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Politik

Hohe Hürden für Trumps Widersacher

15. März 2017

Am 16. März tritt das neue Einreiseverbot von Präsident Trump für sechs überwiegend muslimische Länder in Kraft. Mehrere Bundesstaaten klagen dagegen. Zumindest kurzfristig werden sie diesmal wohl keinen Erfolg haben.

Demonstration nach Trump-Dekret - Michigan
Demonstration gegen das Trump-Dekret am Flughafen von Michigan am 29.01.2017Bild: Picture-Alliance/dpa/E. Cromie/Detroit Free Press/AP

Die Kritiker sind sich einig: Die neue, dreimonatige "Pause" für Einreisen von Staatsbürgern aus Syrien, Libyen, Sudan, Jemen, Somalia und Iran, die ab Donnerstag gelten soll, ist im Kern ein diskriminierendes Einreise-Verbot für Muslime - oder zumindest der erste Schritt dorthin.

Unter anderem deshalb hatten mehrere Bundestaaten im Januar gegen das erste Einreiseverbot geklagt, und vor Gericht Recht behalten: Verschiedene Bundesbezirksgerichte hebelten einen entsprechenden Präsidentenerlass ("Executive Order") des gerade frisch ins Amt gewählten Präsidenten Donald Trump vom 27. Januar mit einstweiligen Verfügungen aus. Ein Berufungsgericht bestätigte im Februar den vorläufigen Stopp des Einreise-Stopps.  

Washington führt die Attacke

Trump reagierte, und erlies am 6. März ein neues, wenn auch weniger umfassendes Dekret. Auch gegen diesen "Executive Order" klagen eine Reihe von Bundesstaaten, die von Gouverneuren der Demokratischen Partei regiert werden: Allen voran der Staat Washington im Nordwesten des Landes, der schon die Attacke der Demokraten auf den Erlass des republikanischen Präsidenten im Januar angeführt hatte. Minnesota, New York, Maryland, Massachusetts, Oregon und Kalifornien unterstützen die Klage Washingtons. Der Bundesstaat Hawaii hat eine eigene Klage angestrengt.

Washingtons Generalstaatsanwalt Bob Ferguson kündigte an, den neuen Erlass sorgfältig zu prüfen Bild: picture-alliance/AP Photo/T.S. Warren

Doch die Hürden für einen erneuten juristischen Erfolg der Kläger sind diesmal ungleich höher - jedenfalls mit Blick auf mögliche einstweilige Verfügungen. Viel wahrscheinlicher ist, dass über die Rechtmäßigkeit des Präsidentenerlasses erst in den Hauptverhandlungen entschieden wird - und das kann dauern. Das Problem der Kritiker: Die Regierung hat aus ihren Fehlern im Januar gelernt und den Erlass zumindest formal fast unangreifbar gemacht. 

Die Regierung hat aus Fehlern gelernt

Am 27. Januar, noch im Überschwang der wenige Tage zurückliegenden Amtseinführung Trumps und angetrieben von einer Clique nationalistischer Ideologen im Weißen Haus, die im radikalen Islam den Hauptfeind der USA sieht, hatte die Regierung versucht, quasi über Nacht Fakten zu schaffen: Der erste wichtige Präsidentenerlass Trumps wurde ohne Absprache mit den Experten aus Justiz-, Außen- und Heimatschutzministerium herausgegeben, offenbar um zu vermeiden, dass Informationen vorzeitig an die Öffentlichkeit gelangen. Der Erlass sollte unmittelbar gelten, ohne dass Zeit geblieben wäre, die Grenzschutzbehörden entsprechend vorzubereiten. Das Ergebnis: Chaos an den Flughäfen, gestrandete Passagiere, Kinder und alte Frauen in Handfesseln, Tränen, Wut, Massendemonstrationen. Schließlich die Niederlagen vor Gericht. Ein PR-Desaster für die neue Administration.

Donald Trump signiert den neuen Durchführungsbeschluss zum EinreiseverbotBild: Reuters/C. Barria

Diesmal, beim zweiten Versuch, hat sich die Regierung in jeder Hinsicht mehr Zeit gelassen: Fachleute und Juristen beugten sich wochenlang über den Entwurf, der Kongress wurde eingebunden, und zwischen der Veröffentlichung des Erlasses und dem Inkrafttreten am 16. März lagen zehn Tage, in denen sich sowohl die Einreisebehörden als auch die Reisenden auf die neuen Regelungen einstellen konnten. Die Dringlichkeit, mit der die Richter über den ersten Einreise-Stopp entscheiden mussten, weil Reisende an amerikanischen Flughäfen festgehalten wurden, oder Gefahr liefen, jede Minute zurückgeschickt zu werden, entfällt - und damit auch die Notwendigkeit einer einstweiligen Verfügung vor einer Entscheidung in der Hauptsache.

Verbot mit vielen Ausnahmen

Inhaber einer "Green Card", also einer amerikanischen Dauer-Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, die im ersten Anlauf zunächst mit im Chaos des Einreise-Stopps gefangen waren, wurden jetzt ausdrücklich ausgenommen. Auch Reisende aus den betroffenen Ländern, die bereits ein gültiges Visum besitzen, dürfen weiter einreisen. Und wer neben seinem Pass aus einem der sechs betroffenen Länder auch die Staatsbürgerschaft eines EU-Staates besitzt, kann mit seinem europäischen Pass weiterhin am Programm für Visa-freies Reisen in die USA teilnehmen.

Ebenfalls nicht betroffen sind nun anerkannte Flüchtlinge, die bereits eine Erlaubnis für eine Übersiedlung in die USA erhalten haben. Und eine als offen diskriminierend kritisierte Passage in dem ersten Präsidentenerlass, nach der Minderheiten (also Nicht-Muslime) bei der Aufnahme als Flüchtlinge bevorzugt werden sollten, wurde gestrichen.

Betroffen sind diesmal also "nur" diejenigen, die von den USA noch nicht als Flüchtlinge akzeptiert wurden bzw. kein gültiges Einreisevisum haben, und die also nun mindestens drei bis vier Monate länger als erhofft auf eine Entscheidung warten müssen.

Kein Recht auf Visum

Hierdurch wird es für die Gegner der Einreisepolitik des Präsidenten sehr schwierig nachzuweisen, dass durch die neue Regelung die Rechte von amerikanischen Bürgern und Institutionen oder von Menschen mit einem legalen Aufenthaltsstatus in den USA verletzt werden. Denn es gibt nun einmal für Ausländer keinen Rechtsanspruch auf ein Visum für die USA, oder auf eine zeitnahe Anerkennung und Übersiedlung als Flüchtling.

Muslimische Reisende könnten bald nicht mehr in die USA einreisen dürfenBild: picture alliance/AP Images/A. F. Yuan

Auch die Kritik, es handele sich um einen nur gegen Muslime gerichteten und damit diskriminierenden Erlass, lässt sich zumindest mit Blick auf den Text des Erlasses selbst nur schwer aufrecht erhalten: Der Irak, der im Januar auch noch zum Kreis der betroffenen Länder gehörte, wurde inzwischen von der Liste gestrichen. Und die US-Regierung verweist gebetsmühlenartig darauf, dass es noch über 30 andere  überwiegend muslimische Länder auf der Welt gebe, die nicht von dem Dekret betroffen seien. Somit könne der Einreise-Stopp, der ja auch nur ein vorübergehender sei, per Definition keine Diskriminierung von Muslimen darstellen.

"Totaler und kompletter Stopp"

Das Haupt-Argument der Trump-Gegner für ihren Verdacht, dass das angeblich "zeitweilige" Einreiseverbot eben doch der erste Schritt für einen totalen Bann von Muslimen sei, sind Äußerungen von Donald Trump selbst im zurückliegenden Wahlkampf: "Einen totalen und kompletten Stopp von Einreisen von Muslimen in die USA" hatte Trump immer wieder gefordert - zur großen Begeisterung seiner Anhänger. Und der republikanische "Law-and-Order"-Mann Rudy Giuliani, ein Trump-Unterstützer der ersten Stunde, hatte nach dem Wahlkampf ausgeplaudert: "Trump wollte einen Bann gegen Muslime. Also hat er mich angerufen und gesagt: Stell eine Kommission zusammen und zeige mir den richtigen Weg, wie ich das auf legalem Weg hinbekomme", sagte Giuliani im Januar dem Sender Fox News. "Also haben wir eine Kommission zusammengestellt; und haben unseren Fokus auf das Thema Gefährdung gelegt, statt auf die Religion."

Rudolph Giuliani und Donald Trump: Inhaltich auf dem selben KursBild: picture-alliance/dpa/P. Foley

Trumps Leute werden Fehler vermeiden

Die Frage bleibt, ob solche durchaus entlarvende Äußerungen reichen, um dem Präsidenten auf der Grundlage des vorliegenden Erlasses eine gewollte religiöse Diskriminierung juristisch nachzuweisen. Anders als im Januar hat sich die Regierung diesmal die Mühe gemacht, die Notwendigkeit einer "Einreise-Pause" für Menschen aus den betroffenen sechs Ländern ausführlich mit ihrer Einschätzung nach bestehenden Sicherheitsdefiziten zu begründen. Damit wird es schwieriger für die Kläger nachzuweisen, dass das Weiße Haus seine Kompetenzen überschritten hat. Denn die Verfassung und ein Gesetz des US-Kongresses aus dem Jahr 1952 geben dem Präsidenten großen Spielraum, in Sachen Einwanderung grundlegende Entscheidungen zu fällen - vor allem, wenn es um die Sicherheit des Landes geht.

Wie New York gab es landesweit Demonstration gegen den von Donald Trump verhängten Einreisestopp für Muslime Bild: picture alliance/Zuma/A. Lohr-Jones

Je mehr die Regierung darlegen kann, dass sie rationale Gründe für ihre Entscheidungen hat, desto weniger werden die Richter geneigt sein, die sicherheitspolitischen Einschätzungen der Regierung zu hinterfragen. Denn das ist nicht Aufgabe der Justiz - sie muss nur dafür sorgen, dass dabei nicht Gesetze und Grundrechte eklatant verletzt werden. In ihrer Argumentation gegen die Klagen gegen das erste Einreise-Dekret Trumps hatten sich die Rechtsvertreter der Regierung noch recht arrogant auf den Standpunkt gestellt, dass die Entscheidungen des Präsidenten in Sachen Einreise nicht hinterfragt werden dürfen. Diesen Fehler werden Trumps Leute diesmal vermeiden.

Weniger Arroganz – weniger Schlamperei

Und noch einen Fehler haben die Verfasser des zweiten Einreise-Erlasses diesmal vermieden: Der erste Erlass war so schlampig verfasst worden, dass man eine "Trennbarkeits-Klausel" (juristisch: Salvatorische Klausel) offensichtlich schlicht vergessen hatte. Eine solche Klausel legt vorsorglich fest, dass alle Vorgaben eines Erlasses unabhängig voneinander Bestand haben können. Ohne eine solche Klausel kann der ganze Erlass unwirksam werden, wenn auch nur ein Bereich davon für unwirksam oder gesetzwidrig erklärt wird. Diesmal wurde die entsprechende Klausel tatsächlich eingebaut. Die Folge: Selbst wenn einzelne Passagen aus dem Erlass erneut aus formalen oder anderen Gründen von den Gerichten verworfen werden sollte, kann der Rest des Erlasses in Kraft bleiben. 

Das ist wahrscheinlich alles, was Trump in der derzeitigen Lage will. Im Wahlkampf hatte er den "Schutz der Amerikaner vor radikal-islamischen Terroristen" mit allen notwendigen Mitteln zu einem seiner zentralen Versprechen gemacht. Hier will er nun liefern, zumindest auf dem Papier, auch wenn der aktuelle Entwurf in der Sache weit hinter allem zurückbleibt, was er im Wahlkampf oder noch im Januar angekündigt hat.

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