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100 Jahre Ritter Sport

Insa Wrede4. Juli 2012

Ritter Sport Schokolade wird bereits in der dritten Generation in Familienhand geführt. Inzwischen ist Alfred T. Ritter verantwortlich - doch das Unternehmen ist nicht seine einzige Leidenschaft.

Alfred T. Ritter, der Vorsitzende der Geschäftsführung des Schokoladenherstellers Ritter ("Ritter Sport"), aufgenommen am Dienstag (26.06.2012) in der Firmenzentrale in Waldenbuch (Landkreis Böblingen) vor einem Regal mit Schokoladentafeln. Die Schokoladenfabrik Ritter feiert im Sommer dieses Jahres ihren 100. Geburtstag. Foto: Marijan Murat dpa/lsw
Deutschland Wirtschaft Alfred T. Ritter von Ritter SportBild: picture-alliance/dpa

Das ist ihr Markenzeichen: die quadratische dicke Form der Schokolade aus dem Hause Ritter. Die Großmutter von Alfred Ritter kam auf diese Idee, weil so die Schokolade in jede Sportjackentasche passen sollte. Die Geschichte der Firma beginnt 1912. Damals hatten die Ritters die Schokoladen- und Zuckerwarenfabrik Alfred Ritter Cannstatt gegründet. Inzwischen leitet der Enkel Alfred T. Ritter das Familienunternehmen. Schokolade ist aber nur eine seiner Leidenschaften - eine andere ist: erneuerbare Energie.

Angestellte als Freunde sehen

Was zuerst ins Auge springt, wenn man Alfred Ritter begegnet, ist seine Frisur. Eine nur wenig gezähmte dunkle Lockenpracht umrahmt sein rundes Gesicht. Die Augen blicken freundlich hinter einer runden John-Lennon Brille. Gemütlich wirkt er und ausgeglichen. Was auffällt, wenn man sich mit ihm unterhält: Er gehört zu den Unternehmern, die soziale Verantwortung spüren. "So ein Unternehmen ist eine Veranstaltung von Menschen für Menschen", sagt Ritter. Als Unternehmer steuere man den Laden und habe einen großen Einfluss auf das Leben der Menschen, die darin arbeiten. "Es macht einfach viel mehr Freude, wenn man sie als seine Freunde und nicht als seine Feinde betrachtet", sagt Alfred Ritter.

Bevor er in die Welt der Wirtschaft wechselte, hatte Ritter vier Jahre als Psychotherapeut den Menschen in die Seelen geschaut. Nach dem Tod seines Vaters tauschte er dann den Platz an der Couch gegen einen im Beirat der Schokoladenfabrik Ritter Sport. "Ich war einige Zeit lang Deutschlands jüngster Beiratsvorsitzender und habe von dort aus die Firma mit begleitet und mir gedacht: Das läuft ganz prima." Als es 1985 dann aber nicht mehr so prima lief, arbeitete er längere Zeit ganz für Ritter Sport als Beiratsvorsitzender. "Ich habe die ganze Geschäftsführung umstrukturiert. Dann lief es aber wieder gut und ich habe mich anderen Themen gewidmet."

Alfred Ritter verbessert das Betriebsklima durch Gewinnbeteiligung, Weiterbildungen und Massagen während der Arbeit. Sein Credo: "Bei Schokolade schmeckt man, wie es den Leuten geht, die sie produzieren."Bild: dapd

Paradigma gegen die Atomindustrie

Ein Thema war beispielsweise: erneuerbare Energie. Als 1986 durch das Atomunglück in Tschernobyl die Haselnussernte in der Türkei verstrahlt wurde und damit für Ritter Sport Schokolade unbrauchbar war, beschloss Alfred Ritter, gegen die Atomindustrie müsse etwas getan werden. Und da er sich nicht zum Politiker berufen fühlte, war seine Lösung: "Dann machen wir die Atomindustrie eben wirtschaftlich überflüssig."

So stürzte er sich auf "Heizen mit der Sonne", denn bei der Solarthermie kann man mit dem wenigsten Aufwand am meisten Primärenergie einsparen. 1988 wurde die Firma Paradigma aus der Taufe gehoben, die neben der thermischen Solarenergie auch andere ökologische Heizsysteme wie beispielsweise Pelletheizungen im Angebot hat. "Das macht mir einen Heidenspass, das Thema", schwärmt Ritter. Und das, obwohl es 10 Jahre dauerte, bis Paradigma schwarze Zahlen schrieb.

Mit Hotzenblitz in die Sackgasse

Einen weniger erfolgreichen Ausflug machte Alfred Ritter in den Automarkt der Zukunft. Hotzenblitz hieß das Elektroauto, in das er Anfang der 90er kräftig investierte. "Hotzenblitz hätte gute Möglichkeiten gehabt, aber der damalige Manager wollte alles selber machen und ist damit gescheitert", sagt Ritter. "Man hätte sich rechtzeitig an eine große Autofirma anlehnen müssen. Die Entwicklung von einem Prototypen konnten wir uns leisten, aber nicht von einem Serienfahrzeug." Auch habe er die Situation unterschätzt, weil er dachte: Das Projekt wird schon für sich laufen, was es aber nicht tat.

Gute Qualität hat ihren Preis

Am Standort Deutschland will Ritter festhalten: Hohe Sicherheit, gute Infrastruktur und motivierte Mitarbeiter sieht er als Vorteile. Dies wiege niedrigere Lohnkosten im Ausland mehr als auf.Bild: Ritter Sport

Als die Schokoladenfabrik in schwieriges Fahrwasser geriet, übernahm Alfred Ritter 2005 die Geschäftsführung selbst. Zu seiner Strategie, sich gegen die ganz großen Hersteller der Branche wie Nestlé oder Mars zu behaupten, gehört: Ritter Sport Schokolade in sehr guter Qualität herzustellen. Dabei scheut er nicht davor zurück, gegen den Strom zu schwimmen.

Auch in Zeiten, in denen es etliche Preissenkungen im Lebensmittelhandel gab, die von Discountern angeführt wurden, senke Ritter Sport seine Preise nicht und konnte trotzdem Marktanteile gewinnen. "Daran zeigt sich: Unser Konzept geht auf, nämlich gute Schokolade zu einem eigentlich fairen Preis zu verkaufen. Im Preis-Leistungsverhältnis sind wir nämlich sehr gut."

Auszeichnungen

Alfred Ritter aber macht nicht nur gute Schokolade - er wurde für seine Arbeit auch schon häufig ausgezeichnet. So bekam er den Preis im Top-Job Wettbewerb, der die 100 besten Arbeitgeber in Deutschland auswählt. Er wurde vom WWF und dem Wirtschaftsmagazin Capital als "Ökomanager des Jahres" ausgezeichnet. Er bekam den Prognos-Preis des gleichnamigen Institutes, das Bundesverdienstkreuz, den Ehrenpreis "Stromrebell 2001" der Schönauer Energie-Initiativen und 2003 den Sonderpreis der Deutschen Solarpreise.

Seiner Schokoladenfabrik gehe es wieder gut, sagt Ritter und es bestünden gute Chancen, dass Ritter Sport auch noch in der vierten Generation in Familienhand bleiben werde. Über seine drei Kinder, seine Frau und sein Privatleben möchte er ansonsten nichts in der Öffentlichkeit sagen. 59 Jahre ist Alfred Ritter heute alt, hat so manches erreicht - für viele andere wäre das Grund genug, sich zufrieden zurückzulehnen. "Ich werde sicher noch irgendetwas anderes anstellen in diesem Leben. Aber was, das weiß ich heute noch nicht."

Gefeiert wird bei Ritter traditionell am 4. Juli - aber nicht etwa, weil da die Firma tatsächlich gegründet wurde, sondern weil der 4. Juli 1912 der Tag der Eheschließung von Clara und Alfred Ritter I. war. "So gesehen war das der 'offizielle' Anfang von allem", sagte ein Firmensprecher. Bei all der Traditionspflege in Waldenbuch ist ein Bruch mit der Geschichte schon jetzt absehbar: Seit 100 Jahren heißt der Firmenchef stets Alfred Ritter, der dritte in der Reihe hat aber keinen seiner Söhne Alfred getauft.

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