Deutschland wird in weiten Teilen von Hochwasser heimgesucht. Bundeskanzler Olaf Scholz machte sich zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit ein Bild von der Lage und versprach Hilfe.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den vom Hochwasser betroffenen Gebieten in Deutschland Unterstützung auch bei der späteren Beseitigung der Schäden zugesagt. "Klar ist, das wird nur gemeinsam gehen, und das muss auch solidarisch in Deutschland erfolgen", sagte er bei einem Besuch in Berga im Landkreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt.
Teils unfreundlicher Empfang
Scholz schaute sich dort eine Anlage zum Abfüllen von Sandsäcken an. Im nahen Sangerhausen, ebenfalls im Landkreis Mansfeld-Südharz, ließ er sich zuvor über die angespannte Lage unterrichten. Der Kanzler zeigte sich beeindruckt von der Solidarität auch über Ländergrenzen hinweg bei der Bekämpfung der Fluten. "Das, glaube ich, zeigt, dass wir zusammenstehen können in Deutschland." Es gehe aber nicht nur jetzt um Solidarität. "Dieser Geist der Solidarität wird auch hinterher gelten, und wir werden niemanden alleine lassen."
Der Kanzler war in Sangerhausen von einer Gruppe von etwa zehn Personen mit Parolen wie "Verbrecher" oder "Geh gleich wieder zurück" empfangen worden. Er kam in Begleitung von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und dem Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU).
Scholz hatte sich vom Hubschrauber aus einen Überblick verschafft. Es war sein zweiter Vor-Ort-Besuch in der aktuellen Hochwasserlage. An Silvester hatte er sich im niedersächsischen Verden an der Aller über die dortige Situation informiert.
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Landrat rechnet weiter mit angespannter Lage
Der Landrat – der Hauptverwaltungsbeamte – des Landkreises Mansfeld-Südharz, André Schröder, geht auch für die kommende Zeit von einer angespannten Lage im Hochwassergebiet aus. "Wir rechnen mit mindestens zehn Tagen", sagte Schröder beim Besuch von Scholz dem Nachrichten-Fernsehsender n-tv.
Extremes Hochwasser - auch in Oldenburg
03:06
Aber auch wenn in den nächsten Tagen Kälte und Frost kämen, müsse die Talsperre Kelbra weiter Wasser abgeben und müssten Deiche kontrolliert werden. Derzeit seien bereits rund 500 Einsatzkräfte vor Ort, rund 100 Spezialisten des Technischen Hilfswerks sowie zahlreiche freiwillige Helfer. Der Landkreis Mansfeld-Südharz hatte zum Jahresende den Katastrophenfall ausgerufen.
Trotz des Dauerregens halten die Deiche in den übrigen Hochwassergebieten bislang den Wassermassen stand. Die Niederschläge in weiten Teilen Deutschlands hatten die ohnehin hohen Flusspegel in den vergangenen Tagen zusätzlich nach oben getrieben. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz In Nordrhein-Westfalen berichtete über steigende Wasserstände an Teilen von Weser und Rhein. In Thüringen stiegen nach dem Dauerregen im Thüringer Wald die Pegel der oberen Werra, der Ilm und der oberen Saale.
Hochwasser in Deutschland: Keine Erleichterung in Sicht
Es regnet immer weiter: Nach einer kurzen Atempause sollen die Pegelstände vielerorts an Silvester wieder ansteigen. Die Gefahr für Mensch und Tier ist weiter groß.
Bild: Nadine Weigel/dpa/picture alliance
Kein Durchkommen bei Pirna
Dieser Radfahrer wird erst einmal nicht ans Ufer fahren können, denn der Pegel der Elbe steigt und steigt. Mit einem Rückgang wird nach Angaben des Sächsischen Landesamtes für Umwelt erst am 29.12. gerechnet. In Dresden wurde zuletzt ein Wasserstand von 5,91 Meter registriert. Normal sind zwei Meter.
Bild: Sebastian Kahnert/dpa/picture alliance
Umleitung für die Elbe
Aufgrund der steigenden Pegel der Elbe wurde in Sachsen-Anhalt damit begonnen, das Pretziener Wehr zu öffnen. Die 135 Meter lange Sperre ist Teil eines Deichsystems und führt etwa ein Drittel des Elbewassers in einem 21 Kilometer langen Kanal um Magdeburg und Schönebeck herum. Anschließend mündet der Kanal wieder in der Elbe. Das Wehr war zuletzt im Juni 2013 geöffnet worden.
Bild: Simon Kremer/dpa/picture alliance
Serengeti-Park versinkt im Wasser
Auch in vielen Teilen Niedersachsens ist die Lage angespannt. Insbesondere die Regionen um die Flüsse Weser, Lippe, Ems und Lenne sind betroffen. Im Serengeti-Park Hodenhagen in der Lüneburger Heide sind viele Flächen überflutet. Das Wasser floss auch in einige Stallungen, 200 Affen mussten evakuiert werden. Strom gibt es derzeit nur dank Notstromaggregaten.
Bild: Philipp Schulze/dpa/picture alliance
Im Dunkeln Deiche sichern
Einsatzkräfte der Feuerwehr sichern den aufgeweichten Deich der Hunte nahe der Ortschaft Astrup im Landkreis Oldenburg mit Vlies und Sandsäcken. Die Hunte ist ein 189 Kilometer langer Nebenfluss der Weser. Aus Angst, dass Deiche brechen und das Hochwasser ganze Landstriche überschwemmt, haben bereits einige Bewohner ihre Häuser verlassen.
In der kleinen Gemeinde Wienhausen bei Celle gilt die Lage als besonders kritisch. Es werden Notunterkünfte vorbereitet und Sandsackfüllmaschinen bereitgestellt. Viele Deiche sind aufgeweicht und drohen zu brechen. Um die Bevölkerung vor Hochwasser zu schützen, bauen ehrenamtliche Einsatzkräfte der Feuerwehr mobile Deiche auf.
Bild: Philipp Schulze/dpa/picture alliance
Land in Sicht
In dem kleinen Ort Roth in Hessen ist die Lahn über die Ufer getreten. Der Hof, der von zwei Verkehrswegen umrahmt war, droht im Wasser zu versinken, genauso wie die Bäume und Felder um ihn herum. Doch mittlerweile sind laut Hessischem Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) die Pegelstände in der Region gesunken und eine "leichte Entspannung" ist eingetreten.
Bild: Nadine Weigel/dpa/picture alliance
Ruhe vor neuem Regen?
Am Rhein scheint der Höhepunkt des Hochwassers erstmal überstanden. In Duisburg sanken die Pegelstände am Mittwoch von 9,47 Meter auf 9,23 Meter. Doch gerade für den Jahreswechsel ist erneut heftiger Regen angesagt. Dann könnten die Pegel wieder gefährlich ansteigen und neue Überschwemmungen drohen.
Bild: Jochen Tack/dpa/picture alliance
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Niederschläge lassen nach
Dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge bleibt die Hochwasserlage "besonders in der Mitte und im Nordwesten sehr angespannt". Die sehr nasse Witterungsphase bestehe zunächst fort, "wir sind immer noch von Tiefs regelrecht umzingelt", erklärte DWD-Experte Marco Manitta. Ab Sonntag werde dann aber ein Hochdruckgebiet zunehmend kältere und trockene Luftmassen nach Deutschland bringen.