Schlappe für Lehman-Anleger
27. September 2011Über drei Jahre hat der Rechtsstreit nun gedauert. Zu lange für Kleinanleger Bernd Krupsky, die Symbolfigur der deutschen Lehman-Geschädigten. 2006 hatte er im guten Glauben, dass ihn seine Hausbank gewissenhaft berät, über 10.000 Euro in Lehman-Zertifikate investiert. Nach der Pleite der US-Investmentbank hatte er alles verloren. Am 18. Juli diesen Jahres verstarb er. Seine Frau Brigitte führte den Rechtsstreit gegen die Hamburger Sparkasse (Haspa) für ihn weiter - und hat ihn an diesem Dienstag (27.09.2011) verloren.
Niederlage zeichnete sich zeitig ab
Schon zu Beginn der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe wurden die Hoffnungen von Brigitte Kuchs-Krupsky sowie einer weiteren Anlegerin deutlich gedämpft, als der Vorsitzende Richter des Bankensenats des BGH, Ulrich Wiechers, sagte: "Sollte es bei der bisher nur vorläufigen Beurteilung bleiben, wären die Revisionen der Kläger wohl zurückzuweisen."
In dem Verfahren am Dienstag ging es im Wesentlichen um zwei Streitpunkte. Die beiden Kläger argumentierten, dass sie nicht ausreichend über die Risiken der Lehman-Zertifikate aufgeklärt worden seien. Ihnen sei verschwiegen worden, dass bei Zertifikaten der Einlagensicherungsfonds nicht greift. Das heißt, allein der Anleger trägt das Ausfallrisiko. Geht der Emittent der Zertifikate Pleite, bekommt der Anleger keine Entschädigung aus dem Einlagensicherungsfonds, einer Art Nottopf, in den die Banken einzahlen.
Der Vorsitzende Richter Wiechers stellte in seinem Urteil jedoch klar, dass die Sparkasse beim Verkauf der Papiere ihre Beratungspflichten nicht verletzt habe, denn die Insolvenz der amerikanischen Investmentbank sei nicht vorhersehbar gewesen.
Profite bleiben Bankgeheimnis
Noch wichtiger als der Hinweis auf das Risiko ist allerdings der zweite Streitpunkt, zu dem sich die Finanzbranche und die Gerichte eine Grundsatzentscheidung erhofft hatten: So werfen die Kläger der Haspa vor, dass sie ihnen verheimlicht habe, wie viel Gewinne sie selbst mit den Lehman-Zertifikaten gemacht hat.
Die Hamburger Bank hatte von Lehman Brothers eine große Menge Zertifikate aufgekauft und dafür laut Wiechers 3,8 Prozent Rabatt erhalten. Ihren Kunden verkaufte die Bank dieselben Papiere allerdings zum vollen Preis zuzüglich eines Aufschlags.
Die Frage, ob diese Marge den Kunden offengelegt hätte werden müssen, ist nun vom Bundesgerichtshof abschlägig entschieden worden.
Richter weiterhin orientierungslos
Von einem Grundsatzentscheid möchte Richter Wiechers allerdings nicht sprechen. Für die Kläger, die sich hinter den 40 weiteren Lehman-Fällen verbergen, die noch in Karlsruhe liegen und auf eine Rechtsprechung warten, könnte das trotz der heutigen Schlappe ein kleiner Hoffnungsschimmer sein: Von Fall zu Fall müssen die betreffenden Richter neu entscheiden und je nach Konstellation könnten "in späteren Urteilen unterschiedliche Ergebnisse herauskommen", wie Wiechers während der Verhandlung betonte.
Banken und Gerichte lässt Wiechers damit allerdings weiterhin im Unklaren. Zwar müssen die Geldinstitute keine Entschädigungswelle mehr befürchten, die die 40.000 bis 50.000 Lehman-Geschädigten in Deutschland lostreten könnten, indem sie ihre Banken mit Klagen überziehen. Für immer durchatmen können die Institute allerdings auch nicht, da im Einzelfall auch gegen sie entschieden werden kann.
Autorin: Jutta Wasserrab
Redaktion: Martin Schrader