Scholz: Kampf dem Antisemitismus - ob von links oder rechts
23. Januar 2025Bundeskanzler Olaf Scholz hat anlässlich des Gedenkens an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz -Birkenau wachsendem Antisemitismus und Hass in Deutschland den Kampf angesagt. "Wir nehmen Antisemitismus nicht hin", sagte er bei einer Gedenkveranstaltung in Berlin. Das gelte auch für Versuche der "Relativierung".
Es dürfe bei der Bekämpfung von Judenfeindlichkeit "keine Rolle spielen, ob Antisemitismus politisch motiviert ist oder religiös, ob er von links kommt oder von rechts", sagte Scholz bei der Veranstaltung des Internationalen Auschwitz Komitees in der Landesvertretung Niedersachsen. "Wer Terrorismus unterstützt, wer antisemitisch hetzt, der muss strafrechtlicher Verfolgung begegnen, der muss mit Vereinsverboten rechnen, der muss mit aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen rechnen."
"Populismus und Nationalradikalismus"
"Gerade heute - im Lichte von explodierendem Populismus und Nationalradikalismus, angesichts der Rufe nach brutalen Lösungen, angesichts immer schamloserer Versuche, rechtsextremistische Positionen zu normalisieren", dürfe darin "keinen Millimeter" zurückgewichen werden, sagte Scholz weiter. "Ganz im Gegenteil - stehen wir auf und wehren wir uns."
Über die NS-Verbrechen sagte der Kanzler, es handle sich dabei um einen "Zivilisationsbruch, wie es ihn nie zuvor gegeben hatte" und es sei "wichtig, das immer wieder zu sagen". Der SPD-Politiker gestand zugleich ein, dass zur Aufarbeitung der Verbrechen im Nachkriegsdeutschland auch dazugehöre, "dass zu viele Täter davongekommen sind". Zu viele Verfahren seien eingestellt worden und auch durch Amnestien und Verjährungen sei "die Ahndung begangenen Unrechts" verhindert worden.
"Algorithmen, Echokammern und mächtige Einzelne"
Scholz beklagte vor diesem Hintergrund, dass Antisemitismus sowie Anfeindungen und Hass auch gegen andere Menschen als Jüdinnen und Juden zunehme, "offline und online". Das gelte online allerdings tausendfach verstärkt "durch Algorithmen, Echokammern und auch durch die direkte Einflussnahme mächtiger Einzelner mit extremistischen Ansichten". Zuletzt hatte etwa der US-Milliardär Elon Musk für scharfe Kritik gesorgt, weil er auf seinem Internetdienst X offen für die in Teilen rechtsextreme AfD geworben und deutsche Politiker anderer Parteien beleidigt hatte.
Der Bundeskanzler äußerte sich vor einer Reihe von Politikerinnen und Politikern, etwa Innenministerin Nancy Faeser und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, Israels Botschafter Ron Prosor sowie Überlebenden des Holocausts.
Bundespräsident reist nach Polen
Am Montag jährt sich die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau zum 80. Mal, dazu reist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Polen. Die Nazis hatten in dem Lager im besetzten Polen zwischen 1940 und 1945 etwa eine Million europäische Jüdinnen und Juden sowie Sinti und Roma und weitere Verfolgte ermordet. Seit 1996 wird der 27. Januar in Deutschland als Holocaust-Gedenktag begangen. In Israel wird seit 1951 am "Jom Ha-Schoa" der Millionen jüdischen Opfer gedacht.
sti/pg (afp, dpa, rtr, epd, kna)