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Politik

Schlappe für Petry beim AfD-Parteitag

22. April 2017

Fünf Monate vor der Bundestagswahl sollen die Delegierten des AfD-Parteitags das Wahlprogramm beschließen. Das Treffen steht im Zeichen eines erbitterten Führungsstreits. In Kölns Innenstadt protestieren die Gegner.

Deutschland Bundesparteitag der AfD in Köln
Meuthen und Petry auf dem Podium des ParteitagsBild: Reuters/W. Rattay

Proteste vor dem AfD-Parteitag

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Die Delegierten lehnten mit großer Mehrheit ab, sich mit der von der Parteivorsitzenden Frauke Petry gewünschten Richtungsentscheidung zu befassen. Ihr sogenannter Zukunftsantrag, mit dem Petry die Partei auf einen "realpolitischen Kurs" und das Ziel des Mitregierens festlegen wollte, kam nicht zur Abstimmung.

Strebt die Anti-Einwanderungspartei breite Wählerschichten an?

Offen ist, was der Parteitag nach dem Verzicht Petrys zum Thema Spitzenkandidatur beschließt. In ihrer Eröffnungsrede hatte Petry betont, es gehe um die Frage, ob die AfD den Anspruch erhebe, breite Schichten der Bevölkerung zu erobern, die bisher durch das negative Außenbild der Partei abgeschreckt würden. Im Vorfeld der Bundestagswahl müsse klar sein, "ob und wie wir die AfD bis 2021 als realistische Machtoption für die Wähler aufbauen", verlangte sie. Seit längerem sei das Außenbild durch das Agieren Einzelner geprägt, die Mehrheitsmeinung der Mitglieder setze sich nicht durch, sagte Petry mit Blick auf die wiederholten provokanten Äußerungen insbesondere aus dem rechten Lager der AfD. Die Parteispitze mit den Vorsitzenden Jörg Meuthen und Frauke Petry (Artikelbild) sowie deren Stellvertretern ist tief zerstritten.

Viel Applaus erhielt in Köln der Co-Vorsitzende Meuthen. Er sagte mit Blick auf die Migrationspolitik der Bundesregierung: "Wir wollen nicht zur Minderheit im eigenen Land werden." Meuthen griff Petry in seiner Rede auch frontal an. Er sagte, ihre Idee, die AfD mittelfristig koalitionsfähig machen zu wollen, sei falsch. Mit "diesen Figuren" wolle die AfD nicht koalieren, erklärte er mit Blick auf die im Bundestag vertretenen Parteien.


Friedlicher Protest gegen die AfD auf dem Kölner HeumarktBild: picture alliance/dpa/O.Berg

Demonstranten positionieren sich gegen AfD-Parteitag in Köln

Bis zum frühen Nachmittag verliefen die Demonstrationen in der Domstadt gegen den AfD-Parteitag weitgehend friedlich. Rund um den Veranstaltungsort in der Innenstadt demonstrierten mehrere tausend Menschen mit Sprechchören, Transparenten, Pfiffen und Blockaden gegen die rechtspopulistische Partei. Im Verlauf einer größeren Demonstration durch die Kölner Innenstadt wurden laut Polizei mehrere Scheiben von Geschäften und einer Großbank eingeschlagen. Das Konzept der Polizei, das auf Deeskalation ausgerichtet sei, sei im Grundsatz bislang aufgegangen, erklärte ein Polizeisprecher.

Die Polizei stellte sich mit ihren insgesamt rund 4000 Einsatzkräften auf einen Einsatz bis in die Nacht zum Sonntag ein. Ursprünglich waren rund 50.000 Demonstranten erwartet worden. Konkrete Zahlen nannten am Samstag weder die Polizei noch die Veranstalter. Beide Seiten erklärten jedoch, dass die Zahl der Protestierer unter den zuvor geschätzten Zahlen lägen.

Anreise für AfD-Delegierte nur unter Schwierigkeiten

Nur unter massivem Polizeischutz konnten die Delegierten des AfD-Bundesparteitags am Morgen das Tagungshotel in Köln erreichen. Die Polizei  eskortierte einzelne AfD-Mitglieder zu den Durchlass-Stellen am Heumarkt in der Kölner Innenstadt. Dabei kam es immer wieder zu Rangeleien zwischen Demonstranten und der Polizei. Ein Polizist wurde im Gesicht verletzt, woraufhin ein Verdächtiger vorläufig festgenommen wurde.

Nach Darstellung des Bündnisses "Solidarität statt Hetze" wurde die Anreise der AfD-Delegierten durch die Gegenaktionen "massiv verzögert". An den Blockaden beteiligten sich etwa 3000 Menschen, wie das Bündnis erklärte.

Politprominenz bei Protesten gegen AfD

Ein breites Bündnis aus Kirchen, Parteien und Vereinen hatte zu den Kundgebungen gegen die AfD aufgerufen. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft nannte die zentrale Kundgebung gegen den AfD-Parteitag in Köln "großartig". "Hier stehen viele aufrechte Demokraten und sagen klipp und klar: Wir wollen so bleiben, wie wir sind - ein vielfältiges, ein offenes, ein tolerantes Land", sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. Mit dem Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen habe ihre Anwesenheit bei der Kundgebung in Köln nichts zu tun. 

Mit Wasserwerfern und berittenen Kräften soll die Polizei in Köln Ausschreitungen verhindernBild: Reuters/T. Schmuelgen

Die Proteste gegen den AfD-Parteitag setzen nach Ansicht des Grünen-Bundesvorsitzenden Cem Özdemir ein deutliches Signal gegen Populismus. "Es geht darum, was für ein Deutschland wir haben wollen: Wollen wir eines haben, wo die Menschen danach beurteilt werden, wo sie herkommen - oder danach, was man macht aus seinem Leben, ob man anpackt für Deutschland und Europa", sagte Özdemir in Köln. "Die Rezepte, die die AfD vorschlägt, schaden Deutschland. Ein Zurück zum Nationalstaat macht das Wohlstandsmodell Deutschland kaputt", sagte Özdemir am Rande einer Demonstration in Köln. 

Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte, sie erhoffe sich von den Demonstrationen ein Signal für Toleranz, Respekt und Vielfalt. "Ich empfinde es als Provokation, dass die AfD ihren Bundesparteitag in Köln durchführt, weil Köln eben genau für das steht, was in der AfD nicht befürwortet wird", sagte die parteilose Politikerin. 

qu/uh/fab (dpa, afp)

 

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