Schnellere Erde: Das steckt hinter dem "kürzesten Tag"
13. Juli 2025
Hast du es gespürt? Der 9. Juli 2025 war einer der kürzesten Tage deines Lebens! War überall in den Sozialen Netzwerken zu lesen. Im letzten Juli gab es sogar den "allerkürzesten Tag, der jemals gemessen" wurde. Krass! Niemals zuvor drehte sich die Erde so schnell wie an diesem Tag. Nein, du hast nichts davon gemerkt.
Die Aufregung über den "kürzesten Tag" kann Prof. Florian Seitz, Direktor des Deutschen Geodätischen Forschungsinstituts der Technischen Universität München (TUM) nicht nachvollziehen: "Das ist doch eine vollkommen unsinnige Aussage und bedeutet lediglich, dass die Rotation der Erde noch nicht seit Millionen Jahren exakt gemessen wird."
Die Erdumdrehung war am 9. Juli 2025 nur ungefähr 1,3 Millisekunden schneller als üblich. Eine Millisekunde ist ein Tausendstel einer Sekunde. Ein Wimpernschlag dauert etwa 150 Millisekunden.
Spürbar ist die schnellere Erdrotation also nicht, aber messbar: An gleich drei Tagen im Sommer 2025 - am 9. und 22. Juli sowie am 5. August 2025 - dauert die Erdrotation messbar zwischen 1,3 und 1,51 Millisekunden weniger lang als üblich. Am 24. Juli 2024 betrug diese Abweichung 1,66 Millisekunden - der Tag wurde zum bereits erwähnten "kürzesten Tag, der jemals gemessen wurde".
Erdrotation ändert sich ständig
Zeit ist eine Erfindung des Menschen. Wir haben einen "Tag" als 24 Stunden definiert. Das ist auch die Zeitdauer, mit der die hochpräzisen Atomuhren rechnen.
Daraus ergibt sich, dass die Erde 86.400 Sekunden oder über 86 Millionen Millisekunden für eine vollständige Umdrehung um ihre Achse benötigt. Die entsprechende Maßeinheit Length of Day (LOD) gibt an, inwieweit die Erdrotation von den 86.400 Sekunden eines 24-Stunden-Tages abweicht. Eine LOD von -1,3 ms bedeutet also, dass der Tag 1,3 Millisekunden kürzer als 86.400 Sekunden war.
Allerdings: "Die Rotation der Erde ist nicht gleichmäßig, daher ändert sich die Länge eines Tages ständig. Die tatsächliche Rotationsdauer der Erde weicht um etwa 2 bis 3 Millisekunden davon ab." Leichte Abweichungen sind "nichts Ungewöhnliches und eine ganz normale Schwankung", so Seitz.
Ein Tag war nicht immer 24 Stunden lang
Erdgeschichtlich war die Länge eines Tages nicht immer konstant: Wahrscheinlich hat sich die Erdrotation im Laufe von vielen Millionen Jahren verlangsamt, die Tageslänge hat also zugenommen, die Anzahl der Tage nahm ab.
Fossile Belege wie Wachstumsringe in Korallen und Blaualgen zeigen, dass vor 850 Millionen Jahren ein Tag etwa 21 Stunden dauerte. "Vor 500 Millionen Jahren dauerte eine Umdrehung weniger als 21 Stunden, das Jahr hatte demnach mehr als 420 Tage. Vor 300 Millionen Jahren waren es 22 Stunden (400 Tage), vor 100 Millionen Jahren 23 Stunden (380 Tage), und heute sind es eben 24 Stunden (365 Tage). Das wird auch so weitergehen", erläutert der Geophysiker Seitz.
Warum verändert sich die Dauer der Erdrotation?
Verschiedene Faktoren können die Erdrotation beeinflussen. "Das hat vor allem mit Geodynamik zu tun wie Gezeiten, Wind, Ozeanströmungen, aber auch mit noch nicht vollständig verstandenen Prozessen im Erdinneren wie der Relativbewegung von Erdkern und Erdmantel", so Seitz.
Die Gravitationskraft des Mondes wirkt auf die Erde und verursacht die sogenannten Gezeitenkräfte. Diese führen dazu, dass die Erde durch Reibung an den Ozeanen und im Erdmantel allmählich abgebremst wird. Zudem war die Gravitationskraft des Mondes vor Milliarden Jahren deutlich höher, weil der Mond deutlich näher an der Erde war. Vor etwa 2,5 Milliarden Jahren lag die Entfernung des Mondes zur Erde bei rund 321.800 Kilometern, heute beträgt sie circa 384.400 Kilometer.
Der Mond entfernt sich von der Erde
Heutzutage ist der Gravitationseffekt zwar winzig, aber nachweisbar. Am 24.Juli 2024 zum Beispiel war der Mond besonders weit vom Erdäquator entfernt. Dadurch drehte sich die Erde minimal schneller und die Abweichung betrug 1,66 Millisekunden.
Auch eine Verschiebung der Massen auf der Erde könnte sich möglicherweise auf die Drehgeschwindigkeit unseres Planeten auswirken. Wenn etwa durch den Klimawandel große Gletscher oder Teile der Polkappen schmelzen, könnten sich große Wassermengen auf der Erdoberfläche umverteilen und gegebenenfalls die Rotation beeinflussen.
Wird bald eine Schaltsekunde notwendig?
Für die meisten Menschen spielen diese minimalen Schwankungen keinerlei Rolle. Obwohl sich die Rotationsdauer leicht verändert, bleibt die Uhrzeit natürlich stabil.
Aber für die Navigation, Telekommunikation und Satelliten sie die kleinen Veränderungen nicht unerheblich. Denn schon geringe Abweichungen können die Genauigkeit beeinträchtigen.
Der Internationale Dienst für Erdrotation und Referenzsysteme (IERS) sorgt dafür, dass die koordinierte Weltzeit (UTC) im Einklang mit der Erdrotation bleibt. Bei Bedarf wird eine Schaltsekunde eingeführt, wie zuletzt 2016, um die Atomuhren an diese kleinen Rotationsschwankungen anzupassen.
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