion in der Ukraine.

Rund 190.000 russische Soldaten

Derweil wird die Ukraine laut einem US-Diplomaten von 169.000 bis 190.000 Soldaten und Sicherheitskräften unter russischer Kontrolle bedroht. "Dies ist die bedeutendste militärische Mobilmachung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg", sagte Botschafter Michael Carpenter bei einer Sitzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien. Die aktuelle Schätzung enthalte Soldaten in der russischen Grenzregion, in Belarus und auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim, sagte der Vertreter Washingtons. Außerdem seien andere russische Sicherheitskräfte in diesen Gebieten sowie pro-russische Separatisten in der Ostukraine eingerechnet. Ende Januar sei man noch von rund 100.000 Kräften unter russischer Kontrolle ausgegangen. Laut Diplomaten blieb Russland der Sitzung in Wien fern. Sie war von der Ukraine einberufen worden, um Erklärungen zu den Truppenbewegungen zu erhalten.

Keine Entspannung im Ukraine-Konflikt

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US-Außenminister Antony Blinken will nach Angaben seines Ministeriums mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow in der kommenden Woche über die Ukraine-Krise beraten. Die Russen hätten ein entsprechendes Angebot Blinkens zu Gesprächen in Europa angenommen und Termine für Ende kommender Woche vorgeschlagen, die die US-Regierung akzeptiere, "sofern es nicht zu einem (...) russischen Einmarsch in die Ukraine kommt", sagte ein Sprecher des Ministeriums.

kle/uh (afp, rtr, dpa)

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