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Politik

Schlagabtausch zwischen Lula und Bolsonaro

9. November 2019

Schon kurz nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis holte Brasiliens früherer Präsident verbal aus - und bezeichnete den jetzigen Staatschef als "Schurken". Bolsonaros Retourkutsche erfolgte prompt.

Haftentlassung für Lula Da Silva
Brasiliens Ex-Prsäsident war wegen Korruption verurteilt worden - hatte aber stets alle Vorwürfe von sich gewiesen Bild: Reuters/R. Buhrer

Linke Politiker aus ganz Lateinamerika feierten die Freilassung von Brasiliens früherem Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, der das Gefängnis nach mehr als eineinhalb Jahren Haft unter dem Jubel tausender Anhänger verlassen hatte. Der zeigte sich gewohnt kämpferisch und verkündete, er werde Brasilien bereisen. Dabei wolle er "zeigen, dass dieses Land viel besser sein könnte, wenn es einen Präsidenten hätte, der nicht so viel auf Twitter lügt wie Bolsonaro".

Er werde weiter kämpfen, "um das Leben des brasilianischen Volkes zu verbessern". Zudem werde er beweisen, dass er Opfer einer kriminellen Bande aus Richtern, Staatsanwälten und der Polizei geworden sei. Die Brasilianer hätten die Demokratie ermöglicht, die er benötigt habe, um sich den "Schurken der verkommenen Seite des Staates zu widersetzen, sowie der brasilianischen Justiz, die alles getan hat, um die Linke zu kriminalisieren", sagte er. Lula war wegen Korruption zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden

"Keine Munition" für Lula 

Der ultrarechte Präsident Jair Bolsonaro reagierte und forderte die "freiheitsliebenden" Brasilianer auf Twitter auf, dem "Schurken" Lula keine "Munition" zu geben. Dieser sei zwar "momentan frei, aber voller Schuldgefühle". Im vergangenen Jahr hatte Bolsonaro während seines Wahlkampfes verkündet, er wolle, dass Lula "im Gefängnis verrottet".

Glückwünsche zu seiner Freilassung erhielt Lula unter anderem vom neugewählten Staatschef Argentiniens, Alberto Fernández, der die "Integrität" des brasilianischen Ex-Präsidenten lobte. Er sei bewegt von dem Mut, mit dem Lula "dieser Verfolgung" begegnet sei, schrieb Fernández bei Twitter. Fernández künftige Vize-Präsidentin, die frühere argentinische Staatschefin Cristina Kirchner, sprach von der Korrektur eines der "größten Rechtsmissbräuche in Lateinamerika". Der "Freiheitsentzug" Lulas sei "rechtswidrig" gewesen. 

Lateinamerikas Linken-Politiker feiern 

Auch der umstrittene venezolanische Staatschef Nicolás Maduro begrüßte die Freilassung Lulas. In einer vom Staatsfernsehen übertragenen Rede rief er: "Es lebe Brasilien! Es lebe Lula!" Lula sei eine "großartige Führungspersönlichkeit" für Brasilien sowie für Lateinamerika und die karibischen Staaten.

"Es lebe Lula": Auch Venezuelas Präsident Nicolas Maduro bejubelte die Freilassung des ehemaligen Staatschefs Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Cubillos

Kubas Staatsoberhaupt Miguel Díaz-Canel würdigte Lula als "unermüdlichen Kämpfer", der seine Würde nie aufgegeben habe. Lulas Freilassung sei ein "Triumph der Völker, der Solidarität und der Wahrheit". Das kubanische Außenministerium sprach von "580 Tagen ungerechtfertigter Inhaftierung", denen Lula ausgesetzt gewesen sei. 

Ein Komplott? 

Lula, der von 2003 bis 2010 Präsident Brasiliens war, war 2017 nach einem Aufsehen erregenden Verfahren wegen Korruption zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Seit April 2018 saß er seine Haftstrafe ab, die zwischenzeitlich auf acht Jahre und zehn Monate herabgesetzt wurde. 

Ihm wird vorgeworfen, in den Korruptionsskandal um den staatlichen Energieriesen Petrobras verwickelt zu sein. Dabei sollen Staatsgelder für illegale Parteienfinanzierung verwendet worden sein. Zudem soll Lula Geschenke in Form eines Apartments von einem Bauunternehmen angenommen haben. Der ehemalige Präsident bestreitet die Anschuldigungen und spricht von einer politischen Verschwörung gegen ihn. Er galt als Favorit unter den Kandidaten für die Präsidentenwahl 2018, doch seine Inhaftierung machte alle Hoffnungen zunichte.

Brasiliens Ex-Präsident Lula ist seit kurzem wieder frei - und voller Tatendrang Bild: picture-alliance/AP Photo/L. Correa

Dass Lula nun bereits nach eineinhalb Jahren frei kam, machte ein Urteil des Obersten Gerichts möglich. Dieses hatte eine Regelung aufgehoben, wonach ein Verurteilter schon vor Ausschöpfung aller Rechtsmittel inhaftiert werden kann. Experten räumen Lula gute Chancen ein, die ausgesprochenen Urteile zu kippen. Damit müssten die Prozesse neu aufgerollt werden. Lula hätte damit eventuell sogar genug Zeit, um sich bei den Wahlen 2022 um das Präsidentenamt zu bewerben. Lust darauf habe er, sagte er jetzt. 

sth/fab (afp, kna, dpa)

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