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GesellschaftDeutschland

Scholz: Benachteiligung im Osten muss abgebaut werden

3. Oktober 2024

Der Kanzler und andere Redner betonen beim Festakt zur Deutschen Einheit die andauernden Ungleichheiten zwischen West und Ost. Und auch der Verweis auf die Zäsur im Leben der Ostdeutschen nach 1990 fällt deutlich aus.

Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner Rede beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit im Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin
Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner Rede beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit im Mecklenburgischen Staatstheater in SchwerinBild: Jens Büttner/Pool/dpa/picture alliance

Die Einheit von Ost- und Westdeutschland ist nach den Worten von Bundeskanzler Olaf Scholz auch nach 34 Jahren nicht vollendet. Bei einem Festakt zum Tag der Deutschen Einheit in Schwerin rief Scholz dazu auf, der Geschichte der Einheit neue Kapitel hinzuzufügen. "Wo immer Politik bessere Lebenschancen und gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen kann, da muss das geschehen", sagte der Kanzler im Mecklenburgischen Staatstheater.

"Entwertung von Wissen, Erfahrungen, Lebensleistung"

Für Millionen Ostdeutsche habe der radikale Umbruch nach dem 3. Oktober 1990 "Befreiung und Neuanfang" bedeutet, sagte Scholz. Zugleich sei er aber für Millionen Ostdeutsche auch der "Zusammenbruch ihres gesamten bisherigen Lebens" gewesen: "eine Entwertung ihres Wissens, ihrer Erfahrungen, ihrer Lebensleistung", so der Kanzler. "Und hier liegt wohl eine der Ursachen für die noch immer besondere Stimmung - die besondere Verstimmung - und für politische Besonderheiten, die Ostdeutschland heute kennzeichnen."

Alt-Bundespräsident Joachim Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt gehörten ebenfalls zu den Festgästen in SchwerinBild: Georg Wendt/dpa/picture alliance

Mit Blick auf die jüngsten Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, bei denen die in Teilen rechtsextreme AfD jeweils rund 30 Prozent der Stimmen erhalten hatte, äußerte Scholz die Überzeugung, dass die "ganz große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger überall in Deutschland" fest auf dem Boden der freiheitlichen Ordnung stehe. "Das sind die Vernünftigen und die Anständigen. Das sind die, die nicht nur motzen, sondern anpacken für unser Land. Diese Mitte ist viel größer als die Radikalen an den Rändern", betonte der Kanzler.

"Mit Benachteiligungen nicht abfinden"

Die zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit fanden in diesem Jahr in Mecklenburg-Vorpommerns Landeshauptstadt Schwerin unter dem Motto "Vereint Segel setzen" statt. Das nordöstliche Bundesland hat derzeit den Vorsitz im Bundesrat inne. Zu den Gästen des Festaktes zählten auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.

Gruppenfoto der Repräsentanten von Deutschlands Politik und Judikative (v.l.): Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Manuela Schwesig, Bundesratspräsidentin und Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz und Schwerins Oberbürgermeister Rico BadenschierBild: Georg Wendt/dpa/picture alliance

Die Bundesratspräsidentin, Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, sagte bei dem Festakt, es gebe noch immer Benachteiligungen, "mit denen wir uns nicht abfinden dürfen". Dazu gehörten unterschiedliche Löhne, geringere Vermögen, weniger große Unternehmen. Das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse sei noch nicht erreicht. Zugleich betonte Schwesig, dass der Osten anders bleibe: mit seinen Erwartungen, Erfahrungen, Einstellungen und Lebensentwürfen. Über diese Unterschiede sei in der Vergangenheit zu oft hinweggegangen worden.

"Deutschland als Lerngemeinschaft - das wär's"

Deutsche Einheit: Bürgerrechtler fürchten um ihr Vermächtnis

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Die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit hatten am Vormittag mit einem ökumenischen Gottesdienst im Schweriner Dom begonnen. Die Landesbischöfin der evangelischen Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, sagte in ihrer Predigt, dass "das Handwerk der Demokratie" neu gelernt werden müsse. Es gehe es jetzt darum, zusammenzustehen und zusammenzuarbeiten. "Denn: Wir lassen den Dingen doch nicht einfach ihren Lauf - und wir lassen uns auch nicht wieder wegnehmen, wofür Menschen auch aus diesem Dom vor 35 Jahren auf die Straße gegangen sind", sagte Kühnbaum-Schmidt.

Der katholische Berliner Erzbischof Heiner Koch sagte in seiner Predigt, Vielfalt sei eine große Chance, aber auch eine enorme Herausforderung. Zur Einheit in der Gesellschaft gehöre, andere Menschen in ihrem Anderssein zu respektieren und Kompromisse zu suchen. Keiner dürfe liegen gelassen werden, gerade nicht die Schwächsten. Es müsse ein Dialog darüber geführt werden, was man mit Würde, Gesellschaft und Freiheit verbindet. "Deutschland als Lerngemeinschaft - das wär's", betonte Koch.

sti/pg (afp, dpa, rtr, epd)

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