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Schluckimpfung gegen Kinderlähmung

Martin Winkelheide / Gudrun Heise28. Oktober 2012

Die Kinderlähmung könnte längst so gut wie ausgerottet sein. Doch in Nigeria, Afghanistan und Pakistan grassiert das Virus wie eh und je. Dabei wäre ein sicherer Schutz vor der Krankheit ein Kinderspiel.

Ein Kind in Nigeria bekommt eine Schluckimpfung gegen Polio. (Foto: Global Polio Eradication Initiative)
Bild: Global Polio Eradication Initiative

Der Erreger der Kinderlähmung, das Poliovirus, kann relativ leicht von Mensch zu Mensch weitergegeben werden, etwa durch Tröpfcheninfektion. Häufig aber wird es durch verseuchtes Trinkwasser übertragen.

Doch nicht jeder, der sich ansteckt, wird auch krank, betont der Mediziner Sebastian Dietrich von 'Ärzte ohne Grenzen'. "In etwa 90 Prozent der Fälle gibt es überhaupt keine Symptome. Bei den restlichen zehn Prozent kommt es nach ein bis zwei Wochen zu grippeähnlichen Anzeichen." Nur selten verläuft die Infektion so schwer, dass das Virus in das menschliche Nervensystem gelangt und Lähmungen verursacht. Betroffen seien dann vor allem die unteren Extremitäten, und diese Lähmungen seien von Dauer, so Dietrich gegenüber der Deutschen Welle.

Eine Welt ohne Polio

Von 100 Menschen, die sich mit dem Poliovirus anstecken, kommt es - statistisch gesehen - nur bei einem Menschen zu Lähmungen. Behandelbar ist die Kinderlähmung nicht. Anders als bei anderen Infektionen gibt es kein wirksames Medikament. Die einzige Möglichkeit sich zu schützen, ist die Vorbeugung durch eine Impfung, betont Dietrich. Dazu müsse man mindestens drei Mal geimpft werden und das in einem Abstand von etwa vier Wochen.

Polio kann zu schlimmen Lähmungen führenBild: Thomas Kruchem

Wenn eine Schutzimpfung bei allen Kindern in einem Land durchgeführt wird, kann das Virus innerhalb kurzer Zeit ausgerottet werden. Als Beispiel nennt Dietrich Deutschland: "In der DDR wurde der Impfstoff schon im Jahr 1960 eingeführt, in der Bundesrepublik 1962."  Schon innerhalb weniger Jahre, sagt Dietrich, war die Kinderlähmung in beiden Teilen Deutschlands verschwunden, in der Bundesrepublik zwei Jahre später als in der DDR.

Impfprogramme gegen Kinderlähmung

1988 startete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mehrere Impfprogramme, um Polio weltweit zu bekämpfen. Die seien auch sehr erfolgreich, versichert Sebastian Dietrich, auch wenn das endgültige Ziel noch immer nicht ganz erreicht worden sei. Im letzten Jahr wurden weltweit etwa 150 bis 170 Fälle gemeldet, einige Jahre zuvor waren es noch um die tausend Fälle. Dank der Schutzimpfungen sei die Zahl der Polio-Erkrankungen in den letzten Jahrzehnten um fast 99 Prozent reduziert worden. Seit diesem Jahr gilt auch Indien offiziell als poliofrei - seit 20 Monaten tritt dort keine Erkrankung mehr auf.

Elektronenrastermikroskop-Aufnahme eines Polio-VirusBild: Aventis Pasteur MSD GmbH

Erschwerte Bedingungen für die Helfer

Weshalb also gibt es immer noch Regionen auf der Welt, die Polio nicht in den Griff bekommen? Logistisch ist es nicht immer einfach, alle Kinder eines Landes gegen zu impfen, sagt Dietrich. Oft fehlt es in den betroffenen Gebieten an einer guten Infrastruktur. So existieren in einigen afrikanischen und asiatischen Ländern keine befahrbaren Straßen oder die Impfungen müssen in Regionen durchgeführt werden, in denen es kriegerische Auseinandersetzungen oder soziale Unruhen gibt.

Schluckimpfung als wirksamer Schutz

Bei den großen Impfkampagnen setzt die Weltgesundheitsorganisation auf die Schluckimpfung. Sie ist einfach zu verabreichen und wirksam, und in der Regel ist der Impfstoff sehr sicher, wenn auch ein kleines Restrisiko besteht: Auf eine Million Impfungen kann Kinderlähmung in einem Fall durch den Impfstoff selbst ausgelöst werden. Trotz dieses kleinen Risikos sei die Impfung dennoch unverzichtbar, sagt Sebastian Dietrich und betont: "Die weltweite Ausrottung kann nur mit der Schluckimpfung gelingen!"

Schluckimpfung ist nach wie vor eine gute Vorbeugung gegen PolioBild: AP
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